Rechenschaftsbericht 2011

Zu den Aufgaben des ersten Vorsitzenden gehört es, den Kreisverband überregional zu repräsentieren, und zwar sowohl innerhalb der Partei als auch ausserhalb.

Ich habe dazu an den Veranstaltungen und Parteitagen der Piratenpartei auf Landes- und Bundesebene teilgenommen, so etwa den Parteitagen, dem KKK und anderen Treffen. An vom Kölner Kreisverband organisierten oder unterstützen Aktionen wie dem CSD oder „Köln stellt sich quer“ habe ich mich ebenfalls aktiv beteiligt.

Weiter habe ich an netzpolitischen Veranstaltungen wie dem Politcamp in Bonn und der re:publica in Berlin teilgenommen, und war aktiv in den erfolgreichen Aktionen bei den Grünen und der SPD zum Thema „Jugendmedienschutzstaatsvertrag“.

Auch das ein oder andere Interview konnte ich geben, so für das Campusradio Köln bzw. dem „Neues Deutschland“, auch wenn das nicht so viele waren, wie ich das gerne gehabt hätte. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft intensivieren lässt.

Ich habe meine Vernetzung innerhalb der Landes- und Bundespartei sowie innerhalb der netzpolitischen Szene im Internet genutzt, piratige Themen allgemein, sowie solche des Kölner Kreisverbandes zu befördern und zu verteilen, über Blogs, Twitter, Foren und Mailinglisten.

Umgekehrt habe ich mich bemüht, allgemeine Netzthemen und politische Themen aus Bundes- und Landespartei sowie aus der öffentlichen Diskussion aufzunehmen und in den Kölner Kreisverband zu tragen, sowie politische Anstöße zu diesen Themen in Köln zu geben. Dazu habe ich die verschiedenen Internetkanäle und den Stammtisch genutzt. Dabei habe ich stets versucht, einen neutralen Standpunkt einzunehmen und zu vermitteln, wenn es unterschiedliche Auffassungen dazu gab.

Das vergangene Jahr war nach dem stürmischen Aufbau der Partei und dem Kreisverband von spürbarer Konsolidierung geprägt. Die Mitgliederzahl ist derzeit stagnierend, und der Kreis aktiver Piraten überschaubar. Bevor ab übernächstem Jahr wieder Wahlkämpfe auf kommunaler Ebene, EU, Land und Bund auf uns zukommen werden und uns dann nonstop in Atem halten werden, müssen wir wieder wachsen, und neue aktive Piraten gewinnen. Allein die Zahl notwendiger Kandidaten, um alle möglichen wählbaren Positionen zu besetzen, stellt uns bereits vor eine Herausforderung.

Speziell für die Kommunalwahlen müssen wir Profil gewinnen und die Sichtbarkeit steigern, wenn wir wirklich erreichen wollen, in den regionalen Parlamenten und Räten vertreten zu sein. Dazu sollten wir das kommende Jahr nutzen. Ich lade Euch ein, dies mit uns zu tun. Wir haben die Chance, flächendeckend in kommunale Parlamente einzuziehen. Nur über diesen Weg kann es gelingen, dann später auch auf Landes- und Bundesebene erfolgreich zu sein.

Kurzfristig steht noch der Berliner Wahlkampf an. Hier bietet sich die einzige kurzfristige Chance für die Piratenpartei, in ein Landesparlament zu kommen. Ich habe mir vorgenommen, den Berliner Wahlkampf zu unterstützen, und würde mich über Mitstreiter freuen.

Christopher Street Day: Liebe ist…

…verboten? Zumindest dann, wenn es nach der Gesetzgebung der weltweit insgesamt 80 Länder geht, in denen laut des Berichts der „International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association“ (ILGA) aus dem Jahr 2009 homosexuelle Handlungen immer noch illegal sind. In Mauretanien, Saudi Arabien, Sudan, Iran und Jemen, sowie in Teilen Nigerias und Somalias können homosexuelle Handlungen sogar mit dem Tode bestraft werden.

In Deutschland waren homosexuelle Handlungen bis 1968 (DDR) bzw. 1969 (BRD) wie in vielen anderen Ländern der Welt noch illegal. Seither schafften unter anderem zwei Dutzend weitere europäische Länder ihre Gesetze gegen homosexuelle Handlungen ab. Die international nicht anerkannte Türkische Republik Nordzypern ist das letzte verbleibende europäische Land mit derartigen Gesetzen, was umso unverständlicher erscheint, da solche Gesetze in der Türkei bereits 1858 abgeschafft wurden.

