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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/7888

 

06.02.2014

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 3010 vom 7. Januar 2015

des Abgeordneten Daniel Schwerd   PIRATEN

Drucksache 16/7701

 

 

 

Armbruch bei Fotoaufnahme - Dürfen Polizisten im Einsatz fotografiert werden?

 

 

 

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3010 mit Schreiben vom 5. Februar 2015 namens der Landesregierung beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

"Gewalt ist Analphabetentum der Seele‘‘. (Rita Süssmuth)

 

Bei einem Polizeieinsatz in Köln am 26.12.2014 hat ein Polizeibeamter einem Kölner Sportstudenten mit dem sogenannten „Rückenhaltegriff“ den linken Oberarm gebrochen. Zuvor hatte dieser eine Festnahme einer dritten Person mit seinem Handy dokumentiert. Auf dem Video ist zu sehen und hören, wie der Polizeibeamte den Studenten auffordert, das Filmen zu unterlassen. Der Student stellt das Filmen ein, widersetzt sich dann aber der Identitätsfeststellung, da er seiner Ansicht nach nichts verbrochen hatte und das Filmen nicht illegal ist.

 

Die Aufforderung des Polizisten, das Filmen des Einsatzes zu unterlassen, da es unzulässig sei, stellte sich im gegebenen Fall als falsch heraus. So zumindest wurde der Sprecher der Kölner Polizei im Kölner Express online vom 02.01.2015 zitiert: "Jeder darf Polizisten und Einsätze filmen. Polizisten sind Personen des öffentlichen Lebens". Lediglich die Verbreitung des Materials könne unter Umständen strafbar sein. Dies lag aber im beschriebenen Fall nicht vor.

 

Sowohl gegen den Polizisten als auch gegen den Studenten wird wegen Körperverletzung respektive Widerstand gegen die Staatsgewalt ermittelt.

 

Auch der Fragesteller selbst ist am 08.12.2014 in Düsseldorf Zeuge geworden, wie ein Demonstrationsteilnehmer von der Polizei festgehalten und seine Identität festgestellt worden ist, nachdem er eine Fotoaufnahme von den die Demonstration begleitenden Polizisten gemacht hatte. Auch hier wurde wahrheitswidrig behauptet, die Aufnahme selbst sei bereits nicht erlaubt.

 

 

Vorbemerkung der Landesregierung

 

Bei den durch den Fragesteller aufgeführten Einsätzen der Polizei wurden die polizeilichen Maßnahmen nach derzeitigem Erkenntnisstand zur Verhinderung der Störung von Amtshandlungen und nicht mit dem Ziel der Unterbindung der Fertigung von Lichtbildaufnahmen angeordnet.

 

 

1.         Ist das Fotografieren oder Filmen von Polizisten im Einsatz verboten oder erlaubt? Nennen Sie ggf. die Rechtsgrundlagen Ihrer Auf-fassung. Es geht hier ausdrücklich nicht um die Verbreitung von Aufnahmen.

 

Die Frage, ob das Fotografieren von Polizisten im Einsatz verboten oder erlaubt ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Es bedarf hierzu der Betrachtung eines konkreten Einzelfalls.

 

Generell gilt aber, dass schon das bloße Fotografieren und Filmen von Polizeivollzugsbeamtinnen bzw. -beamten (PVB) im Dienst nach den jeweiligen Umständen deren Recht am eigenen Bild verletzen kann, ohne dass es auf eine Veröffentlichung der Aufnahmen ankommt. Insbesondere in der zivilrechtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch das bloße Fotografieren einer Person das Recht am eigenen Bild tangiert, da das auf eine bestimmte Situation bezogene Erscheinungsbild des Betroffenen seiner Kontrolle und Verfügungsmacht entzogen wird. Auch der im Dienst befindliche PVB ist Träger dieses Rechts, das als Teil seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts grundrechtlich nach Artikel 1 GG i. V. m. Artikel 2 Absatz 1 GG und einfach-gesetzlich (z.B. nach §§ 823, 1004 BGB) geschützt wird.

