Die Würde des Menschen

Stell Dir vor, nachts um drei kommt die Polizei und nimmt Dir die Decke weg.

Stell Dir vor, Du stehst nach mehreren Tagen Fußmarsch im eiskalten Regen, und darfst Dich nicht unter einer Plane schützen.

Ganz egal, ob die Demonstration genehmigt ist oder nicht, ganz egal, ob die Flüchtlinge ihre Aufenthaltsgenehmigung bekommen oder nicht – so behandelt man keine Menschen. Das ist unwürdig.

GG Artikel 1 (1)
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Schämt Euch

Ich kotze: Menschenrechte sind unwichtig, über Brüste würden sie berichten. Es war offenbar tatsächlich die BILD-Zeitung, die Piratinnen zum Brüste-Entblößen aufgefordert hat. Ich bin wütend, dass diese Journallie junge Frauen, die ein Anliegen transportieren wollen, zum blankziehen zwingen wollen. Meines Erachtens ein Fall für den Presserat.

Glücklicherweise haben die Damen die Presse getrollt und sich nicht entblößt.

BILD und der Rest vom Boulevard: Schämt Euch. Berichtet über die unmenschliche Behandlung der Flüchtlinge, denen man Decken und Isomatten wegnimmt, die im Stehen übernachten, die ihre Rücksäcke ständig tragen müssen. Das ist nämlich wichtig.

Foto: CC BY-NC-SA 2.0 von handverbrennung

Beschwerde an Bezirksbürgermeister Hanke, Berlin-Mitte, wegen der Vorgänge um das Flüchtlingscamp

Angeregt von Zoqz habe ich eine Email gesendet, in der ich mich wegen der Vorgänge um das Flüchtlingscamp beschwere.

E-Mail: christian.hanke@ba-mitte.verwalt-berlin.de

Sehr geehrter Herr Dr. Hanke,

wie den Medien zu entnehmen ist, wurden den hungerstreikenden Asylbewerbern am Pariser Platz Decken, Isomatten und Schlafsäcke von der Polizei weggenommen. Selbst das Ausstopfen der Kleidung mit Zeitung wird untersagt. Sie als Bezirksbürgermeister sind meines Erachtens nach mit verantwortlich für diese Vorkommnisse. Außerdem sind Sie Mitglied bei Amnesty International, für mich ein bitterer Widerspruch.

Die Proteste am Pariser Platz verlaufen seit Tagen komplett gewaltlos. Bei den Protestierenden handelt es sich um Menschen, die auf der Suche nach einem besseren Leben in unser Land gekommen sind. Erst am 27. Juni hat die Bundestagsfraktion Ihrer Partei bessere Bedingungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber gefordert. Den Anspruch, auch diesen Menschen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen, wurde mit diesem Polizeieinsatz mit Füßen getreten.

Ihrem Lebenslauf entnehme ich, dass Sie im Fach Philosophie promoviert haben. Haben Sie sich Gedanken gemacht, ob nicht eben dieser Polizeieinsatz und aktiv praktizierte Exklusion dieser Menschen vom politischen Diskurs kontraproduktiv, womöglich sogar moralisch verwerflich sein könnte? Es handelt sich um die Ärmsten der Armen, die dort in klirrender Kälte ausharren. Auch diese Menschen haben Rechte, für die Sie sich persönlich mit Ihrer Mitgliedschaft bei Amnesty International engagieren.

Denken Sie bitte auch an die Gewissensnöte, welche Polizisten ausgesetzt sind, die diese Anweisungen umsetzen müssen, sowie an das Bild, welches die Behörden und Organe der Bundesrepublik Deutschland in der Weltöffentlichkeit dadurch abgeben.

Ich möchte Sie herzlich bitten, innezuhalten und nachzudenken, ob nicht ein menschenwürdiger Umgang mit den Hungerstreikenden möglich wäre, ob nicht ein offenes Ohr statt eine verschlossene Tür das bessere Signal an die Asylbewerber wäre, ob nicht alternatives Handeln möglich wäre.

Die Werte, für die Sie – persönlich, aber auch mit Ihrer Partei – stehen, werden momentan eklatant verletzt. Meine Solidarität gilt den dort ausharrenden Asylbewerbern, und auch Sie sollten ihnen friedlichen, menschenwürdigen Protest ermöglichen.

Ich bitte Sie, diese Nachricht an die ggf. zuständigen Stellen weiterzuleiten.

Um Antwort wird gebeten.

Mit freundlichen Grüßen,

Daniel Schwerd MdL

Daniel Schwerd
Piratenfraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen
Sprecher für Wirtschaft, Netz- und Medienpolitik
Platz des Landtags 1
40221 Düsseldorf

Update 13:15h:
Es gibt mittlerweile auch eine eindeutige Positionierung durch den Vorstand der Piratenpartei Deutschland. Danke!
PIRATEN unterstützen Protestcamps in Berlin und Frankfurt am Main

Update 17:30h:
Die vier Piratenfraktionen haben eine gemeinsame Pressemitteilung herausgegeben:
Wir fordern menschlichere Asylpolitik