Gewaltsame Übergriffe auf homosexuelle Menschen und Unterdrückung sind aber auch heute noch an der Tagesordnung, selbst vor unserer Haustür im aufgeklärten Europa. Ein Beispiel hierfür ist Russland, wo der Verwaltungsbezirk Archangelsk, in dem immerhin rund 1,2 Millionen Menschen leben, jegliche öffentliche Diskussion über Homosexualität unter Strafe stellen will – es wäre der zweite Verwaltungsbezirk nach Rjasan, wo in den vergangenen Jahren Menschen verurteilt wurden, weil sie für ihre Rechte eingetreten sind. Das sind leider keine Einzelfälle, im Gegenteil: Obwohl Gesetze gegen homosexuelle Handlungen in Tschechien und Bulgarien schon vor Jahrzehnten abgeschafft wurden, mussten dort noch im Jahr 2008 die ersten Demonstrationen für rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz mit massiven Polizeiaufgeboten vor rechtsradikalen Angriffen geschützt werden.

Dies soll so nicht bleiben. Homophobie ist inakzeptabel.

Wir setzen uns als Bürgerrechtspartei dafür ein, dass Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender rechtlich gleichgestellt und gesellschaftlich akzeptiert werden.

Die Piratenpartei nimmt an zahlreichen Christopher Street Day Aktivitäten im gesamten Bundesgebiet teil. Eine Übersicht der Aktivitäten gibt es im Wiki der Piratenpartei unter http://wiki.piratenpartei.de/CSD. Die mit Abstand größte und bedeutendste Christopher Street Day Demonstration ist die von über 800.000 Menschen aus aller Welt besuchte Cologne Pride CSD-Parade in Köln am 03.07., an der die Piratenpartei gemeinsam mit Piraten aus Belgien und Luxemburg teilnehmen wird, um sich für diese Ziele einzusetzen.

(PM der Piraten Köln)

Wir stellen uns quer – kein Rassismus bei uns in Köln!

Morgen am 7. Mai plant die rechtsextreme „Pro Köln“ einen sogenannten „Marsch für die Freiheit“.

Ich finde sowohl die Bezeichnung des Marsches als auch die Wahl des Termines widerlich. Der Marsch steht nicht für Freiheit, sondern das genaue Gegenteil: Diskriminierung, Rassismus und Hetze – gegen alles, was „anders“ erscheint. Er soll unberechtigte gesellschaftliche Ängste vor einer angeblichen Überfremdung schüren. Die Wahl des Termins am Vorabend des Jahrestags der Kapitulation Deutschlands verhöhnt die Opfer von Krieg und nationalsozialistischer Verfolgung.

Ein breites Bündnis aus Parteien, Organisationen, Gewerkschaften, Kirchen und gesellschaftlichen Gruppen stellt sich quer, darunter auch die Piratenpartei Köln. Wir wollen den Aufmarsch der Nazis in die Kölner Innenstadt verhindern.

Ich möchte daher alle Kölner bitten, morgen um 10:30 Uhr in die Kirche St. Heribert, Deutzer Freiheit zu einem ökumenischen Gottesdienst zu kommen, von dort aus werden wir versuchen, diesen Aufzug zu stoppen. Setzt ein Zeichen gegen jegliche Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und rechtsradikales Gedankengut.

Köln ist bunt, nicht braun! Und soll es auch bleiben!

Köln hat keinen Platz für Rassismus – die Piraten stellen sich quer!

Termine:

Was? – Ökumenischer Gottesdienst
Wo? – Kirche St. Heribert, Deutzer Freiheit, 50679 Köln
Wann? – 7. Mai, 10:30 Uhr

Als Twitter-Hashtag benutzt bitte #kssq als Abkürzung für „Köln stellt sich quer“.

Link:
Pressemitteilung der Piraten Köln.

Die Tötung Bin Ladens und die Moral

Mir tut er nicht leid. Ich bedaure keine Sekunde, dass er tot ist. Mehr noch, ich fühle mich erleichtert, ich fühle sogar eine gewisse Genugtuung über seinen Tod. Bin ich jetzt ein schlechter Mensch? Aber froh bin ich nicht. Ich kann keine Freude beim Tod dieses Menschen empfinden.