 

Ungeachtet der eben genannten Verletzung kann in bestimmten Situationen die Aufnahme von PVB zulässig sein. Wann dies der Fall ist, muss im Einzelfall durch eine Güter- und Interessenabwägung ermittelt werden. Die Rechtsprechung wendet hierzu die Kriterien an, die das Kunsturhebergesetz für die Veröffentlichung vorgibt. Danach ist eine Aufnahme zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 23 KunstUrhG erfüllt sind. Das ist etwa bei Aufnahmen, die PVB als Teil eines (örtlich) bedeutsamen zeitgeschichtlichen Ereignisses erfassen, der Fall. Auch hat ein PVB die Aufnahmen seiner Person im Rahmen von Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Vorgängen zu dulden, soweit er lediglich als »Beiwerk« zu betrachten ist und keine gezielte Aufnahme seiner Person erfolgt ist. Dagegen sind nach den anzuwendenden Grundsätzen des § 23 KunstUrhG Aufnahmen von PVB bei polizeilichen Routinemaßnahmen (z.B. Personenkontrollen, Identitätsfeststellungen, Durchsuchungen oder Verkehrsunfallaufnahmen) grundsätzlich unzulässig.

 

 

2.       Welche Fälle von Maßnahmen wie Identitätsfeststellungen, Fest-nahmen oder Ermittlungen, ggf. wegen Widerstandes, gab es infolge von Film- oder Fotoaufnahmen von Polizisten im Einsatz gegen die jeweiligen Fotografen von 2010 bis heute? Nennen Sie jeden einzelnen Fall mit jeweiligen Maßnahmen.

 

Hierüber liegen der Landesregierung keine Daten vor.

Weder die bundeseinheitlich geführte Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) weist hierzu entsprechende Daten aus, noch lassen sich aus den nordrhein-westfälischen Vorgangsbearbeitungs- und Recherchesystemen IGVP und FINDUS der Polizei NRW dazu Erkenntnisse extrahieren.

 

 

3.       Welche Kenntnisse erwerben Polizisten in ihrer Ausbildung über Medienrecht und Urheberrecht, auch Aufnahmen von Personen des öffentlichen Lebens betreffend?

 

Das Bachelorstudium für den Polizeivollzugsdienst dauert drei Jahre. Als Eingriffsverwaltung mit weitgehenden Befugnissen, die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern einzuschränken, ist das Studium durchgängig geprägt von der Bindung allen staatlichen Handelns an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip). Dementsprechend werden bereits im Grundstudium grundlegende staatsrechtliche Inhalte vermittelt, die im weiteren Verlauf des Studiums im Rahmen der Vermittlung spezieller Eingriffsbefugnisse weiter vertieft werden. Die Studierenden werden in die Lage versetzt, Verfassungsprinzipien und Grundrechte in ihrer Bedeutung für die Berufspraxis und für polizeiliche Maßnahmen zu bewerten. Das polizeiliche Eingriffsrecht wird während des gesamten Studiums theoretisch und praktisch umfassend vermittelt. Hierzu gehören auch Maßnahmen zum Schutz privater Rechte Dritter, der der Polizei nach Maßgabe des § 1 Absatz 2 PolG obliegt.

 

 

4.       Wie erklärt die Landesregierung, dass die Rechtslage den Polizisten im Einsatz offenbar wiederholt nicht bekannt ist?

 

Die Ausführungen in der Vorbemerkung lassen nicht den Schluss zu, dass nordrhein-westfälischen PVB die diesbezügliche Rechtslage unbekannt ist.

 

 

5.       Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, solche Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern, insbesondere zur Aufklärung der Polizisten über die Rechtslage von Fotografien und Filmaufnahmen von Polizisten im Einsatz?

 

Siehe Antwort zu Frage 4 und Vorbemerkung.

 

 


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