Appell an SPD und Grüne in NRW: Sagt nein zum JMStV!

Pressemitteilung der Piratenpartei Köln

Am 16. Dezember steht im Landtag Nordrhein-Westfalen die Ratifizierung des umstrittenen Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) an. Die Entscheidung wird auch auf Köln, einer der Hauptstädte der Internetbranche in Deutschland, massive Folgen haben. Die Piratenpartei Köln warnt eindringlich vor den negativen Auswirkungen, falls es zu der Verabschiedung des JMStV kommt.

Wir appellieren eindringlich an die Abgeordneten von SPD und Grünen, dem Vertragsentwurf nicht zuzustimmen und damit immensen Schaden von der deutschen Internetbranche abzuwenden. Wir appellieren an die Abgeordneten, insbesondere die Vertreter der Grünen, sich bei ihrer Entscheidung von keinerlei parlamentarischen Zwängen leiten zu lassen, sondern von Sachargumenten und den Entscheidungen der jeweiligen Parteibasis. Insbesondere an die Abgeordneten der SPD geht der Aufruf, die begrüßenswerte Initiative „Internethauptstadt Köln“ nicht durch eine Zustimmung zu dem Staatsvertrag zu torpedieren und ad absurdum zu führen.

Durch eine Nichtzustimmung entsteht keine Schutzlücke, da der bestehende Staatsvertrag in diesem Fall weiter gilt. Die bestehenden Regelungen gelten unter Experten als streng und ausreichend. Die Bestimmungen des neuen Staatsvertrages sind dagegen, so ist die übereinstimmende Meinung zahlreicher Internetexperten sowie der Piratenpartei, für den Jugendmedienschutz völlig ungeeignet. Statt den Jugendlichen einen besseren Schutz vor gefährdenden Inhalten zu bieten, bürden die Bestimmungen zum Beispiel der durch viele Kleinst-, Klein- und mittelständischen Betrieben geprägten Internetbranche hohe Hürden und immense zusätzliche Kosten und Risiken auf, zum Beispiel in Form von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen.

Mit der zur Abstimmung vorliegenden JMStV-Novelle wird der Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert, da für die Erotikindustrie paradoxerweise Erleichterungen vorgesehen sind. Darüber hinaus gehen von der Neufassung des Vertrags unkalkulierbare Risiken für den Wirtschaftsstandort Deutschland aus. Insbesondere kleine Unternehmen der Branche werden finanziell nicht in der Lage sein, die zusätzlichen und sinnlosen Anforderungen zu bewältigen. Eine Vernichtung von Arbeitsplätzen und Existenzen im bisher nicht zu übersehenden Ausmaß wäre die Folge. Die Internetbranche in Deutschland wird so gegenüber der internationalen Konkurrenz völlig unnötig zurück geworfen. Zudem haben bereits heute zahlreiche Betreiber unabhängiger Angebote im Internet angekündigt, ihre Angebote abzuschalten, wenn der JMStV in Kraft tritt.

Dem Jugendschutz, dem Internet und der Möglichkeit der freien Meinungsäußerung in diesem Lande werden durch den Staatsvertrag massiver Schaden zugefügt. Es muss daher unter allen Umständen verhindert werden, dass der neue JMStV in Kraft tritt! NRW hat die Chance dazu!

Informationen und Links zum Thema JMStV:
JMStV-Informationen der Piratenpartei
Umfangreiche JMStV-Infos bei netzpolitik.org
AK Zensur zum JMStV
Internet-Unterschriftenaktion gegen den JMStV
Beschluss des Parteirates der NRW-Grünen zum JMStV

Quelle: http://www.piratenpartei-koeln.de/jmstv-appell/

Und ihr glaubt, der JMStV betrifft Euch nicht?

Nachdem in der Bloggosphäre viel Aufregung wegen des geplanten neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrags herrschte, versuchten einige Stimmen die Debatte vermeintlich zu versachlichen. Angeblich würde es die meisten gar nicht betreffen, da diese ja keine “entwicklungsbeeinträchtigenden” Inhalte veröffentlichen.

Abgesehen davon, dass das Internet nicht nur aus Bloggern, sondern auch aus vielen kleinen Unternehmern, Foren- und Portalbetreibern oder sonstigen Webseitenbetreibern besteht – wie schnell Inhalte Jugendschutz-Kontrolleure auf den Plan rufen, konnte man z.B. schon vor drei Jahren feststellen. Damals hatte “Jugendschutz.net” (welches vom Familienministerium unterstützt wird) den Betreiber der Witzeseite “Witzdestages.net” wie folgt angeschrieben:

Nach Überprüfung der Website witzdestages.net mache ich Sie als Verantwortlichen darauf aufmerksam, dass dort entwicklungsbeeinträchtigende Inhalt frei zugänglich sind.

Das Angebot ist entwicklungsbeeinträchtigend nach § 5 Abs.1 JMStV (Entwicklungsbeeinträchtigung Minderjähriger). Beispielsweise ist aus meiner Sicht zu beanstanden:
– Rubriken: “Nationalitäten”, “Frivole und versaute Witze” und “Blondinnen”

Das Angebot ist als entwicklungsbeeinträchtigend zu qualifizieren, da bei den Witzen vorwiegend in den Rubriken “Nationalitäten”, “Frivole und versaute Witze” oder “Blondinnen” eine geschmacklose Abwertung in Form von Belustigung über gewisse ethnische Gruppen, Sexualität und Frauen sowie ein problematisches Frauenbild (Betrachtung der Frau als Sexobjekt, Gegenstand etc.) vermittelt wird. Diese Inhalte überschreiten die allgemeinen Wertvorstellungen über die Grenzen des sozialen und allgemeinen Anstand und können somit Kinder und Jugendliche in ihrer sozialen Entwicklung stark beeinflussen.


(Quelle)

Im Übrigen sah man den Betreiber verantwortlich für die Kommentare der Nutzer auf seiner Seite, und forderte ihn auf, einen Jugendschutzbeauftragten zu benennen.

Geschmacklose Witze sind jugendbeeinträchtigend? Dann sollte man dringend das Niveau von Witzen auf dem Schulhof überprüfen.

Ahnt man nun, was uns bevorsteht? Glaubt ihr, als kleiner Webseitenbetreiber nicht in den Fokus der Saubermänner geraten zu können? Ich bin mir da nicht so sicher. Wie soll man seine Angebote ernsthaft selbst einschätzen können, wenn uns solcher Wahnsinn bevorsteht?

Update

Richtig – was Jugendschutz.net schreibt, muss nicht unbedingt richtig sein. Aber was glaubt ihr, was passieren wird, wenn das mit einer vierstelligen Kostennote vom Anwalt kommt? Viele werden einknicken und zahlen, ihr Angebot ab 18 labeln bzw. nur ab 22 Uhr anzeigen oder gleich ganz offline nehmen.

Und nicht jeder Webmaster betreibt eine Witzeseite, auch das ist richtig. Aber vermutlich wird man in jedem zweiten deutschen Forum in der Offtopic-Ecke einen Blondinenwitz finden. Viel Spaß.

JMStV in NRW durchgewunken?

