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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/8645

 

12.05.2015

 

 

 

 

Antrag

 

der Fraktion der CDU

 

 

Datenschutz und Datenwirtschaft – Industrie 4.0 braucht modernen europäischen Datenschutz

 

 

In den westdeutschen Bundesländern ist die Wirtschaft zwischen 1991 und 2013 um mehr als 9 Prozentpunkte stärker gewachsen als in Nordrhein-Westfalen. Ohne diese Wachstumslücke hätte Nordrhein-Westfalen heute mehr als 300.000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und jährliche Steuermehreinnahmen von 3,2 Mrd. Euro. Nordrhein-Westfalen benötigt daher dringend eine Politik für mehr Wirtschaftswachstum.

 

Nordrhein-Westfalen ist Industrieland: 29% unserer Bruttowertschöpfung entfällt auf die Industrie. Zum Vergleich: In der EU entfallen nur 19% der Bruttowertschöpfung auf die Industrie. Wachstumstreiber Nr. 1 im Industrieland Nordrhein-Westfalen wird die zunehmende Digitalisierung sein: Der Branchenverband BITKOM und das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation gehen von einem zusätzlichen jährlichen Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozentpunkten durch Industrie 4.0 aus. Eine wachstumsorientierte Politik muss daher Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung von Industrie 4.0 in unserem Land schaffen.

 

Mit der zunehmenden digitalen Vernetzung von Produktionsprozessen und Produkten entstehen große Datenmengen. Sie werden zur Handelsware und wichtigstem „Rohstoff“ der digitalen Revolution. Daten können durch Vernetzung und intelligente Auswertung erheblich Ressourcen einsparen. Echtzeitkommunikation über den Status von Maschinen und Produkten reduziert beispielsweise Durchlaufzeiten und Bestände.

 

Auswertung und Nutzung von Daten können aber auch den Alltag des Nutzers einfacher und risikoarmer machen sowie die Lebensqualität verbessern: Der Kühlschrank sendet automatisch eine Einkaufsliste mit fehlenden Lebensmitteln an das Smartphone, Verkehrsapps berechnen die beste Uhrzeit, um am schnellsten und sichersten von der Arbeit nach Hause zu kommen und Smart Metering hilft, den Energieverbrauch optimal auf die individuellen Bedürfnisse anzupassen.

 

 

Industrie 4.0 wird nur gelingen, wenn Daten genutzt werden können. Dazu brauchen wir zum einen leistungsfähige Breitbandnetze. Lediglich 10% der nordrhein-westfälischen Gewerbegebiete sind derzeit ans schnelle Internet angeschlossen. Jeder vierte Haushalt hat noch keinen Zugang zur Datenautobahn, im ländlichen Raum verfügen gerade einmal 40% der Haushalte über einen Breitbandanschluss. Ohne schnelle Datenautobahnen wird Industrie 4.0 nicht erfolgreich umgesetzt werden können.

 

Zum anderen müssen wir nordrhein-westfälische Unternehmen rechtlich in die Lage versetzen, Daten verarbeiten zu dürfen, um damit Mehrwert generieren zu können. Außereuropäische Unternehmen nutzen die Daten ihrer Kunden und Nutzer, um ihr Geschäftsmodell voranzutreiben, mehr über den personenbezogenen Konsum zu erfahren oder zielgerichtet passende Werbung anzubieten. Das Know-how, Daten zu sammeln, auszulesen und für ihre Geschäftszwecke zu nutzen, haben auch nordrhein-westfälische Unternehmen – allerdings werden sie durch europäische und deutsche Datenschutzbestimmungen an einer entsprechenden Nutzung oftmals gehindert. Dies ist im internationalen Wettbewerb ein zunehmender Wettbewerbsnachteil.

 

Derzeit diskutiert die Europäische Union eine neue Datenschutzgrundverordnung. Die Verordnung soll die Regeln für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch private Unternehmen europaweit vereinheitlichen und die bestehende Verordnung von 1995 ersetzen. Mit ihrer Umsetzung wird sie den Datenschutz in Europa auf die nächsten Jahre definieren und festlegen, wie Daten von EU-Bürgern genutzt werden dürfen. Damit wird sie einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Industrie 4.0 in Europa haben.

 

In diesen Prozess muss sich Nordrhein-Westfalen aktiv einbringen. Wir müssen klären wie wir Datenschutz und Datennutzung in Einklang bringen, damit wir Persönlichkeitsrechte schützen und gleichzeitig Industrie 4.0 ermöglichen. Und es muss geklärt werden, wie wir diese Regeln auch gegen außereuropäische Konzerne wie Google und Facebook durchsetzen. Wenn europäischer Datenschutz nur auf europäische Unternehmen Anwendung findet, ergibt sich für diese ein nicht hinnehmbarer wirtschaftlicher Nachteil.

 

Der Landtag beschließt:

 

1.      Die Landesregierung wird aufgefordert, sich aktiv in die derzeit laufenden Verhandlungen zur gemeinsamen EU-Datenschutzgrundverordnung einzubringen.

2.      Der europäische Datenschutz muss Datenwirtschaft unter gleichen Bedingungen für alle Anbieter ermöglichen und darf sie nicht verhindern. Datenvielfalt und Datenreichtum  müssen in anonymisierter und pseudonymisierter Form ermöglicht werden.

3.      Datenschutzfreundliche Anonymisierungs- und Pseudonymisierungstechnologien sind zu fördern. Gleichzeitig sind Transparenzprinzipien zu stärken und die Kontroll- und Sanktionsmechanismen bei Verstößen gegen das Datenschutzrecht zu verbessern.

 

 

Armin Laschet                                                                                 

Lutz Lienenkämper                                                                          

Hendrik Wüst

Thorsten Schick

Robert Stein

 

und Fraktion


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