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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/12796

 

31.08.2016

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 5025 vom 7. August 2016

des Abgeordneten Daniel Schwerd   FRAKTIONSLOS

Drucksache 16/12650

 

 

 

Personengebundene Hinweise im Polizeilichen Auskunftssystem NRW

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

„Es sind nicht unsere Unterschiede, die uns trennen. Es ist unsere Unfähigkeit, diese Unterschiede zu verstehen, zu akzeptieren und zu ehren.“

Audre Geraldine Lorde

 

Nach einem Beschluss der Innenministerkonferenz aus dem Juni 2015 darf die Polizei im Polizeilichen Auskunftssystem NRW „POLAS NRW“ Menschen mit dem „personengebundenen Hinweis“ ANST als „ansteckend“ kennzeichnen. Die Landesregierung hat auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Rydlewski und Torsten Sommer (PIRATEN) die allgemeinen Rahmenbedingungen der Speicherung personengebundener Hinweise in POLAS NRW erläutert (Drs. 16/10114).

 

Zweck der Speicherung ist es, Polizeibeamte im Dienst vor einer Ansteckung zu schützen, dies wird heftig kritisiert. Nach Einschätzung von Fachorganisationen werden Menschen mit den genannten Krankheiten durch das Kürzel ANST stigmatisiert, was zur Ausgrenzung von Menschen mit HIV oder Hepatitis allgemein beiträgt. Zudem wird die Erforderlichkeit der Speicherung bezweifelt. So schreibt die Deutsche AIDS-Hilfe in ihrer „Münchener Erklärung“ vom 24./25.10.2015:

 

„Den Zweck, Polizeibeamte vor Ansteckung zu schützen, erfüllt ANST zugleich aus vielfältigen Gründen nicht. Der Verwendung des Warnhinweises liegt der grundlegende Irrtum zugrunde, dass Menschen mit den genannten Diagnosen die Erkrankungen prinzipiell übertragen können und dass eine Kennzeichnung dazu beitragen kann, Infektionen zu verhindern.“

 

Die Kennzeichnung unterstelle ein hohes Risiko, wo eine Übertragung unwahrscheinlich sei und schüre damit unnötige Ängste. Zugleich erzeuge sie eine Scheinsicherheit, wenn der Hinweis nicht im Computer stehe.

 

Mit dem personengebundenen Hinweis „PSYV“ werden Menschen gekennzeichnet, die "psychische und Verhaltensstörungen" aufweisen. Hierbei handelt es sich um das frühere Merkmal „geisteskrank“, dass mit dem genannten Beschluss der Innenministerkonferenz lediglich umbenannt wurde.

 

 

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5025 mit Schreiben vom 31. August 2016 namens der Landesregierung unter Hinweis auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 3919 (LT-Drucksache 16/10114) beantwortet.

 

 

1.      In welchem Jahr erfolgte jeweils die Speicherung der personengebundenen Hinweise „ANST“ bzw. „PSYV“ in Bezug auf die in POLAS NRW erfassten Personen? Schlüsseln Sie die Zahlen nach Merkmal „ANST“ bzw. „PSYV“ und Kalenderjahr auf.

 

Das Polizeiliche Auskunftssystem (POLAS) NRW ermöglicht eine Erhebung von Art und Anzahl gespeicherter personengebundener Hinweise ausschließlich zum aktuellen Abfragezeitpunkt.

Mit Stand 12.08.2016 sind im POLAS NRW insgesamt 870 Personendatensätze mit dem personengebundenen Hinweis „Ansteckungsgefahr“ und 841 Personendatensätzen mit dem personengebundenen Hinweis „Psychische und Verhaltensstörung“ erfasst.

 

 

2.      Woher stammen die diesen personengebundenen Hinweisen zugrundeliegenden Daten bzw. Informationen?

 

Der personengebundene Hinweis „Ansteckungsgefahr“ wird nur vergeben, wenn Informationen von einem Arzt oder einer anderen öffentlichen Stelle auf Grundlage eines ärztlichen Attests oder einer entsprechenden ärztlichen Unterlage (z. B. Gesundheitsamt, Verwaltungsbehörde, Justizvollzugsanstalt) oder dem Betroffenen selbst zu einer Hepatitis B, Hepatitis C oder HIV - Erkrankung vorliegen.

Der personengebundene Hinweis „Psychische und Verhaltensstörung“ wird nur vergeben, wenn ärztlich festgestellt ist, dass der Betroffene an einer psychischen Erkrankung leidet und daraus Gefahren für ihn selbst oder andere, insbesondere für Polizeibedienstete, resultieren können. Die Information über das Vorliegen einer solchen Erkrankung muss in schriftlicher Form vorliegen (z. B. Attest oder Gutachten).

 

 

3.      Auf welcher Rechtsgrundlage wurden diese Daten von staatlichen Stellen an die Polizeibehörden übermittelt und gespeichert?

 

Die Verantwortung für die Übermittlung von Daten trägt die übermittelnde Stelle. Diese hat die Rechtsgrundlage zur Übermittlung zu prüfen. Zur Feststellung, welche Rechtsgrundlage im jeweiligen Einzelfall angewandt wurde, wäre eine manuelle Auswertung aller Verwaltungsvorgänge erforderlich. Dies ist in der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Rechtsgrundlage für die Speicherung von personengebundenen Hinweisen im POLAS NRW ist § 24 Polizeigesetz NRW.

4.      Wie bewertet die Landesregierung die durch die Speicherung bestehende Stigmatisierungsgefahr für die Betroffenen?

 

Personengebundene Hinweise im polizeilichen Informationssystem sind Hinweise zu bestimmten Eigenschaften einer natürlichen Person, aus denen eine Gefährdung der Person selbst oder für die einschreitenden Polizeibediensteten abgeleitet werden kann. Sie dienen damit primär dem größtmöglichen Schutz des oder der Betroffenen sowie der Eigensicherung der eingesetzten Polizeikräfte im konkreten Einzelfall und werden auf der Basis von Katalogwerten und zugehörigen Vergabekriterien entsprechend einem bundeseinheitlichen Leitfaden für personengebundene Hinweise vergeben.

 

 

5.      Aus welchen Gründen ist die Landesregierung der Auffassung, dass auf eine Nutzung der genannten personenbezogenen Hinweise nicht verzichtet werden kann?

 

Siehe Antwort zu Frage 4.

 

 

 


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