Das erfolgreichste Video aller Zeiten? Das tut uns leid.

Ich freue mich immer, wenn das Internet neue Phänomene hervorzaubert, von denen man sonst womöglich nicht erfahren hätte – wie zuletzt den Südkoreaner „Psy“ mit seinem „Gangnam Style“. Psy ist seiner Heimat bereits seit einigen Jahren mit K-Pop erfolgreich, er hat dort sechs Alben veröffentlicht. Das Erfolgsrezept seines derzeitigen Hits „Gangnam Style“: ein lustig-alberner Tanzstil, einfach-effektive elektronische Discomusik, und ein koreanischer Text, der sich mit dem luxuriös-mondänem Lebensstil des Stadtviertels Gangnam in Seoul befasst.

Der Musikclip des Künstlers wurde in diesem Jahr bereits mehr als fünfhundert Millionen Mal angesehen, weltweit, er ist für alle diese Nutzer kostenlos bei YouTube verfügbar. Über zwei Millionen Besuchern hat der Clip so gut gefallen, dass sie es mit dem kleinen Daumen-hoch-Symbol positiv bewertet haben. Damit ist dieses Video das erfolgreichste YouTube-Video aller Zeiten geworden, es hat dafür einen eigenen Eintrag im Guinnessbuch der Weltrekorde bekommen.

Psy ist mittlerweile weltweit erfolgreich – in vielen Ländern der Welt ist sein Song in den Charts, zum Beispiel in Deutschland und Großbritannien bis auf Platz 1, in den USA bis auf Platz 2. Auch in den iTunes-Charts hat es der Song Mitte September bis auf Platz 1 geschafft – trotz der Tatsache, dass er kostenlos bei YouTube verfügbar ist. Es ist davon auszugehen, dass das Lied damit auch kommerziell ausgesprochen erfolgreich sein dürfte.

Rhetorische Frage: Ist dieser Song nun trotz oder wegen der vielgescholtenen „Kostenloskultur“ des Internets so erfolgreich? Hätte Psy ebenfalls einen weltweiten Erfolg mit seinem Stück gehabt, wenn sein Video nicht gratis im Internet verfügbar gewesen wäre? Oder ist nicht eben genau dieser Erfolg ein Indiz dafür, dass durch das kostenlose Anbieten von Inhalten im Internet die Künstlerszene gerade nicht verarmt, sondern das sich damit ganz neue Chancen und Möglichkeiten ergeben – auch kommerzieller Art? Denn oft sind es gerade die Nutzer, die den Song kostenlos im Internet sahen, die ihn sich anschließend auch kaufen.

Besonders gefällt mir, wie sehr dieser Clip Menschen auf der ganzen Welt angeregt hat, eigene Versionen, Remixe und Parodien des Videos herzustellen und im Internet zu zeigen. Da gibt es „Klingon Style“ – eine klingonische Version im Startek-Stil, „Opa Gandalf Style“, eine Herr-der-Ringe-Parodie, und selbst einen „Mitt Romney Style“ gibt es – jedes dieser Videos wurde bereits millionenfach angesehen. Ein Füllhorn an schrägen Ideen, Kreativität und Kunst. Alles – streng genommen – ein Urheberrechtsverstoß, gestohlenes geistiges Eigentum, geklaute Musik – zumindest im Rechtsverständnis der Content-Industrie und der Verwerter. Weltweit werden solche Remixe und Mash-Ups verfolgt und aus dem Netz geklagt, obgleich sie so oft über einen ganz eigenen künstlerischen Wert verfügen.

Und in Deutschland? Das Video auf dem offiziellen YouTube-Kanal des Künstlers ist in Deutschland nicht verfügbar, da die GEMA YouTube die in Deutschland erforderliche Rechte nicht eingeräumt hat – obwohl das der ganz offizielle Kanal des Künstlers ist. Das tut mir leid. Auch und gerade für die Künstler.