Gestern schallte es durch die Blogosphäre: Die Grünen in NRW wollen dem JMStV zustimmen. Das wäre natürlich eine Katastrophe, ein Schlag ins Gesicht der Netzgemeinde und eine Bankrotterklärung der Medien- und Netzkompetenz der Grünen. Mir lag schon ein umfangreicher Rant auf der Zunge, als dann heute von den Grünen dementiert wurde – man wolle jetzt doch noch mal mit der SPD über den Jugendmedienschutzstaatsvertrag reden.

Nicht mehr ganz so alarmiert, aber noch beunruhigt sind jetzt die diversen Blogger, die sich schon überlegen, wie sie die Auflagen des Jugendschutzes ab dem 01.01.2011 überhaupt erfüllen können. Erste Blogger veröffentlichen schon Stellungnahmen, nach denen sie ihr Webangebot abschalten werden, z.B. Kristian Köhntopp und VZLog. Andere veröffentlichen trotzige Durchhalteparolen, was ab dem 01.01. ziemlich teuer werden kann. Wir werden das sehr genau beobachten müssen, denn es betrifft uns alle.

Das putzige Bild stammt übrigens vom Pantoffelpunk, vielen Dank!

Expertenrunde zum JMStV mit Matthi Bolte

Gestern habe ich an einer kleinen Experten-Runde bei den Grünen im Landtag NRW zum Thema Jugendmedienschutz-Staatsvertrag JMStV teilgenommen. Nach einer vergleichbaren Veranstaltung in Köln mit Marc Jan Eumann vor einigen Wochen (Bericht hier) haben wir uns um einen Termin bei den Grünen bemüht.

Gesprochen haben wir dort mit Matthi Bolte (@matthi_bolte), innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag, da auch für Netzpolitik zuständig, sowie Eva Brockelmann. Weiter anwesend waren wieder Jürgen Ertelt (@ertelt), Medienpädagoge von Jugend-Online (IJAB), Kai Schmalenbach (@dave_kay), Sysadmin und mit dem JMStV befasster Pirat aus Düsseldorf, der Juso und Blogger Jens Matheuszik vom Pottblog (@pottblog) und meine Wenigkeit als Vorstandsvorsitzender des KV Köln der Piraten und Internetunternehmer (@netnrd). Ausserdem hatten wir diesesmal Alvar Freude (@alvar_f) vom AK-Zensur dabei, sowie den Blogger Peter Piksa (@karpfenpeter), der ebenfalls im AK-Zensur ist.

Entgegen meiner ursprünglichen Vermutung hat Matthi Bolte gar nicht versucht, den Entwurf des Staatsvertrages zu verteidigen. Auch das Kontinuitätsgebot hat er nicht wieder erwähnt. Er sprach zunächst von dem Konstrukt “Staatsvertrag”, welches eben leider nicht parlamentarisch entsteht, sondern als vorbereiteter Vertrag in die Parlamente zur Ratifizierung durchgereicht wird. Jürgen Ertelt wies darauf hin, dass Gesetze nicht intransparent in Hinterzimmern unter Umgehung der Parlamente entstehen sollten, sondern dass sie einen parlamentarischen Prozess durchlaufen sollten mit Einbeziehung der gewählten Volksvertreter, und dass es dort die Möglichkeit geben muss, Einfluss auf die Ausgestaltung des Gesetzes zu nehmen. Der JMStV steht in seinen Auswirkungen einem Gesetz nicht nach, auch wenn er anders heißt.

Alvar Freude beschrieb dann die Auswirkungen des JMStV auf das Internet, insbesondere auf Webseiten-Betreiber und Anbieter, wobei er auch auf die Probleme des Anbieterbegriffs einging. Besonders ausführlich ging er auf den Umstand ein, dass mit dem JMStV eine Pflicht auf alle Webseitenbetreiber zukommt. So ist die Labelung des Angebotes zwar freiwillig – geschieht sie jedoch nicht, muss ein Angebot entweder Sendezeiten oder Zugangskontrolle einführen, wenn es “jugendbeeinträchtigende Inhalte” enthält.

Dies ist vielen – selbst vielen Piraten – so gar nicht klar. Wer nicht labelt, ist nicht automatisch “Ü18″. Wenn er keine der anderen beiden Lösungen anwendet, drohen erhebliche Schwierigkeiten.

Da mit Beginn der Gültigkeit des JMStV womöglich keine Filtersoftware zur Verfügung steht – immerhin soll er ja bereits am 1. Januar in Kraft sein – entfällt die Labelungs-Möglichkeit de facto. Es bliebe dann nur der Weg zu Sendezeiten, da eine Zugangskontrolle in der Regel mit hohen Kosten für Webseitenbetreiber verbunden sein dürfte (etwa bei PostIdent-Verfahren).

Die Freiwilligkeit der Labelung steht nur auf dem Papier – der Betreiber hat keine Möglichkeit, “nichts” zu tun, er kann sich nur zwischen mehreren bedenklichen Alternativen entscheiden.

Wir gingen auch auf die Haftungsfragen ein, etwa dass wettbewerbsrechtliche Probleme bei Falscheinstufungen drohen, und damit ein großes Feld für Abmahnungen und hoher Aufwand für die Justiz.

Generell ist davon auszugehen, dass viele Betreiber aus Sicherheitsgründen eher schärfer einstufen, oder direkt erst ab 18 Jahren freigeben. Ausländische Angebote sind in der Regel gar nicht gelabelt – es könnte sich aber sogar etablieren, die Angebote ab 0 Jahren zu labeln, um möglichst viele deutsche Besucher zu erhalten – Sanktionsmöglichkeiten für rein ausländische Anbieter gibt es nicht, zudem wird im jeweiligen Land darin nicht einmal eine Ordnungswidrigkeit bestehen.

Wir sprachen über die Probleme, die Portalseiten mit user-generated Content haben werden, wie Foren oder Social Media. Was passiert, wenn zwei vierzehnjährige Kinder sich in einem Forum über Sex austauschen? Streng genommen müsste man sie jeweils vor den Äußerungen des anderen schützen, sowie die gesamte Kommunikation allen anderen Gleichaltrigen vorenthalten. Wie soll man beispielsweise Wikipedia einstufen?

Wir erwähnten, dass es für Normalsterbliche kaum möglich sein wird, einen bestimmten Inhalt in seiner Altersbeschränkung einzustufen.

Anschließend gingen wir auf die Effekte der Filterung beim Nutzer ein. Es steht außer Frage, dass Kinder ab einem gewissen Alter den technischen Sachverstand haben dürften, Filter zu umgehen, wir vermuten, dass 13jährige Kinder im Computerwissen ihren Eltern voraus sein dürften.

Durch den Overblocking-Effekt werden viele auch sinnvolle Inhalte Jugendlichen vorenthalten. So wird beispielsweise eine französische Schulseite gesperrt sein, die sich ein Schüler über seine Austauschschule ansehen will, weil sie nicht gelabelt ist, oder die Wikipedia, Seiten politischer Parteien u.ä. Viele Eltern werden den Filter nach kurzer Zeit genervt abschalten. Kindern und Jugendlichen wird die Möglichkeit verwehrt, Medienkompetenz auch im Umgang mit kritischen Inhalten zu erlernen.

