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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/985

 

26.09.2012

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 367 vom 28. August 2012

des Abgeordneten Daniel Schwerd   PIRATEN

Drucksache 16/739

 

 

 

Kassenkredite der Kommunen des Landes Nordrhein-Westfalen

 

 

 

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 367 mit Schreiben vom 26. September 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

Kassenkredite sollen der kurzfristigen Kreditaufnahme von Kommunen und anderen kommunalen Organisationen wie Eigenbetrieben und Anstalten öffentlichen Rechts dienen.  Sie werden äußerst kurzfristig, in der Regel nur über Nacht vereinbart und bereits am Folgetag wieder fällig. Der zugrundeliegende Zins ändert sich täglich.

 

Sollte der Kassenkredit ursprünglich grundsätzlich nur zur kurzfristigen Liquiditätssicherung dienen, ist er de facto zum Finanzierungsinstrument nordrhein-westfälischer Kommunen geworden. Laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) haben nordrhein-westfälische Kommunen über 20 Milliarden Euro Kassenkredite aufgenommen, das entspricht rund 1.100 Euro pro Bürger des Landes. Auf den ersten 7 Plätzen der Städten und Gemeinden mit der höchsten Inanspruchnahme von Kassenkrediten in Deutschland finden sich ausnahmslos Städte aus Nordrhein-Westfalen, angeführt von Essen, Duisburg und Wuppertal.

 

Extrem günstige, kurzfristige Zinsen von derzeit ca. 0,4 Prozent verleiten zum Aufnehmen solcher Kredite, sind sie doch eine günstige Finanzierungsform. Allerdings ist die aufnehmende Gemeinde von der ihrer Bonitätseinstufung abhängig, die sich über Nacht ändern kann, und die Bank kann die Prolongation solcher Kredite jederzeit verweigern. Das Damoklesschwert der Liquiditätsinsolvenz schwebt ständig über solchen Gemeinden.

 

Zudem kann sich das Zinsniveau mittelfristig ändern. Unklare Entwicklung des Euro und der Staatsverschuldungen können mittelfristig zu deutlich anziehenden Zinsen bis hin zur Inflation führen. Schon ein durchschnittlicher, kurzfristiger Tageszins von 4% würde eine Verzehnfachung der Zinslast, eine Mehrbelastung in Höhe von über 700 Millionen Euro pro Jahr für die nordrhein-westfälischen Kommunen bedeuten.

 

Im Land NRW ist aufgrund des Runderlasses des Innenministeriums vom August 2004 im Rahmen einer Haushaltssicherung ein Kassenkreditsockel in Höhe von 50% des durchschnittlichen jährlichen Kassenkreditbestandes erlaubt.

 

 

Vorbemerkung der Landesregierung

 

Kredite zur Liquiditätssicherung (früher Kassenkredite) dürfen von den Gemeinden nach § 89 Abs.2 GO NRW zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag aufgenommen werden, sofern keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. Die Aufnahme der Kredite zur Liquiditätssicherung erfolgt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung.

 

 

1.       Wie hoch sind die Zinsen für Kassenkredite der nordrhein-westfälischen Gemeinden in den vergangenen 20 Jahren? Bitte geben Sie die durchschnittlichen Werte sowie die Höchst- und Tiefstände der jeweiligen Kalenderjahre bis zum laufenden Jahr 2012 an?

 

Den Krediten zur Liquiditätssicherung liegen vielfältige örtliche Vertragsgestaltungen zugrunde. Es bestehen für die Gemeinden weder haushaltsrechtliche noch statistische Vorgaben, die Verträge bzw. Vertragsgrundlagen zu melden. Deshalb liegen die gewünschten Informationen sowohl hinsichtlich der Zinssätze als auch der Zinsaufwendungen bezogen auf die von den Gemeinden aufgenommenen Kredite zur Liquiditätssicherung nicht vor.

