Duldet der Innenminister rechtsfreie Räume bei Nazi-Demonstrationen?

Ein Armutszeugnis und eine Kapitulationserklärung der Polizei NRW vor Neonazis. So muss man die Antwort des Innenministeriums auf meine kleine Anfrage zum Thema „Rechtsfreier Raum Nazidemo in NRW? Symbol verbotener Organisation auf Duigida-Demo unter den Augen der Polizei“ empfinden.

Auf der Duigida-Demonstration in Duisburg am 1. Februar 2016 trugen Demonstranten ein Banner „Good Night Left Side“ durch die Straßen, in dessen Mitte zwischen dem zweiten und dritten Wort das in rechtsradikalen Kreisen beliebte, verbotene Symbol „Keltenkreuz“ abgebildet war. Fotos zeigen, dass die Zurschaustellung dieses Symbols unter den Augen der Polizisten geschah, welche die Demonstration bewachten, ohne dass diese eingriffen. Bei Gegendemonstranten, die diesen Umzug zu blockieren versuchten, wurden hingegen noch vor Ort die Personalien festgestellt.

Zwar betonte der Innenminister in seiner nunmehr vorliegenden Stellungnahme, dass „die konsequente und beweissichere Verfolgung von Straftaten zu den Kernaufgaben der nordrhein-westfälischen Polizei“ gehöre. Jedoch musste er einräumen, dass ihm weder statistischen Erkenntnisse über die Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen auf Demonstrationen vorliegen, noch dass die Einsatzkräfte vor Ort die strafrechtliche Relevanz des Keltenkreuzes erkannt hatten.

Die Antworten zeigen eine erschreckende Unkenntnis der verantwortlichen Stellen. Es ist ein Armutszeugnis und eine Kapitulationserklärung der Nordrhein-Westfälischen Polizei gegenüber rechtsgerichteten Demonstrationen. Zudem werden hier erhebliche Mängel in der Ausbildung und Organisation der Polizei in NRW deutlich. Wieso reagierte die Polizei auf die verbotenen rechtsradikalen Symbole nicht einmal dann, als sie von Augenzeugen darauf hingewiesen wurde?

Mir reicht das alles nicht. Wegen der ungeklärten Fragen stelle ich eine neue kleine Anfrage an den Innenminister. „Nachfrage zum Keltenkreuz auf Duigida-Demo: Armutszeugnis und Kapitulationserklärung?“

Armutszeugnis und Kapitulationserklärung der Polizei NRW vor Nazis

FightNazis

Auf der Duigida-Demonstration in Duisburg am 1. Februar 2016 trugen Demonstranten ein Banner „Good Night Left Side“ durch die Straßen, in dessen Mitte zwischen dem zweiten und dritten Wort das in rechtsradikalen Kreisen beliebte, verbotene Symbol „Keltenkreuz“ abgebildet war. Fotos zeigen, dass die Zurschaustellung dieses Symbols unter den Augen der Polizisten geschah, welche die Demonstration bewachten, ohne dass diese eingriffen. Bei Gegendemonstranten, die diesen Umzug zu blockieren versuchten, wurden hingegen noch vor Ort die Personalien festgestellt.

Ich habe daraufhin die Landesregierung gefragt (Drucksache 16/11018), welche Fälle noch bekannt sind, in denen solche Kennzeichen auf Demonstrationen gezeigt wurden, warum keine Rechtsverfolgung vor Ort stattfand, und welche Folgen sie nun daraus zieht.

Die Landesregierung hat inzwischen geantwortet (Drucksache 16/11320). Sie räumt ein, dass das Zeigen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen bei versammlungsrechtlichen Veranstaltungen landesweit nicht gesondert erfasst wird. Zahlen liegen also nicht vor. Demzufolge ist also auch nicht bekannt, wann die Polizei eingriff und wann nicht.

Während der Demonstration sei durch die Einsatzkräfte zwar das beschriebene Banner mit Keltenkreuz gesehen, jedoch nicht als Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation erkannt worden. Erst im Nachgang wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86 a StGB eingeleitet. Zuständig sei die Staatsanwaltschaft Duisburg, die Ermittlungen dauern derzeit an. Ausserdem erklärt die Landesregierung, dass eine Sensibilisierung der Einsatzkräfte erfolgt sei.

Die Landesregierung teilt mir in der Antwort folgendes mit: „Da die Einsatzkräfte die strafrechtliche Relevanz nicht erkannten, unterblieben erste strafprozessuale Maßnahmen. In diesem Zusammenhang ist jedoch festzustellen, dass die Vielzahl verbotener Kennzeichen und deren Varianten – auch vor dem Hintergrund der sich stets fortentwickelnden unterschiedlichen Rechtsprechung – eingesetzte Polizeibeamte immer wieder vor Schwierigkeiten in der rechtlichen Einordnung stellt.“

Ein Armutszeugnis und eine Kapitulationserklärung vor Nazis.

