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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/2280

 

12.03.2013

 

 

 

Antrag

 

der Fraktion der PIRATEN

 

 

Fahrplan Breitbandausbau für Nordrhein-Westfalen

 

 

I.    Ausgangssituation

 

Die Nutzung von modernen Breitbandanschlüssen ist ein zentraler Baustein unserer heutigen Gesellschaft geworden. In vielen Lebensbereichen – im Privaten ebenso wie im Arbeitsleben – ist schnelles Internet schon heute unerlässlich. Durch das Entstehen innovativer Dienstleistungen etwa in den Bereichen Fernarbeit, eGovernment, eHealth oder eLearning wird der Zugang zu breitbandigen Internetanschlüssen in Zukunft noch bedeutender werden. Zugang zu schnellem Internet ist für gesellschaftliche, kulturelle, soziale und politische Teilhabe unverzichtbar. So bezeichnete der Bundesgerichtshof den Zugang zu Breitbandinternet jüngst als Teil der materiellen Lebensgrundlage. Mit anderen Worten: Damit die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes an den Möglichkeiten der modernen Wissens- und Informationsgesellschaft Teil haben können, benötigen sie schnelles Internet.

 

Auch die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen ist in zunehmendem Maße auf einen schnellen Datenaustausch via Internet angewiesen. Die Verfügbarkeit von schnellen Breitbandnetzen erleichtert die Arbeitsteilung in einer globalisierten und digital verflochtenen Welt und ist heutzutage ein handfester Standortfaktor. Für Wirtschaft und Unternehmen sind schnelle Breitbandnetze mittlerweile genauso bedeutend wie Straßen, Schienen, Kanäle, Gas-, Wasser- oder Stromanschluss. Der derzeitige technische Standard sieht unter schnellem Breitband Netze mit Übertragungsraten von mindestens 50 Mbit/s im Downstream und mindestens 2 Mbit/s im Upstream vor (sogenannte Netze der nächsten Generation, NGA-Netze). Dies ist nur der technische Status quo, zukünftige Entwicklungen könnten die Anforderungen erhöhen.

 

Aktuelle Studien unterstreichen die positiven volkswirtschaftlichen Impulse, die mit einem Ausbau der Breitbandversorgung einhergehen. Eine Studie der Columbia Business School aus dem Jahr 2012 zum wirtschaftlichen Potential des Breitbandausbaus in Deutschland kommt zu dem Ergebnis, dass Investitionen in den Breitbandausbau signifikant positive Effekte auf den Arbeitsmarkt und das Wirtschaftswachstum haben würden (Columbia University 2012, The Impact of Broadband on the Economy). Auch eine länderübergreifende Studie der Weltbank von 2009 kommt zu dem Schluss, dass sich eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur positiv auf die Volkswirtschaft auswirkt (Weltbank 2009, Information and Communications for Development).

Obwohl der Zugang zu schnellem Breitband-Internet (Anschlüsse mit einer Bandbreite von mindestens 50 Mbit/s im Downstream) als Standort- und Wirtschaftsfaktor allgemein anerkannt wird, gibt es in NRW immer noch große Lücken in der Versorgung. Der derzeitige Stand der Breitbandabdeckung in NRW kann aus dem Breitbandatlas des TÜV Rheinland entnommen werden. Aus diesem geht hervor, dass zwar über 97 Prozent der Haushalte in NRW Anschlüsse mit einer Bandbreite von mindestens 2 Mbit/s im Downstream zur Verfügung stehen. Solche Anschlüsse gelten nach Definition der Landesregierung als Internet-Grundversorgung. Mit einer Bandbreite von 2 Mbit/s im Downstream sind wesentliche Internetfunktionalitäten jedoch nicht realisierbar. Schnelles Breitband mit mindestens 50 Mbit/s im Downstream können laut Breitbandatlas hingegen nur etwa zwei Drittel der Haushalte in NRW nutzen.

 

Bei näherer Betrachtung fällt zudem die Divergenz zwischen städtischem, halbstädtischem und ländlichem Raum auf. So sind in NRW im ländlichen Raum noch immer 8,3 Prozent der Haushalte selbst von der Internet-Grundversorgung abgeschnitten. Nur ein Drittel der Haushalte kann dort auf Breitband mit mindestens 50 Mbit/s zurückgreifen. Im halbstädtischen Raum sind es 40,5 Prozent. Hier besteht massiver Handlungsbedarf: Für die Ertragskraft und Attraktivität gerade ländlicher Räume ist der Zugang zu Breitband von großer Bedeutung. Fehlende Konnektivität stellt einen massiven Standortnachteil dar.

 

Dennoch erfolgt der Breitbandausbau in NRW nur schleppend. Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, in NRW eine flächendeckende Breitbandversorgung von mindestens 50 Mbit/s bis 2018 zu erreichen. Derzeit ist jedoch nicht absehbar, wie sie diese Herausforderung bewältigen will: Sowohl die „Breitbandstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen“ als auch das „Strategiepapier zur Breitbandförderung in den ländlichen Regionen“ (Vorlage 15/1233) erschöpfen sich in der Nennung möglicher Instrumente – konkrete Maßnahmenkataloge oder Zeitpläne fehlen jedoch. Die Kosten zur Erreichung des Versorgungsziels kann die Landesregierung nach Angaben des Wirtschaftsministeriums nicht beziffern.