Die stets betonte Freiwilligkeit der Filterung besteht ja nur bei den Eltern darin, die Filtersoftware einzusetzen oder nicht – für Kinder und Jugendliche gibt es sie nicht.

Oder es besteht die Gefahr, dass Eltern sich blind auf die Sicherungsfunktion verlassen, während die Heranwachsenden die Sperren umgehen, oder ohnehin auf Spielkonsolen oder Mobiltelefone ausgewichen sind, die davon nicht erfasst sind, und so völlig unbegleitet und unvorbereitet mit den bedenklichen Inhalten konfrontiert sind.

Für Matthi Bolte war noch das Zensurargument wichtig, der vermeintliche Widerspruch, dass man einerseits sagt, dass Sperren unwirksam sind, andererseits aber vom Einstieg in die Zensur spricht.

Dem entgegnete ich, dass man zwischen den Maßnahmen, die auf den Computer des Nutzers gerichtet sind, und denen, die auf das Internet gerichtet sind, unterscheiden muss. Die Filtersoftware, die rein lokal installiert ist, ist niemals vollständig sicher. Etwas, was lokal auf dem Computer eingerichtet ist, ist daher auch keine effektive Zensur, da es aushebelbar ist.

Auch bei der Websperren-Diskussion setzte dies auf DNS-Sperren an, die durch eine veränderte Einstellung im Computer des Nutzers zu umgehen ist.

Dennoch stellen sowohl die JMStV-Maßnahmen als auch das “Zensursula”-Stoppschild den Einstieg in die Zensur dar. Zensiert wird nämlich die Kommunikation des “normalen” Nutzers, der mit seinem unveränderten Computer unterwegs ist.

Gleichzeitig schweben aber weitergehende Eingriffe als Damoklesschwert über dem Internet. Es steht zu befürchten, dass wenn die Schwäche der Filtersoftware offenbar ist, dann doch nach einer Verpflichtung der Zugangsprovider gerufen wird, den Datenverkehr ihrer Nutzer zu überwachen.

Nicht zu verachten ist die “innere Zensur”, die durch den JMStV auf Publisherseite entsteht. Und im Web2.0 ist quasi jeder Publisher. Jeder Blogger, jeder Forenbenutzer könnte sich anhand des technischen Aufwandes und unbestimmter Haftungsrisiken in Zukunft zurückhalten. Ein durchschnittlicher kleiner Webseitenbetreiber wird bei der ersten anwaltlichen Abmahnung sein Angebot vollständig schließen.

Dies bedeutet in Summe einen erheblichen Eingriff in das heutige Web2.0 – absurderweise genau jetzt, wo so sehr nach fachlichem Nachwuchs gesucht wird.

Wir wiesen darauf hin, dass bei der Ablehnung des Entwurfs keine Regelungslücke entsteht – der jetzige JMStV würde dann weiterhin gelten. Es besteht also keine Notwendigkeit, den Antrag jetzt anzunehmen, sondern man kann sich durchaus die Zeit nehmen, die Regelungen zu überarbeiten, und darin die Stärkung der Medienkompetenz in den Vordergrund zu rücken.

Matthi Bolte machte sich fleißig Notizen, ich hatte den Eindruck, er sucht ganz gezielt nach den kritischen Fragen, die in der morgigen Anhörung zu stellen sind. Das Argument vom “Kontinuitätsgebot” wiederholte er nicht – vielmehr macht er deutlich, dass die Anhörung ergebnisoffen sein soll, und keineswegs jetzt schon ein Ergebnis feststeht – weder dafür noch dagegen -, aber anschließend eine Empfehlung folgen kann.

Wir würden uns natürlich wünschen, sie würde lauten, den JMStV in der vorgelegten Änderungsform abzulehnen. Der Applaus der Netzcommunity wäre ihr sicher. Jedenfalls wäre eine Zustimmung durch SPD und Grüne quasi der letzte Erfolg der schwarzgelben NRW-Regierung.

Quelle Foto: Jürgen Ertelt

Expertenrunde zum JMStV mit Marc Jan Eumann

Am Montagabend habe ich an einer kleinen Expertenrunde zum Thema Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) teilgenommen. Eingeladen hatte Daniel Bär von den Kölner Jusos, um in einem kleinen Kreis mit Marc Jan Eumann, Staatssekretär in NRW und Vorsitzender der Medienkommission der SPD über den JMStV zu diskutieren. Geladen waren eine Auswahl von Netzaktiven und Jusos, die sich mit dem Thema befassen. Über unsere Einladung habe ich mich sehr gefreut.

Zufälligerweise waren alle geladenen externen Experten entweder Piraten oder den Piraten freundschaftlich verbunden. Anwesend war Jürgen Ertelt (@ertelt), Medienpädagoge von Jugend-Online (IJAB), Dominik Boecker (@domainrecht), Fachanwalt für Informationstechnologierecht aus Köln und aktiv im AK Zensur, Kai Schmalenbach (@dave_kay), Sysadmin und mit dem JMStV befasster Pirat aus Düsseldorf, und meine Wenigkeit als Vorstandsvorsitzender des KV Köln der Piraten und als Internetunternehmer (@netnrd). Von den SPD-Jusos waren 5 Personen anwesend, neben dem Gastgeber Daniel Bär (@danielbaer) u.a. auch der Blogger Jens Matheuszik vom Pottblog (@pottblog).

Interessanterweise lehnten alle Anwesenden (außer Herrn Eumann selbst) den JMStV-Entwurf in der vorliegenden Form ab. Auch die Jusos sprechen sich einstimmig gegen die Annahme dieses Vertrages aus.

Eumann stellte zunächst die Situation in groben Zügen dar. Er ging kurz auf das Konstrukt „Staatsvertrag“ ein, und stellte heraus, dass den Landesparlamenten hier nur die Annahme oder die Ablehnung im Ganzen zur Verfügung steht.

Seiner Einschätzung nach werden die CDU-Abgeordneten im Landtag zustimmen, und auch die Mehrheit der SPD-Abgeordneten ist wohl dafür. Ich persönlich vermute, dass es sehr stark von der Empfehlung Eumanns abhängt, wie sich die Fraktion entscheiden wird, da sein Wort in diesem Thema ganz sicher Gewicht haben wird. Ich würde mir wünschen, er würde seine Ansicht überdenken…

Die Grünen werden auch zustimmen, das schloss er aus den auch uns bekannten Äußerungen im Sinne von „Pacta sunt servanda“. Darüber haben sich Piraten an anderer Stelle schon beklagt – doch das ist ein Thema für sich.

Er hält den neuen Vertrag für besser als den derzeit gültigen, jedoch stimmt er in uns darin überein, dass auch der neue noch nicht wirklich gut ist. Seiner Ansicht nach ist der Jugendschutz ein kulturelles gesellschaftliches Gut, den Jugendschutz im Internet solle man nicht aufgeben. Er stellte die Alternativfrage, was denn besser sei als das vorliegende Modell, oder ob man den Jugendschutz im Internet etwa aufgeben solle.