79943 Leser.

27 Gedanken zu „Das erfolgreichste Video aller Zeiten? Das tut uns leid.

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  • 20. Oktober 2012 um 11:44 Uhr
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    Und wieder eine völlig verzerrte Darstellung: „…da die GEMA Youtube die in Deutschland erforderliche Rechte nicht eingeräumt hat – obwohl das der ganz offizielle Kanal des Künstlers ist.“
    Die GEMA hat hier überhaupt keinen Handlungsspielraum. Ihre Mitglieder erwarten von ihr, dass sie deren Interessen vertritt und dazu gehört das Einsammeln von Lizenzgebühren bei denjenigen, die Musik abspielen und damit Geld verdienen. Google Inc weigert sich, zu zahlen. Das ist alles. Für den Künstler muss es einem nicht leid tun, er muss ja nicht bei der GEMA mitmachen. Tut er aber, denn er verdient viel Geld damit, z.B. einen zweistelligen Cent-Betrag für jeden einzelnen Radio-Airplay.

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    • 20. Oktober 2012 um 12:56 Uhr
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      Komisch, dass es diese Probleme nur in Deutschland gibt. Rund um die Welt kann Youtube sich prima mit Rechteinhabern einigen, nur hier nicht. Ich kann nicht glauben, dass das nur an Youtube liegt.

      Und ich bin sicher, dass Psy mit der deutschen GEMA nicht das Geringste zu tun hat. Es ist der deutsche Verlag, der in der GEMA ist und diese dazu aufgefordert hat, das Video bei Youbute zu sperren. Der koreanische Musiker hat sicher nicht die leiseste Ahnung, dass sein Video in seinem offiziellen Kanal in Deutschland unsichtbar ist.

      Fußnote am Rande: Psy hat die Rechte an seinem Video ganz offiziell aufgegeben, so berichtet es der britische Guardian. So also hält sich die GEMA an den Willen des Künstlers.

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      • 20. Oktober 2012 um 13:06 Uhr
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        Der klassische Weg ist dieser:

        Psy hat einen Verlag/Verwerter mit dem Vertrieb seiner Musik beauftragt (damit er sich um seine Kernkompetenz, Musik machen, kümmern kann). Dafür bekommt Psy Geld, und wenn er genauso denkt wie du und ich und der Durchschnittspirat, dann will er möglichst viel Geld. Dafür räumt er dem Verlag das Recht ein, seine Musik so gut wie möglich zu verwerten. Der Verlag will verständlicherweise sein Geld wieder einspielen und arbeitet dementsprechend mit Partnern im Ausland zusammen, die ebenfalls die Musik von Psy effektiv verwerten.

        Das Handeln von Psy hängt also direkt mit dem Handeln des deutschen Verlags zusammen. Es ist unseriös, da eine Trennung zu behaupten.

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    • 20. Oktober 2012 um 15:06 Uhr
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      Wieso ist es denn bitte eine „völlig verzerrte Darstellung“ zu sagen, dass die GEMA die Rechte nicht eingeräumt hat? Das ist doch wohl Fakt.
      Ob sie dabei einen Handlungsspielraum hat (den sie sehr wohl besitzt) ist irrelevant. Sie räumt die Rechte nicht ein. Punkt.

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      • 20. Oktober 2012 um 19:03 Uhr
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        Es ist deswegen verzerrt, weil es so wäre, als würde ein Radiosender folgendes sagen:
        „Tut uns leid, wir können keine Musik spielen, weil die (hundsgemeine) GEMA uns keine Rechte eingeräumt hat!“
        Das wäre deswegen irreführend, weil der Radiosender selbstverständlich erst mal die jeweiligen Rechte erwerben muss, bevor er die Musik spielen darf. Genau das gleiche gilt für Youtube.

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      • 20. Oktober 2012 um 19:46 Uhr
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        Es nicht gelogen, aber es ist eine verzerrte Darstellung. Es liegt nicht an der GEMA (und ich bin wahrlich kein Freund dieses Vereins) sondern am Künstler und daran, dass er Firmen mit der Wahrnehmung seiner Rechte beauftragt hat. Jörg Fischer hat das gut beschrieben.
        Im Übrigen arbeite ich bei einem kleinen Unternehmen, das u.a. einen Videoserver betreibt und für diesen Videoserver einen Rahmenvertrag mit der GEMA abgeschlossen hat. Das war weder teuer noch schwierig oder langwierig. YouTube will einfach nicht.
        Mein Standpunkt zur GEMA ist, dass die GEMA Konkurrenz braucht. Das Monopol muss weg, die GEMA-Vermutung muss weg und die Konsumenten müssen Druck auf die Künstler machen, damit die Künstler mit intelligenteren Verwertungsmodellen arbeiten. Heute mit all der Elektronik und Shazam und Gedöns wäre es kein Problem, eine Party mit von mir aus 27 Verwertungsgesellschaften abzurechnen oder bei einem Sender einfach mal die Werke einer der 27 Gesellschaften für ein paar Tage auszublenden. Hach, wie schnell würde so ein Markt dafür sorgen, dass das öffentliche Abspielen von Musik auf einmal fairer und günstiger wird.

