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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/7020

 

13.10.2014

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 2658 vom 9. September 2014

des Abgeordneten Daniel Schwert   PIRATEN

Drucksache 16/6739

 

 

 

Antisemitische Ausschreitungen auf der Demonstration am 18. Juli in Essen – Ist die Aufbereitung angemessen?

 

 

 

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2658 mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

Antisemitische Ausschreitungen im Umfeld einer Gaza-solidarischen Demonstration „Frieden in Nahost“ am 18. Juli in Essen sind Gegenstand der Beratung im Innenausschuss des Landtages am 28. August geworden. Die Landesregierung hat dazu einen Bericht mit der Vorlagennummer 16/2107 vorgelegt.

 

In diesem Bericht schildert die Landesregierung unter anderem Vorkommnisse des Demonstrationstages sowie die Ausschreitungen gegen eine Gegendemonstration „Gegen Antisemitismus und Terror“.

 

Die Essener Polizei berichtete in einer Pressemitteilung von „Friedlichen Demonstrationen in der Essener Innenstadt“ [1]. Es sei gelungen, störungsfreie Demonstrationen zu gewährleisten, heißt es dort.

 

Der Bericht der Landesregierung zeigt hingegen ein anderes Bild. Er berichtet von stundenlangen Versuchen der Teilnehmer der Demonstration „Frieden in Nahost“ die Gegendemonstration zu erreichen und zu stören. Dieser Widerspruch ist bislang unerklärt.

 

Beide Stellungnahmen gehen auf der turbulenten Verlauf der als erstes angemeldeten Demonstration „Frieden in Nahost“ kaum ein. Es wird vielmehr dargestellt, dass das plötzliche, vorzeitige Ende der Kundgebung durch die Veranstalter unvorhersehbar und überraschend gekommen sei.

 

Video- und Augenzeugenberichte zeigen jedoch ein vollkommen anderes Bild. Die Veranstalter hatten die Demonstration kaum im Griff. Völlig überfordert durch die erkennbare Aggressivität haben die Veranstalter aufgegeben. Von einer bis dahin problemfreien Demonstration kann keine Rede sein. [2, 3, 4]

 

Im Bericht der Landesregierung wird angegeben, einen Durchbruch der Demonstration durch eine Polizeikette habe es nicht gegeben. Videoaufnahmen belegen jedoch, wie ein antisemitischer Mob eine Polizeisperre überwindet, und wie die Polizei vor ihm kapituliert. [5]

 

Schließlich behauptet die Landesregierung, es lägen keine Hinweise dafür vor, dass die in Richtung der Gegendemonstration geworfenen Flaschen und Steine die Teilnehmer der Demonstration „Frieden in Nahost“ nicht erreicht hätten, obgleich Augenzeugenberichte das Gegenteil bekunden. Der Publizist A. F., der als Redner auf der gestörten Kundgebung anwesend war, berichtete auf Twitter: “Ja, ich war selbst da und konnte zweimal knapp einem Wurfgeschoss ausweichen.” [6]

 

Die Demonstration konnte erkennbar nicht ausreichend von der Polizei geschützt werden. Augenzeugen berichten von der Ablehnung der Polizei, zusätzliche Kräfte heranzuziehen, sogar von Spott seitens einzelner Beamten. Stundenlang seien die Demonstranten eingekesselt, von den Gegendemonstranten beschimpft und von ihnen mit Flaschen und Steinen beworfen worden, ohne dass die Polizei der Lage Herr wurde. Das Versammlungsrecht der Demonstranten ist erkennbar nicht gewährleistet geworden.