Ihm ist klar, dass keine Filtersoftware absolut sicher sein wird, und dass die meisten Kinder in einem Alter von ca. 11 Jahren technisch versiert genug sein werden, diesen Filter zu umgehen. Genauso wenig stellt er außer Frage, dass die Filtersoftware nicht alle Eltern erreichen wird, da vielen die technischen Fähigkeiten zur Administration eines Computers fehlen werden.

Seiner Meinung nach ist ein schlechter oder lückenhafter Filter immer noch besser als keiner – damit zwar in Widerspruch zu unserer Meinung, aber eine nachvollziehbare und verständliche Ansicht.

Den Einwand, das Vermittlung von Medienkompetenz mindestens denselben, wenn nicht einen höheren Stellenwert haben müsste als das Propagieren einer unzureichenden technischen Lösung, beantwortete er mit dem Hinweis, dass dies nicht Aufgabe des JMStV sei, sondern als separates Projekt auf der Agenda stünde, und in NRW als eines der Kernthemen im Koalitionsvertrag gelte. Dies ist ein Punkt, welchen die Piraten in NRW genau beobachten sollten, ob die Vermittlung von Medienkompetenz an Schüler, Eltern und Lehrer tatsächlich diesen Raum eingeräumt bekommt, und ob entsprechende Maßnahmen tatsächlich ergriffen werden.

Wir wandten uns auch den Seiteneffekten des Filters zu. So setzt die Filtersoftware auf einer freiwilligen Selbstklassifizierung der Webseitenbetreiber auf. Daniel Bär, der die Webseite der Kölner Jusos betreut, nannte es für ihn unmöglich, bereits diese Homepage zu klassifizieren, beispielsweise da er wegen einer Kinoveranstaltung der Jusos einen Trailer eingebaut habe. Ein vergleichbares Problem stellt z.B. die Einstufung der Wikipedia, oder die Einstufung von Web2.0-Seiten mit einem Anteil an von Usern erzeugtem Inhalt generell dar.

Da viele Webseitenbetreiber vor ähnlichen Klassifizierungsproblemen stehen, wird vermutlich oftmals gar keine Klassifizierung durchgeführt, oder sicherheitshalber erst ab 18 freigegeben. Dies wird zu einem Overblocking-Effekt führen. Es werden Kinder am Erwerb von Medienkompetenz gehindert, wenn übermäßig viele Inhalte wie etwa Parteiseiten und Portale vor Ihnen verborgen bleiben. Ausländische Seiten werden ganz überwiegend nicht gerated werden, und sind dadurch Kindern niemals verfügbar. Eltern werden die Software irgendwann genervt ausschalten, wenn sie feststellen, dass zu viele sinnvolle Inhalte für ihre Kinder nicht verfügbar sind.

Auch für Eumann ist Overblocking ein Problem. Er betonte deshalb die im JMStV stehende Vereinbarung, diesen nach drei Jahren zu evaluieren und ggf. anzupassen. Dann könne man die den tatsächlichen Umfang der Filterung und des Einsatzes feststellen.

Natürlich ist drei Jahre im Internet eine Ewigkeit. Jürgen Ertelt forderte daher, dass Evaluation ein kontinuierlicher Prozess sein muss, der quasi von Beginn an vorhanden sein muss.

Was versehentliche Falschklassifikation angeht, oder Falschkassifikation aufgrund von unpassendem user-generated Content, verwies Eumann darauf, dass auf bei versehentlicher oder unbeabsichtigter Falschklassifikation keine strafrechtlichen Konsequenzen folgen. Wie im Telemediengesetz auch haftet man nicht für fremde Inhalte, und hat erst ab Kenntnis zu reagieren, seine Einstufung würde man dann behalten.

Unbekannt war ihm hingegen der wettbewerbsrechtliche Effekt. Eine falsche Altersklassifikation kann Abmahnungen von Wettbewerbern und Wettbewerbshütern nach sich ziehen – eine falsche Einstufung bringt nämlich durch die daraus folgende geringere Filterung einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil, und dieser ist – vollkommen unabhängig vom individuellen Verschulden – immer wettbewerbswidrig und abmahnfähig. Eine Störerhaftung trifft auch einen Anbieter oder Provider. Hier öffnet sich ein vollkommen neues Feld für die Abmahnindustrie. Marc Jan Eumann war ganz offensichtlich überrascht über diesen Aspekt und versprach, dies zu prüfen, er machte sich dazu Notizen. Ich (als selbst betroffener Betreiber von Portalseiten) bin hochgespannt, ob sich in diesem Thema noch etwas bewegt.

Ich persönlich finde es bedauerlich, dass man mit einer staatlich verordneten Filtersoftware eine absehbare Totgeburt produziert, die erhebliche Kosten mit zweifelhaften Erfolg verursachen wird, anstelle auf den Wettbewerb zu setzen und die – bereits vorhandenen – Filterprogramme überprüft, empfiehlt und in der Verwendung dieser schult. Eine klassische Whitelistefilterung für kleine Kinder halte ich für die beste Vorgehensweise, sie kommt auch ohne Klassifizierung durch Webseitenbetreiber selbst aus.

Marc Jan Eumann habe ich als einen sehr sympathischen und offenen Menschen erlebt, der einen erheblichen Sachverstand in den Netzthemen hat (ganz im Gegensatz zu manch anderen „Netzexperten“ der etablierten Parteien). Zwar hält er an dem bestehenden Änderungsantrag fest, er ist aber offenbar aufgeschlossen für die geschilderten Probleme, Seiteneffekte und Auswirkungen. Interessant fand ich seine Feststellung, dass er auch in seinem Ministerium erst einmal Knowhow um Netzthemen aufbauen muss, und dass es offenbar fast keine kompetenten Leute gibt.

Wir haben die Bereitschaft herausgestellt, auch in Zukunft an diesem Prozess teilzunehmen, wir werden versuchen, den Kontakt zu halten. Ich bin sehr gespannt, ob die Dialogbereitschaft bestehen bleibt, ich würde mich freuen. Jetzt wäre es eine Herausforderung, auch mit den NRW-Grünen in einen solchen Dialog einzutreten.

Die geheimen ACTA-Verhandlungen und die Bürgerrechte

Es könnte eine Geschichte aus einem Spionage-Thriller sein: Die Regierungen der Welt verhandeln heimlich mit multinationalen Konzernen über die Änderung und Abschaffung von Gesetzen zu deren wirtschaftlichem Wohle, ohne dass Parlamente oder die Bevölkerung darüber informiert sind.

Es handelt sich jedoch nicht um einen Bestseller-Roman, sondern um die Wirklichkeit: Seit einigen Jahren verhandeln die USA, die Europäische Union, Kanada, Japan, die Schweiz, Australien und einige andere Staaten über ein „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“ (ACTA) genanntes Abkommen. Vorgebliches Ziel ist die Bekämpfung von Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen, wobei Internationale Kooperation, Abstimmung des Gesetzesvollzugs und schließlich die Schaffung neuer Gesetze zur Verwertung geistigen Eigentums beschlossen werden sollen.

Waren diese Verhandlungen zunächst vollkommen geheim, sind vor einigen Monaten spärlich Informationen an die Öffentlichkeit gelangt, die Anlass zu höchster Besorgnis geben müssen. Dabei wird klar, dass die Verhandlungen ganz im Sinne einer kleinen Industrie von Rechteverwerten geführt wird, die damit ihre wirtschaftlichen Interessen vorantreiben.