 

Der größte Teil der Investitionen in das Breitbandnetz wird von privaten Netzbetreibern getätigt. Allerdings gibt es Gebiete, vor allem in städtischen Randlagen und im ländlichen Raum, in denen sich die kostenintensiven Ausbaumaßnahmen für private Anbieter nicht rechnen. In solchen Fällen von Marktversagen müssen von politischer Seite Anreize geschaffen werden, damit auch diese Gebiete an schnelles Breitband angeschlossen werden – nur so kann einer digitalen Spaltung des Landes vorgebeugt werden.

 

Zurzeit stellt die NRW-Landesregierung für die Förderung des Breitbandausbaus im Haushalt 8,6 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Diese stammen aus dem Förderprogramm Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) und dem Europäischen Landwirtschaftsfond zur Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Damit liegt die Förderung des Breitbandausbaus in NRW bisher fast ausschließlich in der Hand des Landwirtschaftsministeriums. Weitere 2,4 Millionen Euro wurden seit 2007 aus dem Regionalen Wirtschaftsförderprogramm (RWP) zur Förderung von Breitbandanschlüssen von Gewerbegebieten freigegeben. Weitere Maßnahmen umfassen einen Beratungsservice für Kreise und Kommunen in Form der BreitbandConsulting.NRW sowie ein Darlehensprogramm der NRW.BANK.

 

Die jährliche Fördersumme von etwa 9 Millionen Euro ist angesichts der Versorgungsziele der Landesregierung und vor dem Hintergrund der großen Versorgungslücken in NRW deutlich zu niedrig. Zum Vergleich: Der Freistaat Bayern will in den nächsten drei Jahren 500 Millionen Euro zur Förderung des Breitbandausbaus ausgeben.

 

 

I.       Der Landtag stellt fest:

 

1.      Der Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Breitbandnetzen sorgt für positive Effekte für die Wirtschaft und Gesellschaft Nordrhein-Westfalens. Eine Förderung des Breitbandausbaus dient sowohl der Sicherstellung der digitalen Teilhabe aller Menschen in NRW als auch der Stärkung des Wirtschaftsstandorts.

2.      Der Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Breitbandnetzen in Nordrhein-Westfalen geht derzeit zu langsam voran und muss beschleunigt werden. Es besteht die Notwendigkeit, politisch tätig zu werden.

3.      In Gebieten, in denen private Netzbetreiber aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht bereit sind, in den Ausbau von schnellen Breitbandnetzen zu investieren, müssen hierfür Anreize von der Politik gesetzt werden. Insbesondere im ländlichen Raum besteht Handlungsbedarf bei der Bereitstellung sowohl einer Internet-Grundversorgung als auch bei der Versorgung mit schnellen Breitband-Zugängen.

 

 

II.   Der Landtag beschließt:

 

1.      Der Landtag von Nordrhein-Westfalen bekennt sich zu dem Ziel, eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur in NRW zu ermöglichen.

2.      Der Landtag fordert die Landesregierung auf, ihre Bemühungen bezüglich des Breitbandausbaus deutlich zu verstärken. Hierzu müssen das regulative Umfeld sowie Höhe und Ausgestaltung der Förderprogramme für den Breitbandausbau überprüft werden. Insbesondere soll die Landesregierung die Möglichkeit prüfen, ob ein alternatives Regulierungsdesign in der Lage ist, eine höhere Ausbaugeschwindigkeit zu erreichen und gleichzeitig den dauerhaften Einsatz von staatlichen Fördergeldern möglichst gering zu halten.

3.      Der Landtag fordert die Landesregierung auf, gemeinsam mit den Fraktionen im Landtag einen „Fahrplan Breitbandausbau“ zu erarbeiten. Dafür muss die Landesregierung in einem ersten Schritt detailliert darstellen, wie sie ihr Ausbauziel (flächendeckende Breitbandversorgung von mindestens 50 Mbit/s bis 2018) konkret erreichen will und welche finanziellen, gesetzlichen und regulativen Mittel sie dafür für erforderlich hält.

4.      Der Landtag fordert die Landesregierung auf, bis zum Vorliegen des Fahrplans kurzfristige Übergangsmaßnahmen zur Förderung des Breitbandausbaus zu ergreifen:

·           Die derzeitigen Richtlinien der Förderprogramme, insbesondere die Definition der Internet-Grundversorgung von 2 Mbit/s, sind zu eng gefasst. Um kurzfristig mehr Kommunen den Zugang zu einer Förderung zu ermöglichen, müssen in einem ersten Schritt auch jene Kommunen als förderfähig eingestuft werden, die eine Internetanbindung von bis zu 6 Mbit/s aufweisen.

·           Auch Kommunen mit angespannter Haushaltslage müssen in die Lage versetzt werden, sich an den Förderprogrammen des Landes für den Breitbandausbau beteiligen zu können, um eine weitere digitale Spaltung des Landes zu verhindern.

 

 

 

Dr. Joachim Paul

Monika Pieper

Daniel Schwerd

Kai Schmalenbach

 

und Fraktion


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