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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/140

 

27.06.2012

 

 

 

 

Kleine Anfrage 81

 

des Abgeordneten Daniel Schwerd  PIRATEN

 

 

Die Quellen-Telekommunikationsüberwachung und die NSU-Morde

 

 

Die Regierungskoalition aus SPD und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN sieht in ihrem Koalitionsvertrag vor, dem Verfassungsschutz NRW die sog. Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) zu ermöglichen und möchte dafür eine gesetzliche Grundlage schaffen. Diese Maßnahme sieht die Regierung im Abschnitt zum Kampf gegen den Rechtsextremismus vor, und begründet ihn mit den sog. NSU-Morden. Rechtsextreme Gewalttaten sollen dazu dienen, die TKÜ zu rechtfertigen.

 

Der Quellen-Telekommunikationsüberwachung hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2008 strenge Grenzen gesetzt. Die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und seine Speichermedien ausgelesen werden können, ist verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen, etwa Leib, Leben und Freiheit einer Person oder solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt.

 

Es ist strittig, ob eine Software existieren kann, die auf die Quellenüberwachung alleine begrenzt ist, und nicht auf den unverletzlichen Kern privater Lebensführung zugreifen kann, zu dem die auf dem Rechner gespeicherten Daten gehören. Das Kopieren von Dateien, die Nutzung von Mikrofon und Kamera, das Anfertigen von Screenshots, die Speicherung von Tastaturanschlägen, das Lesen von Nachrichten, die nicht versendet werden (die also keine Kommunikation darstellen) ist nicht statthaft.

 

Zentrale Aufgabe des Verfassungsschutzes ist die Sammlung und Auswertung von Informationen. Polizeiliche Befugnisse zur Abwehrung von konkreten Gefahren hat er gem.  Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen nicht. Bei einer konkreten Gefahr für Leib und Leben, die eine Kommunikationsüberwachung offenbart, kann er nicht selbst einschreiten.

 

 


 

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

 

1.            Welche Anhaltspunkte gibt es, dass die NSU-Morde verhindert oder aufgeklärt hätten werden können, wenn dem Verfassungsschutz die TKÜ zur Verfügung gestanden hätte?

 

2.            Welche und wie viele Straftaten rechtsextremistischen Hintergrundes hätten mit der TKÜ verhindert oder aufgeklärt werden können? Bitte differenzieren Sie die Aussagen danach, wie viele und welche jeweils verhindert; sowie wie viele und welche nachträglich aufgeklärt werden könnten.

 

3.            Inwieweit sieht die Landesregierung den Verfassungsschutz in der Lage und als richtige Stelle, durch TKÜ Gefahr für Leib, Leben und Freiheit eines Menschen bzw. ein vergleichbares Rechtsgut zu schützen, ohne dass dieser die zur Durchführung des Schutzes selbst notwendige polizeiliche Befugnisse hat?

 

4.            Durch welche technischen, organisatorischen und weiteren Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass die eingesetzte Software auf die Überwachung der Telekommunikation an der Quelle begrenzt ist, und keine anderen Daten sammeln kann?

 

 

Daniel Schwerd

 

 

 

 

 


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