Es ist in höchstem Maße verwunderlich, dass Handelsabkommen dieser Art geheim stattfinden müssen – ist es doch Konsens in allen westlich orientierten Staaten, das Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen illegal sind, Gesetze zum Schutz der Urheber notwendig sind, und Ansprüche international durchgesetzt werden sollen. Es besteht kein Grund, solche Abkommen nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln außerhalb des Parlamentsweges durchzuführen, und die Völker nicht über die Ziele der Aktion zu informieren und zu beteiligen.

Schaut man jedoch auf die bislang nur spärlich vorliegenden Informationen, versteht man die Motivation für die Geheimhaltung dagegen sehr schnell: Es werden Bündel von Aktionen und Maßnahmen verhandelt, die einen erheblichen Einfluss auf Bürgerrechte und demokratische Freiheiten, auf Unschuldsvermutung, Bewegungsfreiheit, Meinungsfreiheit, Haftungsfragen des Internets und Gesetzgebung haben.

Eine der Maßnahmen sieht vor, dass – entgegen der bestehenden Rechtslage – Internetdienstanbieter für von ihren Kunden begangene Urheberrechtsverletzungen als Störer haftbar gemacht werden können. Bislang haftet man als Dienstanbieter erst ab Kenntnis, also wenn man Wissen über einen Rechtsverstoß eines Nutzers haben kann. ACTA sieht das aber anders: Internetdienstanbieter sollen auch ohne Kenntnis haften, und das nur dadurch vermeiden können, dass sie den Datenverkehr ihrer Kunden überwachen, und selbstständig den Internetzugang ihrer Kunden nach Urheberrechtsverstößen sperren.

Damit macht man den Zugangsprovider zu einer Urheberrechtspolizei, genaugenommen zu Polizei, Richter und Vollstrecker von Industrieinteressen in einer Person. Mehr noch, man verpflichtet sie zu einer Zensur- und Schnüffelfunktion ähnlich dem chinesischen Internet, und setzt jeden Nutzer unter Generalverdacht.

Abgesehen davon, dass damit jeder Internetdienstanbieter vor unabsehbaren Haftungsfragen steht, sieht er sich zu technologischem und organisatorischem Aufwand gezwungen, den letztlich die Nutzer der Dienste bezahlen müssen – und da heutzutage quasi jeder Mensch der westlichen Hemisphäre Internetdienstleistungen nutzt, damit also die gesamte Bevölkerung. Ich bin sicher, dass die Kosten dieser Maßnahme die der damit möglicherweise verhinderten Rechtsverstöße um ein Vielfaches übersteigen werden.

Gleichzeitig wird die Privatsphäre unerträglich verletzt. Das Interesse einer kleinen Industriegruppe scheint schwerer zu wiegen als der Anspruch der Menschheit, seine Kommunikation privat und ohne inhaltliche Überwachung durchführen zu können. Die Bürgerrechte der überwiegenden Mehrheit rechtstreuer Menschen werden handstreichartig abgeschafft, um wirtschaftlichen Interessen einer einzelnen Industrie entgegenzukommen.

Zudem wird die Exekutive und Judikative umgangen. Rechtsverstöße dürfen nicht durch private Organisationen verfolgt und bestraft werden, sondern dafür ist immer die Polizei sowie die Gerichte zuständig. Die Abschaltung des Internetzuganges stellt für manche Personen die soziale oder kulturelle Isolation, oder auch den wirtschaftlichen Ruin dar, daher darf eine solche Strafe niemals automatisch nach jeder Art von Rechtsverletzung folgen, sondern sie muss immer im Einzelfall geprüft, und ins Verhältnis zum Vergehen gesetzt werden. Dies sollen aber stets nur Gerichte entscheiden dürfen, keine Internetunternehmen.

Weiter fordert ACTA Internetsperren, womit scheinbar nicht nur die in Deutschland kürzlich debattierten DNS-Sperren gemeint sind, es wird eine Methode der internationalen Zensur verlangt. Eine weitere Forderung ist offenbar das verdachtsunabhängige Recht auf Durchsuchung von Computer-Festplatten nach urheberrechtsgeschütztem Material bei der Einreise in ein Land. Beide Maßnahmen verletzen in extremem Ausmaß Bürgerrechte.

Sehr kritisch zu sehen ist die Forderung nach einem Verbot der Umgehung von Internetfiltern und –Sperren. Damit wird es illegal, einen Anonymisierungsdienst zu nutzen, mit dem sich ein höheres Maß an Sicherheit der Kommunikation erreichen lässt. Gleichfalls illegal wäre die Verwendung von VPN-Verbindungen, den Einsatz alternativer DNS-Provider und PGP-Schlüssel sowie der Verschlüsselung von Kommunikation allgemein. Anonymität ist jedoch eine wichtige Voraussetzung von freier Meinungsäußerung, Verschlüsselung in vielen Fällen der wichtigste Schutz vor Betrug und Phishing einerseits, und Abhörung firmeninterner und betrieblicher Kommunikation andererseits. Das Internet wird dadurch ein erhebliches Stück unsicherer für alle Benutzer.

Die Verhandlungen finden ohne Beteiligung der Parlamente statt, was sogar das Europäische Parlament zum Anlass nahm, die beteiligten Parteien dazu aufzufordern, über den Stand der Verhandlungen zu informieren – sonst wären diese vollkommen ohne Öffentlichkeit und rechtstaatliche Kontrolle durchgeführt worden, und eine Verpflichtung zur Umsetzung von Gesetzen hätte bestanden, bevor die Bevölkerungen der Länder überhaupt Gelegenheit zur Kenntnisnahme gehabt hätten – international ein absolut einmaliger Vorgang, und ein Bruch demokratischer Rechte sondergleichen.

Mit den geheimen Verhandlungen soll eine demokratische Debatte verhindert werden, vermutet die Organisation „Reporter ohne Grenzen“. Den Initiatoren des ACTA-Abkommens ist offenbar bewusst, dass sich die Öffentlichkeit über die Ausmaße der Verletzung der Privatsphäre empören würde, und man hielt es für angezeigt, erst nach Abschluss der Verträge die quasi fertigen Gesetze der Bevölkerung und den demokratischen Gremien anzuzeigen. Das ist eine Ungeheuerlichkeit.

Die Piratenpartei fordert, die Gespräche zu ACTA sofort einzustellen. Legt ACTA ad acta! Ich denke, dass diese Initiative vollkommen einseitig motiviert ist, und sich von den ursprünglichen Zielen des Schutzes von Erfindern und Urhebern vollkommen entfernt hat. Internationale Handelsabkommen gegen die Produktpiraterie und zur internationalen Durchsetzung von Urheberrechten halte ich für erlaubt, sie sollten jedoch niemals im Verborgenen stattfinden, sondern es sollte rechtsstaatliche Kontrolle erfolgen, und es sollten selbstverständlich die Bürgerrechte und die Privatsphäre gewahrt bleiben.