 

[1]   http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/11562/2787930/pol-e-essen-friedliche-demonstrationen-in-der-essener-innenstadt

 

[2]   https://www.youtube.com/watch?v=5zoukXdlOvE

 

[3]   http://campuswatchude.wordpress.com/2014/07/18/solid-demo-endet-in-antisemitischer-gewalt-und-der-polizeieinsatz-in-einem-desaster/

 

[4]  https://www.facebook.com/photo.php?v=10152636241928338&set=vb.76653738337&type=2&theater

 

[5]   https://www.youtube.com/watch?v=JwlhC6eQtNg

 

[6]   http://campuswatchude.wordpress.com/2014/08/28/innenausschuss-des-landtages-diskutiert-heute-die-antisemitischen-ausschreitungen-vom-18-juli/

 

 

1.         Wie erklärt die Landesregierung die offensichtliche Differenz zwischen der Pressemitteilung der Polizei Essen vom 18. Juli und dem Bericht der Landesregierung vom 25. August mit der Vorlagenummer 16/2107? Gehen Sie insbesondere darauf ein, wie die Polizei Essen zu der Einschätzung kommen kann, die Demonstrationen seien friedlich und störungsfrei verlaufen.

 

Die Versammlung „Frieden in Nahost“ verlief störungsfrei. Es konnten weder gewaltbereite Personen noch das Zeigen, Beschädigen oder Verbrennen einer israelischen Fahne festgestellt werden. Auch aus der Versammlung „Gegen Antisemitismus und Terror“ heraus wurden keinerlei Gewalttätigkeiten begangen.

Erst nach Beendigung der Versammlung „Frieden in Nahost“ kam es zu dem im Bericht der Landesregierung vom 25. August mit der Vorlagenummer 16/2107 dargestellten unfriedlichen Einsatzverlauf.

 

 

2.         Ist die Landesregierung der Auffassung, die vorzeitige Beendigung der Demonstration „Frieden in Nahost“ und das anschließende Aus-dem-Ruder-Laufen der Versammlung wäre tatsächlich überraschend und unvorhersehbar gewesen?

 

Der Versammlungsleiter beendete gegen 17.50 Uhr unvermittelt und für die Polizei nicht absehbar die Versammlung. Die Gründe für das frühe Beenden, entgegen der Anmeldung bis 20.00 Uhr, sind weiterhin nicht bekannt.

 

 

3.         Wie erklärt die Landesregierung die Behauptung, es wäre keine Polizeisperre überwunden worden, wenn Berichte und Augenzeugen etwas anderes belegen?

 

Polizeiketten sind weder durchbrochen noch überwunden worden. Polizeikräfte lenkten den Strom der ehemaligen Versammlungsteilnehmer „Frieden in Nahost“, die ihren Weg in Richtung der Alten Synagoge fortsetzen wollten, im Bereich der Mayerschen Buchhandlung (im Videolink 2 der Kleinen Anfrage erkennbar)  ab.

 

 

4.         Wie erklärt die Landesregierung die Behauptung, Würfe hätten die Demonstranten ihres Wissens nach nicht erreicht, wenn es gegenteilige Zeugenaussagen gibt?

 

Der Polizei Essen ist auch nach heutigem Kenntnisstand nicht bekannt, dass Teilnehmer der Versammlung „Gegen Antisemitismus und Terror“ von Gegenständen getroffen wurden.

Auch im Videolink 2 der Kleinen Anfrage ist nach 4:47 Minuten nur erkennbar, wie zwei Gegenstände im unmittelbaren Bereich hinter den Polizeikräften zu Boden gehen. Bis in die Reihen der Versammlungsteilnehmer sind diese nach jetzigem Erkenntnisstand nicht geflogen.

 

 

5.         Welche Nachbereitung gibt es seitens der Essener Polizei sowie seitens der Landesregierung? Nennen sie konkrete geplante Maßnahmen mit Angaben von Zeiträumen.

 

Die Polizei Essen wird den Einsatz umfassend nachbereiten. Die Einsatznachbereitung ist noch nicht abgeschlossen.

Der Abschlussbericht der Einsatznachbereitung wird frühestens im November 2014 vorliegen.

Etwaig gewonnene Erfahrungen aus diesem Einsatz werden in zukünftige Einsatzplanungen einfließen.

 

 


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