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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/1860

 

09.01.2013

 

 

 

 

Kleine Anfrage 807

 

der Abgeordneten Birgit Rydlewski und Daniel Schwerd   PIRATEN

 

 

 

Verbot und Entziehung der Gemeinnützigkeit von Vereinen

 

 

 

Schon seit geraumer Zeit wird Vereinen die Gemeinnützigkeit entzogen, wenn diese als verfassungsfeindlich eingestuft werden. Im Entwurf für das Jahressteuergesetz 2013 war vorgesehen, dass in Zukunft alle im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes geführten Vereinigungen künftig automatisch ihre Gemeinnützigkeit und damit verbundene steuerliche  Vorteile verlieren sollen.

 

Gegen eine Nennung oder Einstufung in einem Verfassungsschutzbericht bestehen keine rechtsstaatlichen Mittel, ein darauf fußender automatischer Verwaltungsakt ist aus diesem Grund kritisch einzustufen. Zudem entsteht eine Beweislastumkehr durch die Erwähnung, womit die Unschuldsvermutung aufgehoben ist.

 

Da die Berichte aller Bundesländer herangezogen werden, würde sich die kritischste Einstufung eines Landesverfassungsschutzes durch die Erwähnung des Vereins durchsetzen, auch wenn er in anderen Bundesländern als nicht erwähnenswert eingestuft wird. Damit wird das Subsidiaritätsprinzip bzw. das Prinzip des Föderalismus verletzt.

 

Auch wenn die betroffene Körperschaft vor den Verwaltungsgerichten gegen die Einstufung als extremistisch klagt, und Finanzämter und Finanzgerichte den Ausgang dieser Verfahren abwarten, entsteht durch die Rechtsunsicherheit ein existenzbedrohender Schaden.

 

In mindestens einem Fall wurde in Nordrhein-Westfalen einem eingetragenen Verein die Gemeinnützigkeit mit Hinweis auf einen Verfassungsschutzbericht aberkannt. Dem Frauenverband Courage e.V. wurde im Steuerbescheid vom 14.12.2012 vom Finanzamt Wuppertal mitgeteilt, dass ihm aufgrund der Nennung im Bericht des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen 2010 die Gemeinnützigkeit ab 2010 aberkannt wird.

 

Hingewiesen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP, Bundestagsdrucksache 16/8711 aus dem Jahr 2009, in der es heißt: „Nach den Grundsätzen unseres Rechtsstaats reicht ein Verdacht oder eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz noch nicht für eine Sanktion – hier: Aberkennung der Gemeinnützigkeit – aus“, dessen Gültigkeit die Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, Bundesdrucksache 17/10181 aus dem Jahr 2012 nochmals bekräftigte.

 

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

 

1.         Welche Vereine wurden in Nordrhein-Westfalen seit dem 01.01.2010 bis zum heutigen Datum mit welcher Begründung verboten?

 

2.         Welchen Vereinen wurde in Nordrhein-Westfalen seit dem 01.01.2010 bis zum heutigen Datum die Gemeinnützigkeit entzogen?

Nennen Sie den jeweiligen Aberkennungsgrund, insbesondere ob eine Erwähnung oder Einstufung im Verfassungsschutzbericht der Grund war.

 

3.         Wie viele Verbotsverfahren verfolgt die Landesregierung derzeit noch mit welcher Begründung?

 

4.         Wie viele Verfahren zur Entziehung der Gemeinnützigkeit sind gegenwärtig anhängig und welche Fallkonstellation liegt der beabsichtigten Entziehung jeweils zugrunde?

Schlüsseln Sie die Zahlen nach dem jeweiligen Aberkennungsgrund auf, insbesondere ob eine Erwähnung oder Einstufung im Verfassungsschutzbericht der Grund sein soll.

 

5.         Wie bewertet die Landesregierung die Aberkennung der Gemeinnützigkeit eines eingetragenen Vereins aufgrund einer Nennung oder Einstufung in einem Verfassungsschutzbericht, insbesondere vor dem Hintergrund der Unschuldsvermutung, Verhältnismäßigkeit, rechtsstaatlicher Verfahren, der Subsidiarität bzw. Föderalismus und der oben zitierten Antwort der Bundesregierung?

 

 

 

Birgit Rydlewski

Daniel Schwerd

 


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