Anlasslose, massenhafte Kontrolle und Überwachung zugunsten von Wirtschaftsinteressen muss unterbleiben – die anlassbezogene Überwachung bleibt ja möglich, und war bislang schon erfolgreich in der Verfolgung von Gesetzesbrüchen. Nur Polizei und Gerichte sollen für die Verfolgung von Rechtsverstößen zuständig sein, Internetdienstleister und Netzbetreiber müssen neutral bleiben, und erst ab Kenntnis eines Rechtsbruchs einschreiten. Eine Zensur findet nicht statt. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum – es gilt nämlich das Grundgesetz.

Weitere Informationen finden Sie auf den Seiten des Bündnisses „Stopp ACTA“:
http://www.stopp-acta.info/deutsch/index.html

Eine öffentliche e-Petition fordert die Bundesregierung auf, die Verhandlungen offenzulegen. Diese können Sie hier mitzeichnen:
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=10695

Das verstaatlichte Internet

Heute Morgen blieb mir das Frühstück im Halse stecken: Ich las einen Artikel, in dem Herr de Maizière, unser Innenminister, die Verstaatlichung der Adressvergabe im Internet fordert. Das private Einrichtungen das Internet kontrollieren, sei “keine ausreichende Antwort für die Zukunft”. Staatliche Einrichtungen hätten eine “Schutzpflicht für sichere Online-Kommunikation”, um das Vertrauen der Bürger in die Sicherheit von Diensten wie Online-Banking und E-Mails zu sichern.

Zuvor sagt er bereits, es sei ein Phänomen, dass die Adressvergabe überhaupt funktioniere, obwohl sie nur von Privatleuten verabredet sei.

Herr de Maizière, ich bin überrascht! Hat nicht Ihre Partei die Privatisierung der Deutschen Post unterstützt? Mit dem Vertrauen der Bürger in die Sicherheit ihrer Briefe hatten Sie dabei offenbar keine Probleme. Sie ließen sogar weitere Dienstleister zu, die Briefe befördern dürfen.

Wie sieht es denn mit den Banken aus? Sollte man diese nicht ebenfalls privatisieren? Damit ließe sich das Vertrauen der Bürger in die Stabilität ihrer Banken und der Bankgeschäfte bestimmt erhöhen.

Wo wir doch dabei sind, wie ist es denn mit der Nahrungsmittelindustrie und dem Einzelhandel? Die Deutschen sind besorgt um die Zusammensetzung und die Qualität ihres Essens, würde die Verstaatlichung nicht den Verbraucherschutz deutlich stärken?

Was halten Sie von Medienunternehmen in privater Hand? Sind verstaatlichte Medien nicht eher geeignet, entstellende oder verleumderische Inhalte zu verhindern und unsere Jugend vor ungeeigneten und pornografischen Inhalten zu schützen?

Lieber Leser, bitte verstehen Sie mich nicht falsch – ich bin selbst Unternehmer, und stehe staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft generell äußerst kritisch gegenüber. Die obigen Fragen sind rhetorische, natürlich fordere ich nicht die Verstaatlichung von ganzen Industrien.

Es zeigt sich darin aber die Hybris der CDU. Was der Innenminister hier fordert, ist eigentlich Sozialismus, nämlich Vergesellschaftlichung der Wirtschaftsordnung durch einen starken, beschützenden Staat.

Normalerweise sieht die CDU das fundamental anders: Sie setzt auf die Selbstregulation des Marktes, und möchte staatlichen Einfluss auf Industrie und Wirtschaft zurückdrängen. Forderungen nach mehr staatlicher Kontrolle wird abgelehnt. Selbst nach der durch gierige Spekulanten ausgelösten Weltwirtschaftskrise hat sie die direkte Einflussnahme auf die Banken vermieden.

Anders sieht es aber mit der Meinungsfreiheit aus – damit hat die CDU keine Schwierigkeiten. Denn die Denic ist eine Genossenschaft, die nicht gewinnorientiert arbeitet – ist also kein Wirtschaftsunternehmen im eigentlichen Sinn. Hier hat der Innenminister kein Problem, großflächig staatliche Kontrolle zu fordern, denn in Sicherheitsbelangen wünscht sich die CDU einen starken Staat.

Dennoch wollen Sie dem deutschen Volk diese Maßnahme zu dessen eigenem Wohl als segensreich verkaufen. Sie behaupten, dass nur auf diese Weise der Schutz des Onlinebankings und der Email-Kommunikation herzustellen sei, so als sei dies das Mittel der Wahl für Postgeheimnis, Verbraucher- und Jugendschutz.

Herr de Maizière, ich gehe davon aus, dass Ihnen der Widerspruch zwischen der von Ihnen vorgebrachten Forderung nach Verstaatlichung und der grundsätzlichen Position Ihrer Partei klar ist.

Tatsächlich geht es ihnen nämlich um etwas anderes. Der Verbraucherschutz ist nur vorgeschoben, Sie wünschen die Kontrolle über das Internet, um auf diese Weise auch die Inhalte und die Kommunikation kontrollieren zu können. Die Kontrolle der Namensvergabe durch den Staat würde es Ihnen ermöglichen, unerwünschte Inhalte tatsächlich zu zensieren, und gäbe Ihnen eine mächtige Waffe in die Hand, öffentliche Meinung und Wahrnehmung zu steuern. Man stelle sich das Internet in der Hand Chinas, des Irans, oder selbst in der der USA vor.

Ich finde es verlogen, dass Sie seelenruhig sozialistische Argumente zur Begründung Ihrer Bemühungen anführen, um der Bevölkerung glauben zu machen, in ihrem Sinne zu handeln, während es Ihnen um Zensur, Kontrolle und Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen einer kleinen Lobby geht. Tatsächlich ist der Schutz des Verbrauchers ihnen aber genauso egal wie der der Kinder – denn sonst hätten Sie in beiden Angelegenheiten zuvor schon etwas unternommen.

Herr de Maizière, das Internet funktioniert nicht trotz, sondern wegen privater Organisation so gut: Es ist frei. Und für die Freiheit werden wir kämpfen. Wenn ich nicht schon bei den Piraten wäre, ich würde jetzt eintreten.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum

„Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein.“ Diesen Satz beten konservative Politiker ständig gebetsmühlenartig herunter, jüngst beispielsweise der Bundestagsabgeordnete Axel E. Fischer (CDU). (Sie fragen jetzt womöglich, wer Herr Fischer sei – er ist nicht weniger als der Leiter der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages.) Damit wird geschickt suggeriert, dass das Internet derzeit ein rechtsfreier Raum sei – das jedoch ist falsch.

Mit diesem Argument wird vor allen Dingen die Vorratsdatenspeicherung gefordert, denn nur mit ihr könne man das Internet in einem rechtssicheren Raum verwandeln. Mit der Vorratsdatenspeicherung wurden Verbindungsdaten aller Bürger von Telefon und Internet massenhaft, vollständig und anlasslos monatelang gespeichert.

Das Internet ist jedoch bereits jetzt kein rechtsfreier Raum. Selbstverständlich gelten alle Gesetze des nicht-virtuellen Lebens ganz genauso im Internet wie außerhalb. Beleidigung, Urheberrechtsverletzung, Betrug, Volksverhetzung, Gewalt sind im Internet genauso strafbar wie im „echten“ Leben. Und es ist nicht nur so, dass die Gesetze gelten – sie werden auch angewendet und durchgesetzt.