Rechtsfreier Raum Nazidemo in NRW?

Mephisto

Symbol verbotener Organisation auf Duigida-Demo unter den Augen der Polizei

Auf der Duigida-Demonstration in Duisburg am 1. Februar 2016 trugen Demonstranten ein Banner „Good Night Left Side“ durch die Straßen, in dessen Mitte zwischen dem zweiten und dritten Wort ein Keltenkreuz (Fadenkreuz, also die Darstellung eines gleichschenkligen Balkenkreuzes, um dessen Schnittpunkt ein Ring gelegt ist) abgebildet war. Fotos zeigen, dass die Zurschaustellung dieses Symbols unter den Augen der Polizisten geschah, welche die Demonstration bewachten, ohne dass diese eingriffen. Bei Gegendemonstranten, die diesen Umzug zu blockieren versuchten, wurden hingegen noch vor Ort die Personalien festgestellt. Sie müssen mit Ermittlungen wegen Nötigung rechnen.

Das gleichschenklige Keltenkreuz war das Symbol der 1982 nach zwei Morden verbotenen, rechtsextremen „Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands / Partei der Arbeit“. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 1. Oktober 2008, Az. 3 StR 164/08) kann auch eine isolierte Verwendung dieses Kennzeichens nach § 86a des deutschen Strafgesetzbuches strafbar sein, wenn nicht die äußeren Umstände eindeutig ergeben, dass der Schutzzweck der Norm nicht tangiert ist – wie das bei der Demonstration zweifellos der Fall ist. Diese Tat kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Darüber hinaus lässt sich das Symbol – gesehen als Fadenkreuz, verbunden mit dem Spruch „Good Night Left Side“ – als Aufforderung zur Gewalt interpretieren. Die Polizei ließ diesen strafbaren Zustand ungeahndet.

In Duisburg herrscht – unter dem Deckmantel der Demonstration „besorgter Bürger“ – mittlerweile offenes Nazitum. Die Polizei lässt die Rechtsextremen gewähren. Gegendemonstranten hingegen müssen mit sofortigen Maßnahmen rechnen. Das ist ein unerträglicher Zustand: Auch rechte Demonstrationen dürfen kein rechtsfreier Raum sein. Gerade einmal zwei Stunden zuvor befand sich Innenminister Jäger mit Personenschutz im Duisburger Bahnhof.

Ich habe daher die Landesregierung gefragt (Drucksache 16/11018):

  1. Bei welchen Demonstrationen wurden seit Anfang 2012 bis heute Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gezeigt? Nennen Sie jeden einzelnen Fall.
  2. Bei welchen dieser Fälle griff die Polizei nicht ein?
  3. Aus welchen Gründen griff die Polizei jeweils nicht ein?
  4. Wie bewertet die Landesregierung das Zeigen des Banners mit dem „Keltenkreuz“ auf der Duisburger „Duigida“-Demonstration am 01. Februar 2016? Gehen Sie darauf ein, inwieweit es sich um eine strafbare Handlung handelt, sowie inwieweit der Eingriff der Polizei geboten wäre. Begründen Sie, warum in diesem Falle nicht eingegriffen wurde, sowie die Verhältnismäßigkeit im Vergleich zum Umgang mit Gegendemonstranten.
  5. Was unternimmt die Landesregierung, um das Zeigen verbotener Symbole auf solchen Demonstrationen zukünftig zu unterbinden?

Flüchtlinge willkommen? Ja, aber nicht vor meiner Haustür!

Bei Youtube hat Bjoern Tielebein einen Beitrag der Berliner Abendschau vom 28. September 1989 hochgeladen, der angesichts der Pegida-Proteste aktueller kaum sein könnte. Auch damals beschwerten sich Anwohner über den Bau eines Flüchtlingsheimes, welches den Ausblick aus ihren Fenstern störe. Auch damals beteuerte man, nichts gegen Flüchtlinge zu haben. Nur halt nicht gerade da.

Der einzige Unterschied: Damals waren es Flüchtlinge aus dem anderen Teil Deutschlands. Ich bin ganz froh, dass man „die Sorgen der Bevölkerung“ damals wohl nicht so „ernst genommen“ hat. Sonst gäbe es vielleicht gar keine Wiedervereinigung.

Würden sich die Pegida-Demonstranten in Dresden doch ebenfalls an die Zeit erinnern, wo Deutsche, auch aus ihrer Stadt, als Flüchtlinge Schutz und Hilfe gesucht haben:

Dankeschön, Bjoern Tielebein, für dieses Kleinod!