 

 

2.       Bis zu welchem Zinssatz wurde Vorsorge für das Haushaltsrisiko steigender Zinsen getroffen? Bitte spezifizieren Sie die Zinssätze pro nordrhein-westfälische Gemeinde, die Kassenkredite in Anspruch genommen hat.

 

Hierzu liegen die gewünschten Informationen nicht vor. Dies ergibt sich aus der Vorbemerkung und der Antwort auf Frage 1.

 

 

3.       Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, die strukturelle Verschuldung mit Kassenkrediten der Gemeinden des Landes zurückzuführen.

 

Die Rückführung von Liquiditätskrediten im Einzelnen ist eine Aufgabe der jeweiligen Kommune, die sie im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich abgesicherten Finanzhoheit in eigener Verantwortung wahrnimmt.

 

Unabhängig davon wird darauf hingewiesen, dass der besonders im letzten Jahrzehnt sprunghafte Anstieg der kommunalen Liquiditätskredite eine Folge und nicht die Ursache der schwierigen Finanzlage der Städte und Gemeinden des Landes ist. Nachhaltig wirkende Gegenmaßnahmen dürfen deshalb nicht allein die Zurückführung der Liquiditätskredite im Blick haben, sondern müssen bei der Haushaltslage der Kommunen insgesamt ansetzen. Das Land hat auf die finanzielle Situation der Kommunen bereits unmittelbar nach dem Regierungswechsel im Jahr 2010 reagiert, und seit 2010 eine Befrachtung des Gemeindefinanzierungsgesetzes zur Konsolidierung des Landeshaushaltes zurückgenommen. Zusammen mit der Beteiligung der Kommunen an den Einnahmen des Landes aus der Grunderwerbsteuer summiert sich dies auf eine jährliche Aufstockung des Gemeindefinanzierungsgesetzes um etwa 300 Mio. EUR. Im Entwurf des GFG 2012 entspricht diese Entlastung sogar einem Betrag von rd. 317 Mio. EUR. Seit 2011 stellt das Land darüber hinaus jährlich 350 Mio. EUR aus dem Landeshaushalt im Rahmen des Stärkungspaktgesetzes zur Verfügung. In diesem Jahr beginnt zudem der Bund mit der weiteren, schrittweisen Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Darüber hinaus sind weitere Mittel des Bundes im Rahmen der Umsetzung der Ergebnisse des Fiskalpakts zu erwarten (z.B. bei der Eingliederungshilfe).

 

Durch die zusätzlichen Landesmittel, die sukzessive Übernahme der Kosten der Grundsicherung durch den Bund und die gute Konjunkturentwicklung hat sich die Einnahmesituation der nordrhein-westfälischen Kommunen in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dies ist ein wichtiger Grundstein dafür, dass die Kommunen ihre finanziellen Angelegenheiten wieder eigenverantwortlich wahrnehmen können. Die deutlich verbesserten finanziellen Rahmenbedingungen für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen schaffen die Voraussetzung, dass die Kommunen wieder zu einer in Ausgaben und Einnahmen ausgeglichenen Haushaltswirtschaft zurückkehren. Dies ist die Voraussetzung dafür positive und nachhaltige Effekte bei der Verringerung der Kredite zur Liquiditätssicherung zu erzielen.

 

 

4.       Welche weiteren Maßnahmen plant die Landesregierung zur Vorsorge des Haushaltsrisikos steigender Zinsen für nordrhein-westfälische Gemeinden?

 

Zur Vorsorge von möglichen Haushaltsrisiken sind 2011 mit einer entsprechenden Änderung des Runderlasses "Kredite und kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden (GV)" vom 09.10.2006 (SMBl. 652) die Möglichkeiten, für Kredite zur Liquiditätssicherung längerfristige Zinsbindungen vorzusehen, erheblich erweitert worden. Damit ist es den Gemeinden im Rahmen ihres Finanzmanagements eröffnet, die Risiken kurzfristiger Finanzierung weitgehend abzubauen.

 

 

 


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