Im Jahre 2006 wurden in Nordrheinwestfalen laut der polizeilichen Kriminalstatistik 60.500 Straftaten mit Hilfe des Internet begangen, welches einem Anteil an der Gesamtkriminalität von 4,1% entspricht. Die Aufklärungsquote dieser Straftaten lag bei 86%. Wohlgemerkt, damals gab es noch keine Vorratsdatenspeicherung – die Aufklärungen dieser Straftaten sind ohne VDS ausgekommen, denn diese trat erst 2008 in Kraft.

Die Aufklärungsquote gemessen über alle Straftaten lag 2006 in NRW dagegen nur bei knapp 50% – lediglich 48% aller Raubüberfälle, und nur 17% aller Wohnungseinbruchdiebstähle wurden aufgeklärt. Niemand käme deswegen auf die Idee, die Straße als rechtsfreien Raum zu bezeichnen.

Im Jahre 2007 wurden in Nordrheinwestfalen laut der polizeilichen Kriminalstatistik 56.500 Straftaten mit Hilfe des Internet begangen, bei einer Aufklärungsquote von 84%. Diese Zahl von Straftaten entspricht einem Anteil von 3,8% an der Gesamtkriminalität. Die Zahl der Straftaten war also sogar rückläufig, die Aufklärungsquote erfreulich hoch, es ist kein besorgniserregender Trend erkennbar – dennoch hielt man es für erforderlich, die Vorratsdatenspeicherung (rechtswidrig, wie wir heute wissen) einzuführen.

Und 2008, 2009? Dank Vorratsdatenspeicherung müsste die Aufklärungsquote doch noch deutlich höher sein, den Argumenten der VDS-Befürwortern folgend.

Die Kriminalstatistik für 2008 weist 25.800 Straftaten mit Hilfe des Internet aus, die für 2009 noch 54.800 Straftaten. Der Ausreißer 2008 kommt, so die Statistik, durch die zeitliche Verlagerung von Masseverfahren (also Großverfahren) zustande. Und die Aufklärungsquote? Die lag in 2008 und 2009 jeweils bei 77%. Wunder über Wunder! Die Quote ist trotz VDS nicht gestiegen. Sie ist sogar gefallen. Die Aufklärungsquote lässt sich also mit der Vorratsdatenspeicherung nicht steigern.

Die Situation hat sich jüngst deutlich geändert, mit Urteil vom 2. März 2010 hat das Bundesverfassungsgericht das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung aufgehoben. Alle Daten mussten daraufhin gelöscht werden, und die Speicherung von Vorratsdaten ist derzeit nicht mehr erlaubt.

Natürlich begann unmittelbar darauf das Heulen und Zähneklappern. CDU und Polizei warnten sofort vor Sicherheitslücken. Und auch der „rechtsfreie Raum“ wurde wieder bemüht, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Peter Altmaier sagte in einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ tatsächlich: „Wir können uns einen monatelangen rechtsfreien Raum nicht leisten“ – als ob das Bundesverfassungsgericht mit der Vorratsdatenspeicherung gleich die gesamte Gesetzgebung abgeschafft hätte.

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter Klaus Jansen sah die Kriminalisten nun nicht mehr handlungsfähig – man fragt sich, wie vor 2008 die Polizei gearbeitet hatte? Ist die Polizei nur in den Jahren 2008 und 2009 tätig gewesen? Mit den Zahlen der polizeilichen Statistik deckt es sich jedenfalls nicht.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Konrad Freiberg argumentierte, dass die Telefonverbindungsdaten bei den Ermittlungen gegen die terroristische „Sauerland-Gruppe“ eine wichtige Rolle gespielt hätten. Interessant an dieser Feststellung ist, dass die Festnahme dieser Gruppe im September 2007 stattfand, mithin noch vor Inkrafttreten der VDS. Man kann sein Argument also als eines gegen die Vorratsdatenspeicherung ansehen, auch wenn dies nicht seine Intention gewesen sein dürfte.

All diese Argumente sind offenbar vorgeschoben. Die Zahlen sprechen deutlich eine andere Sprache. Die anlasslose massenhafte Speicherung von Verbindungsdaten ist weder notwendig noch effektiv gewesen, die Kriminalität mit dem „Tatmittel Internet“ aufzuklären. Ein unwirksames Mittel, welches aber gleichzeitig unsere Privatsphäre verletzt, uns überwacht und Zensur befördert, müssen wir nicht hinnehmen.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum – in ihm gilt nämlich auch das Grundgesetz. Und das schützt die Privatsphäre genauso wie es Überwachung und Zensur verbietet. Dies gilt es zu schützen, wenn die konservativen Politiker einen neuen Anlauf nehmen werden, die Vorratsdatenspeicherung wieder zu etablieren.

P.S.:
Die Quelle der Zahlen finden Sie übrigens hier:
http://www.polizei-nrw.de/lka/Zahlen_und_Fakten/Kriminalstatistik/

Warum es Netzsperren gar nicht gibt

Ich bin nicht besonders glücklich über den Begriff „Netzsperren“ – denn diese sogenannten Netzsperren sind gar nichts, jedenfalls keine Sperren. Genauso falsch finde ich daher den an sich sinnvollen Slogan „Löschen statt Sperren“ – zutreffender wäre „Löschen statt Wegsehen”.

Der Begriff „Netzsperren“ suggeriert, dass mit den im sogenannten „Zensursula“-Gesetz niedergelegten Maßnahmen tatsächlich im Internet etwas gesperrt würde, also der Zugriff auf kinderpornographisches Material blockiert werden würde.

Tatsächlich ist die Sperrwirkung dieser Sperren aber nicht größer als die von rot-weiß gestreiftem Flatterband, dem sogenannten Absperrband: Aufgehalten wird dadurch nur derjenige, der sich aufhalten lassen will. Wer sich nicht aufhalten lassen möchte, auf den hat es keinen Einfluss.

Die Sperren setzen nämlich nicht am Material selbst, oder am speichernden Server an, sondern lediglich an der Namensauflösung im Internet, also dem Verzeichnis, in dem Webserver zu Internetadressen zugeordnet werden. Das Gesetz fordert von allen deutschen Zugangsprovidern, das von ihnen betreute Verzeichnis dahingehend zu ändern, dass Adressen mit kinderpornografischen Inhalten auf die bekannte Stopp-Seite umleiten.

Und da liegt der Hase im Pfeffer: Niemand zwingt den Internetnutzer dazu, die Namensauflösung seines Zugangsproviders zu nutzen – vielmehr ist es bereits durch eine simple Einstellung mit Bordmitteln bei Windows möglich, ein anderes Verzeichnis zu nutzen, etwa das eines ausländischen Dienstes. Zur Umgehung der Sperre ist also nicht einmal kriminelle Energie, oder eine Form von Expertenwissen erforderlich – mehr noch, es gibt keine Möglichkeit, das Umgehen zu verhindern. Und damit kann man also mit hundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass alle Kriminellen, die sich kinderpornografisches Material ansehen wollen, diese Änderung vornehmen werden.

