< Zurück zum Blog
Das Dokument als PDF abrufen: Hier klicken!

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/7775

 

20.01.2015

 

 

 

 

Antrag

 

der Fraktion der FDP

 

 

Bürger wirksam schützen statt überwachen – Sicherheit braucht personalstarke Sicherheitsbehörden statt anlasslose Vorratsdatenspeicherung

 

 

I. Ausgangslage

 

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 8. April 2014 die Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung für mit europäischem Recht unvereinbar und ungültig erklärt und festgestellt, dass die anlasslose Speicherung von Daten der EU-Bürger einen erheblichen Eingriff in ihre Grundrechte darstelle. Die gespeicherten Daten erlaubten „(…) genaue Schlüsse auf das Privatleben der Personen, (…), etwa auf Gewohnheiten des täglichen Lebens, ständige oder vorübergehende Aufenthaltsorte, tägliche oder in anderem Rhythmus erfolgende Ortsveränderungen, ausgeübte Tätigkeiten, soziale Beziehungen dieser Personen und das soziale Umfeld, in dem sie verkehren“. Er unterstreicht, dass diese Maßnahmen daher geeignet seien, bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl zu erzeugen, ihr Privatleben sei Gegenstand einer ständigen Überwachung.

 

Gleichzeitig stellt der Gerichtshof klar, dass zwar die Bekämpfung schwerer Kriminalität, insbesondere der organisierten Kriminalität und des Terrorismus, von großer Bedeutung für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit sei und ihre Wirksamkeit in hohem Maß von der Nutzung moderner Ermittlungstechniken abhänge. Gleichwohl könne die Kriminalitätsbekämpfung als eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung eine derart ausgestaltete Vorratsdatenspeicherung nicht rechtfertigen – „(…) so grundlegend sie auch sein mag (…).“

 

Zuvor hatte bereits das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 2. März 2010 die deutschen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung für nichtig erklärt.

 

 


 

II. Aktuelle Entwicklungen

 

Nach den furchtbaren Terroranschlägen von Paris ist reflexartig der Ruf nach einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung erfolgt.

 

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) lehnt wie seine liberale Vorgängerin eine Vorratsdatenspeicherung zu Recht weiter ab und nennt es fahrlässig, den Leuten weiszumachen, dass Anschläge damit zu verhindern seien. „Die Vorratsdatenspeicherung gibt es in Frankreich, sie konnte auch den Anschlag in Paris nicht verhindern“, sagte er. „Und: Eine solche Speicherung verstößt gegen die Grundrechte. Das hat der Europäische Gerichtshof eindeutig festgestellt.“ Auch der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) stellte klar: „Anstatt die Telefondaten aller Bundesbürger zu speichern, sollten wir uns vielmehr um die Verdächtigen kümmern“.

 

Obwohl der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) einräumt, dass die Vorratsdatenspeicherung kein Mittel ist, um präventiv Anschläge zu verhindern, fordert er öffentlich erneut die anlasslose Überwachung aller Bürger in der vagen Hoffnung darauf, dass spätere Ermittlungen möglicherweise erleichtert werden könnten.

 

Einem terroristischen Angriff auf die Freiheit darf man nicht mit einem staatlichen Angriff auf die Freiheit begegnen. Wir dürfen nicht die Freiheit aufgeben, die wir jetzt verteidigen wollen und müssen.

 

 

III. Der Landtag stellt fest:

 

1.    Es ist unseriös und populistisch, nach terroristischen Untaten reflexartig verschärfte Sicherheitsgesetze einzufordern. Eine Instrumentalisierung des Terrors von Paris ist abzulehnen.

 

2.    Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist kein Mittel, um präventiv Anschläge auf unsere Bürger zu verhindern. Das sehen auch der Bundesjustizminister und die Justizminister der Länder so (vgl. Vorlage 16/2223). Sie stellt vielmehr eine abzulehnende anlasslose Überwachung aller Bürger dar. Auch aus Kreisen der EU-Kommission verlautete, derzeit werde kein neuer Vorschlag vorbereitet.

 

3.    Die schrankenlose Speicherung von Daten der Bürger ist mit dem Grundgesetz und dem Europäischen Recht nicht vereinbar. Jede anlasslose Speicherung von Daten der Bürger birgt die Gefahr eines unverhältnismäßigen Eingriffs in ihre Grundrechte, wie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Schutz personenbezogener Daten.

 

4.    Der Schutz des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens verlangt, dass sich die Ausnahmen vom Schutz personenbezogener Daten und dessen Einschränkungen auf das absolut Notwendige beschränken müssen. Durch eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung werden die Bürger zum Objekt staatlicher Überwachung gemacht.

 

 


 

IV. Beschlussfassung

 

1.    Der Landtag unterstützt die Auffassung des nordrhein-westfälischen Justizministers, dass sich der Staat um die Verdächtigen kümmern sollte, anstatt die Telefondaten aller Bundesbürger zu speichern.

 

2.    Der Landtag fordert die Landeregierung auf, sich auf Bundesebene gegen die Einführung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

 

 

 

 

Christian Lindner

Christof Rasche

Dr. Robert Orth

Marc Lürbke

Dirk Wedel

 

und Fraktion

 


< Zurück zum Blog
Das Dokument als PDF abrufen: Hier klicken!