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    • 21. Oktober 2012 um 09:13 Uhr
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      Das Problem ist doch, dass die GEMA im Gegensatz zu anderen Institutionen im Ausland, völlig unrealistischte Forderungen stellt. Deshalb ist es durchaus korrekt, zu sagen, dass die GEMA Schuld ist.

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  • 20. Oktober 2012 um 12:53 Uhr
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    Hier werden zwei komplett unabhängige Dinge vermischt.

    Die GEMA will doch nicht Musikvideos aus dem Netz nehmen, damit sich die Lieder besser verkaufen.

    Es geht der GEMA darum, dass jemand, der mit dem Abspielen (oder abspielbar machen) von Musik Geld verdient, davon etwas an die Künstler abgibt, die diese Einnahmen erst ermöglichen. Genauso, wie das Radio und Fernsehstationen selbstverständlich tun.

    Dass ein Spitzenpolitiker einer Partei, zu deren Kernthemen das Urheberrecht gehört, nicht versteht, ist bezeichnend. Oder böswillig.

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    • 20. Oktober 2012 um 13:07 Uhr
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      Das sie mir Böswiligkeit unterstellen, ist ebenfalls bezeichnend, Herr Fischer. Natürlich ist mir das bekannt.

      Aber wenn der Künstler sein Video weltweit kostenlos freigibt, auf seinem offiziellen Kanal, woher nimmt dann die GEMA das Recht, das Video deutschen Nutzern vorzuenthalten?

      Und glauben sie im Ernst, der Künstler hätte diesen weltweiten Erfolg nur im Ansatz gehabt, wenn jede Wiedergabe im Internet, die mit Werbung verbunden gewesen ist, zu einer Lizenzzahlung hätte führen müssen?

      Glauben Sie nicht, dass Künstler mittlerweile selbst in der Lage sind, das Potential des Internets für Ihre Karriere und Ihren Erfolg einzuschätzen, und festzustellen, wann es sich für sie (auch finanziell) lohnt, ihr Werk freizugeben? Oder müsen sie dann durch die GEMA bevormundet sein – auch wenn sie in ihrem Leben nicht mal von der GEMA gehört haben?

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      • 20. Oktober 2012 um 13:27 Uhr
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        Wenn Psy und sein Verlag ihr Video kostenlos zur Verfügung stellen wollen, können sie das ohne Probleme tun. Sie müssten nur einfach in Deutschland mit einem Verlag kooperieren, der nicht mit der GEMA zusammenarbeitet.

        Offenbar haben sie sich anders entschieden.

        Das sollten wir respektieren.

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  • 20. Oktober 2012 um 14:08 Uhr
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    Herr Fischer, Sie unterstellen erfundene Zusammenhänge.
    Halten sie sich an das, was zu sehen ist:
    Das erfolgreichste Video der Welt, dessen Rechte für jeden Nuzer freigegeben sind, ist in Deutschland blockiert – wegen rechtlicher Einschränkungen, deren Ursache die GEMA ist.
    Um das zuändern, muss weder der Künstler noch sein Verlag tätig werden, sondern das Hindernis beseitigt.
    Das ist ja auch nur EIN besonders deutlicher Fall.
    Mich pestet es schon lange an, daß ich – als kaufender (!) Musikfan – von meinen Lieblingsbands z.B. über Facebook Youtube-Videos angeboten bekomme, die sich die ganze Welt ( auf Empfehlung der Künstlers, bzw seines Mnagements, als gewollte Marketing-Maßnahme!!) ansehen kann – und in Deutschland sind nur diese Block-Logos zu sehen.
    Auf offiziellen Youtube-Kanäle der Künstler und der Labels sind ein Großteil Videos gesperrt – die dahinter stehende Werbeabsicht läuft ins Leere. Wie beknackt darf eine Organisation eigentlich sein?