Gegen wen wird also diese sogenannte Sperre wirksam? Wer wird auf diese Art gehindert, die abscheulichen Bilder und Videos zu sehen? Alleine diejenigen, die ohnehin nicht vorhatten, solches Material anzusehen. Damit sind diese Sperren und das damit verbundene Gesetz bestenfalls nutzlos.

Darüber hinaus offenbart sich darin die besondere Verlogenheit der Debatte: Das Gesetz unterstützt nämlich nur das Wegsehen. Das Gesetz schützt weder die Opfer, noch unternimmt es irgendeinen Schritt gegen die Täter. Es sorgt dafür, dass die Nicht-Kriminellen mit dem ekelhaften Material nicht belästigt werden können, und sonst gar nichts. Man könnte das ungefähr mit der Situation vergleichen, dass Polizei zum Tatort einer Vergewaltigung gerufen wird – die dann anrückt und Stellwände rund um Täter und Opfer aufstellt, auf das zufällig vorbeikommende Passanten nicht mit dem gewalttätigen Anblick belästigt werden.

Oder würden Sie eine Nachrichtensperre in Deutschland über Berichte zu Menschenrechtsverletzungen in China für eine wirksame Maßnahme halten, den dortigen Dissidenten zu helfen?

Mehr noch, meiner Meinung nach hat das Gesetz sogar eine gegenteilige Wirkung: Es nimmt nämlich den Fahndungsdruck von Tätern und Konsumenten. Wenn der Polizei eine Maßnahme in die Hand gegeben wird, Webseiten auf eine sogenannte Sperrliste zu setzen, könnten ihre Bemühungen vermindert sein, die Täter zu fassen und das Material wirklich aus dem Internet zu entfernen – denn mit dem Eintrag in die Sperrliste hat man scheinbar alles Mögliche unternommen, und dem Gesetz Genüge getan. Tatsächlich aber bleibt alles erreichbar und sichtbar wir bisher, und die Kriminellen machen – geschützt durch den Zensursula-Vorhang – fröhlich weiter mit ihrem Tun, unbeachtet von Öffentlichkeit und Medien.

Mich macht der Gedanke krank! Wie kann man nur meinen, mit einem Deckmäntelchen sei das Problem aus der Welt zu schaffen? Die Vergewaltigung von Kindern ist sicher in allen Ländern mit Internetanschluss illegal. Polizei und Justiz müssen intensiv und auf internationaler Ebene miteinander arbeiten, damit die Produzenten und Konsumenten geschnappt werden, und das ekelerregende Material von den Servern gelöscht wird – nur so werden die Kinder geschützt. Hierzu gibt es Ansatzmöglichkeiten über Provider und Registrare, die genutzt werden könnten.

Fatal finde ich, dass wir als Piratenpartei immer wieder mit Kinderschändern in einen Topf geworfen werden, obwohl Sie bei der Piratenpartei vermutlich die einzige Kompetenz finden werden, Kinderpornographie im Internet wirklich und wirksam zu bekämpfen, und offenbar auch den einzigen Willen, das wirklich zu tun.

Wenn man das alles ins Kalkül zieht, drängt sich die Frage auf, warum das Gesetz dennoch – gegen den Rat eines jeden Experten – ursprünglich beschlossen wurde, und zwar mit Zustimmung aller großen Parteien (auch wenn es jetzt keiner mehr gewesen sein will). Dazu sind folgende Gründe denkbar: Womöglich waren die Politiker zu einfältig, das Problem zu verstehen – das würde ein Schlaglicht auf die Kompetenz der dafür verantwortlichen Spitzenpolitiker werfen.

Oder sie haben es sehr wohl verstanden, das Gesetz aber dennoch beschlossen – und das finde ich die weitaus unangenehmere Variante, wenn man nach den Gründen fragt, die dann in Lobbyismus, Parteiendünkel und Zensurbestrebungen liegen müssen. Aber damit möchte ich mich in einem anderen Blogpost beschäftigen.

Lass Dir das Internet nicht wegnehmen

Heute fanden deutschlandweit Mahnwachen der Piraten vor den Staatskanzleien statt. Grund war die Beratung der Rundfunkkommissionen der Bundesländer über den sogenannten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV).

Was sich so sinnvoll und harmlos anhört, entpuppt sich aber als bürokratisches Monster, welches dem Internet die Regeln des Fernsehens auferlegen will, mit Sendezeitenbegrenzungen, Alterswarnungen und Reichweitenbeschränkungen.

In der diskutierten Form war vorgesehen, dass Anbieter im Internet ihre Inhalte mit einer Altersklassifikation versehen müssen. Abhängig davon sind dann “Sendezeiten” einzuhalten, zu denen das Angebot nicht erreichbar sein darf. Ist das Angebot nur für Jugendliche ab 16 Jahren geeignet, so muss sich die “Ausstrahlung” auf “Sendezeiten” zwischen 22:00 und 6:00 Uhr beschränken.

Dabei hat das Gesetz keinen Unterschied zwischen Privatleuten, Bloggern, Verlagen oder Firmen gemacht. Das stellt alle aktiven Nutzer im Internet vor das unlösbare Problem, jeden Inhalt danach zu klassifizieren, ob er für ein 10-jähriges Kind, einen 16-jährigen Jugendlichen “geeignet” ist – wobei das doch höchst individuell und kulturell verschieden ist – und setzt ihn damit enormen rechtlichen Risiken aus. Falls die altersgerechte Sperrung von Inhalten nicht umgesetzt wird, können auch die Anbieter, die den Zugang zum Internet herstellen (also die Zugangsprovider) zur Sperrung der entsprechenden Internetseiten verpflichtet werden, womit die Zensur aus dem “Zensursula”-Gesetz plötzlich wieder auf dem Tisch liegt.

Alle unkategorisierten Inhalte werden automatisch als “Über 18″ klassifiziert – mit der Konsequenz, dass sie gar nicht mehr tagsüber erreichbar sein dürften. Über die Tatsache, dass in einer globalisierten Welt mit einem weltweit vernetzten Internet immer irgendwo Tag ist, machen sich die Befürworter dieses Gesetzes scheinbar keine Gedanken. Ausländische Anbieter werden kaum dazu zu bewegen sein, ihre Inhalte sämtlich zu klassifizieren und auf eine Aussendung zu deutschen Tageszeiten zu verzichten. Damit wären ausländische Internetinhalte in aller Regel im deutschen Internet vor 22 Uhr gar nicht mehr verfügbar.

Die Widersinnigkeit all dieser Versuche, den Jugendschutz auf diese Weise dem Internet überstülpen zu wollen, ist offensichtlich, aber scheinbar den “Internetausdruckern”, die den Entwurf dieser Regelung erstellten, nicht klar. Wir Piraten wenden uns gegen diese Entmündigung des Bürgers.

Gleichzeitig ist die Erziehung und Bildung eines Kindes das hohe Recht der Eltern, so steht es im Grundgesetz. Sie sollen entscheiden dürfen, welche Inhalte für ihre Kinder geeignet sind, und welche nicht – und darin unterstützt und geschult werden.