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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/2980

 

15.05.2013

 

 

 

 

Entschließungsantrag

 

der Fraktion der PIRATEN

 

 

 

zum Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

 

Freihandelsabkommen EUUSA: Audiovisuelle Dienste und Kultur vor Handelsliberalisierung schützen! Bundesregierung ist in der Pflicht grundlegende Länderinteressen zu berücksichtigen! (Drucksache 16/2887)

 

 

Transparenz, parlamentarische und zivilgesellschaftliche Beteiligung während des gesamten Verhandlungszeitraums zum EU-Freihandelsabkommen mit den USA sicherstellen!

 

 

 

I.     Ausgangssituation

 

Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika wollen in Kürze Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen („Transatlantic Trade and Investment Partnership“ – kurz: TTIP) aufnehmen. Ende Mai 2013 beschäftigt sich das Europäische Parlament mit einem Resolutionsantrag des federführenden Handelsausschusses, der sich für die bisher geltende Ausnahmeregelung für den Kultur- und Medienbereich im Rahmen internationaler Handelsabkommen ausspricht, den Mandatsentwurf der Europäischen Kommission und somit grundsätzlich den von Kommission und EU-Ministerrat bestimmten Verhandlungskurs hingegen befürwortet. Die Wirtschafts- und Handelsminister der EU-Mitgliedstaaten wollen am 14. Juni 2013 über die Aufnahme der Verhandlungen entscheiden.

 

Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 muss auch das Europäische Parlament internationalen Handelsabkommen zustimmen. Das Europäische Parlament fordert im genannten Resolutionsentwurf die Kommission daher dazu auf, ihrer Verpflichtung nachzukommen, das Europäische Parlament unverzüglich und vollumfänglich über den Stand der Verhandlungen zu informieren – sowohl vor als auch nach den jeweiligen Verhandlungsrunden – und eng in die Verhandlungen einzubinden. Gleichzeitig wurden der deutschen Bundesregierung im Zuge des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon weitreichende Informationspflichten gegenüber dem Deutschen Bundestag auferlegt. In Angelegenheiten, die in die Kompetenz der deutschen Bundesländer fällt, sind diese miteinzubinden.  

 

Trotz des Verhandlungsmandats der Europäischen Kommission sind die Mitgliedstaaten, also auch die deutsche Bundesregierung, über den Beobachterstatus direkt an den Verhandlungen beteiligt und können zudem über die im Mandatsentwurf der Kommission vorgesehene Einrichtung eines Sonderausschusses gemäß Artikel 207(3) AEUV die Verhandlungen unmittelbar beeinflussen. Genannter Artikel verpflichtet die Kommission als Verhandlungsführer auch grundsätzlich zur „regelmäßigen Berichterstattung“ hinsichtlich des Verhandlungsstands an den Sonderausschuss und das Europäische Parlament.

 

Die Erfahrungen vergangener und aktueller Verhandlungen zu bi- bzw. multilateralen Handels- und Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und einem oder mehreren Drittstaaten – beispielsweise ACTA – verdeutlichen hingegen, dass aufgrund der intransparenten Verhandlungsführung sowie der lückenhaften und nicht rechtzeitigen Berichterstattung zum jeweiligen Verhandlungsstand eine aktive Begleitung bzw. Einflussnahme auf die Verhandlungen weder durch das Europäische Parlament noch nationale oder regionale Parlamente gewährleistet werden kann. Gleichzeitig wird auch keine aktive Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure noch während der Verhandlungsphase ermöglicht.   

 

 

 

II.    Der Landtag stellt fest:

 

1.      Die Beteiligung und Einflussnahme der Parlamente auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene sowie die aktive Teilhabe der Zivilgesellschaft muss auch während der Verhandlungsphase zu internationalen Handelsabkommen mit einem oder mehreren Drittstaaten gewährleistet sein. Dies ist zentrale Voraussetzung für eine öffentliche Debatte in Deutschland und Europa noch während der laufenden Verhandlungen.

 

2.      Die Erfahrungen vergangener und aktueller Verhandlungen zu internationalen Abkommen unter Beteiligung der Europäischen Union verdeutlichen die Notwendigkeit einer transparenten und nachvollziehbaren Verhandlungsführung durch die Europäische Kommission sowie einer umfangreichen und rechtzeitigen Berichterstattung an das Europäische Parlament, den Deutschen Bundestag und die deutschen Landesparlamente.

 

 

 

III.   Der Landtag beschließt:

 

1.      Der Landtag appelliert an die Europäische Kommission, zu jeder Zeit für eine transparente und nachvollziehbare Verhandlungsführung im Rahmen der Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen zu sorgen – insbesondere über die sofortige und vollumfängliche Veröffentlichung der Verhandlungsprotokolle.

 

2.      Der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf, sich auf allen Ebenen für die aktive Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure in die Verhandlungen einzusetzen und 

 

3.      eine öffentliche Debatte in Nordrhein-Westfalen über die Inhalte der Verhandlungen zu unterstützen.

 

4.      Der Landtag fordert die Bundesregierung dazu auf, den Deutschen Bundestag und die Landesparlamente unverzüglich und vollumfänglich über den Stand der Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen zu informieren.

 

 

 

Dr. Joachim Paul

Monika Pieper

Daniel Schwerd

Nicolaus Kern

Frank Herrmann

 

und Fraktion

 

 


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