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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/1439

 

15.11.2012

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 516 vom 28. September 2012

des Abgeordneten Kai Abruszat    FDP

Drucksache 16/1019

 

 

 

Nationalparkplanungen: Welchen Beitrag leistet ein Nationalpark Senne/Teutoburger Wald-Eggegebirge zum Schutz von vom Aussterben bedrohten Arten?

 

 

 

Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 516 mit Schreiben vom 14. November 2012 namens der Landesregierung beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz verweist in verschiedenen Pressemitteilungen auf den Umstand, dass jedes Jahr weltweit 14.000 Tier- und Pflanzenarten aussterben. In einer Pressemitteilung vom 11.07.2012 heißt es hierzu: „Weltweit verschwinden gegenwärtig etwa 14.000 Arten unwiederbringlich.“[1] In einer Veröffentlichung vom 18.10.2011 ist zu lesen: „Wir sind zur Bewahrung der Schöpfung verpflichtet, schon heute verschwinden jedes Jahr 14.000 Tier und Pflanzenarten.“

 

In derselben Pressemitteilung wird zudem ein Lösungsweg zum Schutz von vom Aussterben bedrohter Arten vorgeschlagen. Dort heißt es: „Ein Nationalpark ist der beste Schutz den wir haben, um zu verhindern, dass die Festplatte unserer Erde gelöscht wird.“ [2]

Hierzu wird in der bereits erwähnten Pressemitteilung vom 11.07.2012 darauf hingewiesen, dass auch kleine Räume einen Beitrag leisten können. Dort heißt es: „Naturräume wie diese Naturwaldzelle sind ein kleiner Beitrag, um den Artenschwund zumindest hier in Nordrhein-Westfalen auf kleinem Raum zu stoppen.“ Damit ist die Naturwaldzelle „Schiefe Wand“ im Sauerland gemeint, die im Rahmen der Naturerbe-Tour des Umweltministers besucht wurde und eine Größe von 72ha hat.

Die internationale Naturschutzorganisation IUCN verzeichnet dagegen in ihrer Roten Liste „nur“ 801 ausgestorbene Arten. Weitere 63 Arten leben nur noch in menschlicher Obhut. Als vom Aussterben bedroht werden 3.947 Arten bezeichnet. 5.766 gelten als stark gefährdet, 10.104 als gefährdet.[3]

 

 

1.         Auf welcher Datenbasis beruht die Aussage, dass jährlich 14.000 Arten aussterben?

 

Wie viele Arten jedes Jahr aussterben, hängt von der weltweiten Artenzahl und von der Aussterberate pro Jahr ab. Das grundsätzliche Problem besteht darin, dass keine validen Zahlen dazu vorliegen, wie viele Arten weltweit jedes Jahr aussterben. Es ist nicht bekannt, wie viele Arten auf der Erde wirklich existieren und auch die tatsächliche Aussterberate kann nicht genau beziffert werden.

 

Die Datenbasis von jährlich 14.000 aussterbenden Arten beruht auf einer Veröffentlichung von George Tyler Miller Jr. und Scott Spoolman („Living in the environment: Principles, connections and solutions“, 16th edition, 2009) sowie auf einem Vortrag von Dr. Lynne Trulio, Department of Environmental Studies an der San José State University in Kalifornien („Understanding the Global Biodiversity Crisis“, 2007).

 

Die Angaben zu der weltweiten Aussterberate reichen von 5.000 Arten bis zu 100.000 Arten. Die natürliche Aussterberate – erdgeschichtlich vor der Menschheit – wird auf 0,0001 % pro Jahr geschätzt. Von derzeit angenommenen 14 Millionen Arten weltweit und einer Aussterberate von 0,1 % pro Jahr würden 14.000 Arten jährlich aussterben. Dies ist eine konservative Schätzung, denn aktuell sterben Arten 100- bis 1.000-mal schneller aus als das natürlicherweise der Fall wäre.

 

In einer Veröffentlichung des Bundesumweltministeriums zur 9. UN-Naturschutzkonferenz in Bonn im Jahr 2008 („Fakten zum Thema Biodiversität“, Stand: September 2007) wird von 15.500 weltweit vom Aussterben bedrohten Arten gesprochen. Der IUCN-Report aus dem Jahr 2008 („Wildlife in a changing world. An analysis of the 2008 IUCN Red List of Threatened Species“) geht von fast 17.000 bedrohten Arten aus. Der Biodiversitätsforscher Prof. Edwart O. Wilson wiederum nennt eine jährliche Aussterberate von rund 27.000 Arten. Vor diesem Hintergrund hat sich das Land Nordrhein-Westfalen an der konservativen Schätzung von 14.000 Arten orientiert.

 

 

2.       Wie viele der in diesem und im nächsten Jahr aussterbenden 14.000 Arten haben Populationen in den zurzeit zur Diskussion stehenden Gebietskulissen des geplanten Nationalparks in Ostwestfalen-Lippe?

 

3.       Auf welche Weise kann ein Nationalpark in Ostwestfalen-Lippe das Aussterben der in Ziffer 2 genannten Arten verhindern?

 

 

 

 

 

 

4.       Welche vom Aussterben bedrohten Arten, die in der derzeit zur Diskussion stehenden Gebietskulissen eines Nationalparks in OWL vorkommen, benötigen einen größeren Lebensraum, als ihn zum Beispiel eine Naturwaldzelle wie die „Schiefe Wand“ bietet?

 

Die Fragen 2 bis 4 der Kleinen Anfrage werden gemeinsam beantwortet:

 

Angesichts des weltweiten Artensterbens trägt das Land Nordrhein-Westfalen für den Erhalt des wertvollen Naturerbes eine besondere Verantwortung. Ein wesentliches Ziel der Naturschutzpolitik besteht darin, in den nächsten Jahren eine Trendwende beim Rückgang der biologischen Vielfalt einzuläuten. Aus diesem Grund erarbeitet das Land Nordrhein-Westfalen derzeit auf Grundlage der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt (NBS) eine landesweite Biodiversitätsstrategie. In dieser Strategie ist die Realisierung von Nationalparkprojekten ein wichtiger Baustein.

 

Welche Arten konkret in diesem und nächsten Jahr in den zurzeit zur Diskussion stehenden Gebietskulissen aussterben werden, ist im Vorgriff nicht bekannt und könnte nur sehr spekulativ beantwortet werden. Als Beispiel für vom Aussterben bedrohte Arten im Bereich des potenziellen Nationalparks Teutoburger Wald kann das Haselhuhn genannt werden. Wie die meisten Wirbeltiere benötigt es zum Populationserhalt einen größeren naturnahen und reich strukturierten Lebensraum als die ca. 72 ha große Naturwaldzelle „Schiefe Wand“.

 

Insgesamt geht es um den Erhalt bzw. die dauerhafte Sicherung wertvoller Lebensräume mit ihrem weiten Spektrum an verschiedenen Biotopen und diversen Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Was der tropische Regenwald als weltweit bedeutendes Refugium für Flora und Fauna  in anderen Teilen der Welt ist, sind für Nordrhein-Westfalen die international bedeutsamen Buchenwälder.

 

 

 



[1] http://www.umwelt.nrw.de/ministerium/presse/presse_aktuell/presse120711.php

[2] http://www.umwelt.nrw.de/ministerium/service_kontakt/archiv/presse2011/presse111018_a.php

[3] http://www.iucnredlist.org/


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