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    • 20. Oktober 2012 um 16:58 Uhr
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      „Herr Fischer, Sie unterstellen erfundene Zusammenhänge.“

      Ein Hinweis, was Sie genau meinen, wäre hilfreich.

      „Das erfolgreichste Video der Welt, dessen Rechte für jeden Nutzer freigegeben sind“.

      Deswegen steht unter dem Video sicherlich auch :
      „© YG Entertainment Inc. All rights reserved.“

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    • 20. Oktober 2012 um 19:12 Uhr
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      Hören Sie bitte auf, nur die GEMA als Ursache für die Sperrung zu bezeichnen. Youtube ist _mindestens_ genau so Verursacher, weil Youtube die entsprechenden Gebühren nicht an die GEMA (und damit an den Urheber!) zahlen will.

      Daneben ist es selbstverständlich Sache des jeweiligen Urhebers, ob er Verträge mit Verwertungsgesellschaften abschließt. Natürlich sind nicht alle Verwertungsgesellschaften in allen Ländern aktiv, weswegen ausländische VGs oft Verträge mit der GEMA haben. Ob Youtube Verträge mit den jeweiligen VGs hat ist wieder eine ganz andere Frage.

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    • 20. Oktober 2012 um 19:49 Uhr
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      Du kaufst Musik von Firmen und Künstlern, die mit der GEMA zusammenarbeiten. Und die machen das freiwillig.
      Kauf halt andere Musik oder leb damit.

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  • 20. Oktober 2012 um 17:29 Uhr
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    Was ist das eigentlich für ein Laden, die GEMA.

    Inwieweit ist denn auf youtube-Millionen verzichten eine Unterstützung ihrer Mitglieder?

    Ich verstehe Unterstützung durch nichts irgendwie nicht.

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  • Pingback: Links des Tages | hashbytes

  • 20. Oktober 2012 um 19:46 Uhr
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    Öhm, was ist los?

    Zum Glück sitze ich hier gleich neben der Grenze zu Deutschland und deshalb sehe ich das Internet so, wie es der Sender und die Technik hier vor mir gedacht hatte. Menschenskinder, das Verhalten, das gewisse Firmen und Institutionen an den Tag legen ist einfach nur noch peinlich. Mir ist es egal, weshalb das Video gesperrt wurde. Da ist ein koreanischer „Künstler“ (ähem, hust), dem es nicht im Traum in den Sinn gekommen wäre, dass er mich mit seinem Video damit beeindrucken würde. Wieso da irgendein europäischer Verein meint mitzuwirken wollen, entzieht sich meinem Willen zu verstehen. Und wieso werden nur solche Video gesperrt? Wenn ein Taiwaner ein improvisiertes Lied brummt, sollte er auch gesperrt werden, oder nicht? Ach, das geht ja nicht einfach so? Wieso lassen wir diesen Zirkus dann nicht einfach bleiben?

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  • Pingback: Das erfolgreichste Video aller Zeiten? Das tut uns leid. — Carta

  • 21. Oktober 2012 um 03:16 Uhr
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    Ich kann es nicht mehr hören/lesen. Youtube will sich nicht mit der GEMA einigen… Na und? Es gibt doch einen Haufen alternativer Plattformen, auf denen das Video hochoffiziell zu sehen ist.

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  • Pingback: Gangnam – jewish style « Operation Zukunft … צמצום

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  • 3. November 2012 um 13:31 Uhr
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    Zitat aus der Wikipedia über die Gema: „Die Reichsmusikkammer unter ihrem Präsidenten Richard Strauss hatte 1934 in ihren Richtlinien festgelegt, dass „Nichtarier grundsätzlich nicht als geeignete Träger und Verwalter deutschen Kulturguts anzusehen“ seien. Dies bedeutete das Berufsverbot für die damals etwa 8000 in der Reichsmusikkammer organisierten Juden.“

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