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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/12050

 

23.05.2016

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 4682 vom 18. April 2016

der Abgeordneten Birgit Rydlewski PIRATEN und

Daniel Schwerd   FRAKTIONSLOS

Drucksache 16/11775

 

 

 

Ist alles mit rechten Dingen zugegangen bei den Durchsuchungen am Hambacher Forst am 11.04.2016?

 

 

Der für den Braunkohlentagebau vorgesehene Hambacher Forst im Kreis Düren ist seit vier Jahren von Klimaaktivist/innen besetzt. Seit dieser Zeit kommt es immer wieder zu Zwischenfällen zwischen Besetzer/innen und der Polizei bzw. dem Sicherheitsdienst des RWE – so auch zwischen dem 22. und 29. Februar dieses Jahres.

 

Am Montag, den 11.04.2016, wurden daher sowohl die „Wiese“ am Rande des Hambacher Forstes als auch die WAA („Werkstatt für Aktionen und Alternativen“) in Düren-Gürzenich durch ein Großaufgebot der Polizei durchsucht.

 

Bei diesen Durchsuchungen seien laut der Aachener Staatsanwaltschaft Camp acht Zwillen im Camp und eine weitere in der WAA in Düren gefunden worden – eine Zuordnung dieser Zwillen zu bestimmten Personen sei aber schwierig, heißt es. [1]

 

Der der Aktion zugrunde liegende Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Hagen datiert vom 08.03.2016. Nach Aussagen der Klimaaktivist*innen wurde dieser Durchsuchungsbeschluss den Aktivist/innen auf der Wiese erst nach Stunden gezeigt, nicht aber den von der Durchsuchung Betroffenen in der WAA. Auch sei weder der Inhaber des Grundstücks gemäß § 106 StPO bei der Durchsuchung hinzugezogen noch den Anwesenden die Gelegenheit gegeben worden, die Polizist*innen bei der Durchsuchung zu begleiten. Auch sei ihnen ein Beschlagnahmeverzeichnis gemäß § 107 StPO nicht ausgehändigt worden.

 

 

Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 4682 mit Schreiben vom 20. Mai 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet.

 

 

1.      Für wie stichhaltig hält die Landesregierung Ermittlungsergebnisse in dieser Sache, insbesondere was die Zuordnung von gefundenen Gegenständen zu Personen angeht, wenn zwischen den angezeigten Vorfällen und der Durchsuchung fast sechs Wochen vergangen sind?

 

Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung, die Stichhaltigkeit von Ermittlungsergebnissen zu bewerten. Zudem hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Aachen berichtet, dass in dem angesprochenen Verfahren konkrete Ermittlungsergebnisse noch nicht vorlägen. Es seien zahlreiche Gegenstände sichergestellt worden, deren Auswertung andauere. Der zwischen den anlassgebenden Taten und der Vollstreckung der Durchsuchungsbeschlüsse eingetretene Zeitablauf sei im Übrigen nicht ungewöhnlich, zumal eine umfangreiche Einsatzplanung erforderlich gewesen sei.

 

 

2.      Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die am 11.04. durchgeführten strafprozessualen und verwaltungsrechtlichen Maßnahmen (Festnahmen, Beschlagnahmungen, Durchsuchungen etc.) ordnungsgemäß dokumentiert und die den Betroffenen zustehenden Dokumentationen diesen schriftlich ausgehändigt werden?

 

3.      Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass bei Durchsuchungen im Zusammenhang mit dem Hambacher Forst nicht immer wieder gegen die Vorschriften der §§ 106 und 107 StPO verstoßen wird?

 

Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet: Während der Durchsuchung des sogenannten Wiesencamps ist nach den Berichtsausführungen des Leitenden Oberstaatsanwalts in Aachen dem Grundstückseigentümer, der vor Ort gewesen sei, eine Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses übergeben worden. Auch sonst könnten nach den bisherigen Erkenntnissen Verstöße gegen die genannten Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO) nicht festgestellt werden. Dementsprechend stehen der staatsanwaltschaftlichen Sachbehandlung nach der Bewertung der Generalstaatsanwältin in Köln Bedenken nicht entgegen.

 

 

4.      Welche weiteren Ermittlungsmaßnahmen (Personalienfeststellungen, technische Überwachung, Abhören von Handys / Richtfunk, Überwachung von Mailverkehr oder weitere Abhöreinrichtungen) wurden und werden für die Ermittlungen im Hambacher Forst herangezogen? Geben Sie für jede Ermittlungsmaßnahme die juristische Grundlage an.

 

Dem Bericht der Generalstaatsanwältin in Köln zufolge sind aufgrund der Vielzahl der Verfahren umfassende Angaben zu den im Einzelnen jeweils durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen in der Kürze der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten. Grundsätzlich stünden in einschlägigen Verfahren sämtliche der in der StPO normierten Ermittlungsmaßnahmen zur Verfügung, sofern die jeweiligen Eingriffsvoraussetzungen erfüllt seien. In dem Verfahren, in dem am 11. April 2016 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt wurden, seien u. a. Zeugenvernehmungen und erkennungsdienstliche Behandlungen durchgeführt worden. Zu aktuellen oder künftigen Maßnahmen können mit Blick auf eine mögliche Gefährdung des Ermittlungserfolges nähere Angaben nicht gemacht werden.

5.      Der momentan betriebene Aufwand (mehrere Großeinsätze mit zahlreichen Hundertschaften, Hunde- und Reiterstaffeln, Hubschraubern, permanente Anwesenheit von zahlreichen Beamten zur Überwachung der Wiese etc.) im Hambacher Forst ist extrem hoch. Wie sieht die diesbezügliche Strategie der Landesregierung für die Zukunft aus (z.B. sollen die betriebenen Maßnahmen fortgeführt werden, sollen sie intensiviert werden, oder werden Möglichkeiten zur Deeskalation der Lage gesehen)?

 

Die zuständigen Behörden treffen lageangepasst und unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls die erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung. Letztere ist dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Legalitätsprinzip gemäß § 152 Absatz 2 StPO grundsätzlich ein gesetzliches Gebot besteht, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

 

 



[1] http://www.ksta.de/region/rhein-erft/kerpen/hambacher-forst-initiative-distanziert-sich-von-gewalt---vorgaenge-thema-im-landtag-23886942


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