Vergeltung und Rache sind zutiefst menschliche Gefühle. Ich habe vollstes Verständnis für jubelnde Feuerwehrleute vor Ground Zero – denn sie haben den feigen Anschlag, für den Osama Bin Laden meiner Überzeugung nach verantwortlich ist, hautnah miterleben müssen. Auch für feiernde Manhattaner habe ich Verständnis, denn praktisch alle dürften Menschen kennen, die Angehörige oder Freunde in den Twin Towers verloren haben, oder sind selbst betroffen. Wenn ich in dieser Art beteiligt gewesen wäre, würde ich vermutlich auch ein Fass aufmachen, wenn es den Killer zerlegt.

Mir fällt es schwer, die USA für die Ermordung Bin Ladens zu verurteilen. Man muss sich vor Augen halten, was das Attentat vom 11. September mit der Seele der Amerikaner gemacht hat – es wurde eine tiefe Wunde geschlagen, die Amerikaner fühlten sich quasi körperlich verletzt und verunsichert. Dieser grausame Anschlag hat die ganze Nation tiefgreifend verändert (und das dürfte auch Bin Laden bei der Planung durchaus bewusst gewesen sein, wenn er das nicht sogar erhofft und beabsichtigt hatte). Wer derartig tiefgreifend verletzt und gedemütigt wurde, für den sollte man Verständnis aufbringen, wenn er sich über ausgeübte Rache und Vergeltung freut. Erahnen kann dieses Gefühl vielleicht derjenige, der sich an die Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers im „deutschen Herbst“ 1977 erinnern kann, als nach der brutalen Entführung, bei der alle Fahrer und Polizisten von Kugeln durchsiebt wurden, später der Arbeitgeberpräsident tagelang in seinen gestelzten Worten um sein Leben bat, und schließlich doch ermordet wurde.

Die Todesstrafe gehört zum Repertoire der amerikanischen Justiz. Auch vor US-Gerichten wäre Bin Laden zum Tode verurteilt worden. Er selbst wird sich im Klaren gewesen sein, dass ihm Vergeltung dieser Art droht, und ein Märtyrertod wird für ihn womöglich sogar reizvoll gewesen sein. Für die unmittelbar beteiligten Parteien ist dieses Ende des Al Qaida-Gründers daher vermutlich moralisch in Ordnung.

Sehr problematisch sehe ich aber die Durchführung der Tötung. Auch im amerikanischen Rechtssystem hätte die Tötung nur durch ein Urteil eines Richters nach einem Gerichtsverfahren angeordnet und durchgeführt werden dürfen – und nicht von einem Navy Seal-Kommandoführer oder vom amerikanischen Präsidenten. Die korrekte Vorgehensweise wäre also gewesen, zumindest seine Festnahme zu versuchen. Dass die Aktion von vorneherein als Tötung angelegt war stößt mich ab. Rechtsstaatlich gedeckt ist sie nicht. Es handelt sich um einen reinen Racheakt, ausserhalb des Völkerrechts und des Menschenrechts – er wird weder den Krieg noch den Terror beenden – aber wo kein Kläger, da kein Richter.

Die Bündnispartner haben den USA nach dem 11. September ihre volle Unterstützung versprochen – ich akzeptiere daher und kann es nachvollziehen, dass man die US-Regierung für diese Kommandoaktion öffentlich nicht kritisiert. Ich würde mir wünschen, dass man diesen Vorfall als Anlass nimmt, die Einschränkungen der Freiheit und der Rechtsstaatlichkeit, die in den letzten Jahren zugenommen haben, jetzt wieder abzubauen. Insbesondere Guantanamo sollte zügig geschlossen werden und die Gefangenen freigelassen oder vor ordentlichen Gerichten verurteilt werden.

Angeekelt haben mich aber Äußerungen aus unseren „christlichen“ Regierungsparteien. Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte wörtlich: „Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, bin Laden zu töten“. Hat Frau Merkel etwa Angehörige im Tower verloren? Ist es für einen Christen angemessen, sich über die Tötung eines Menschen zu freuen? Wie sieht es mit dem 5.Gebot der Bibel aus?

In unserem Rechtssystem gibt es nicht mal die Todesstrafe, kann man daher eine geplante Ermordung begrüßen? Sollte man als Regierungschef grundrechtswidriges Vorgehen gutheißen?

Dass sie keine unmittelbaren Vorwürfe an die USA äußert, ist vollkommen in Ordnung – aber eine neutralere Form hätte es schon sein dürfen.

Hochachtung in diesem Zusammenhang für den Vatikan. Dessen Sprecher Federico Lombardi sagte, dass der Tod eines Menschen für einen Christen „niemals Grund zur Freude“ sein könne. Da darf sich unsere Pfarrerstochter eine Scheibe von abschneiden.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer bezeichnet die Tötung als „Erfolg der Gerechtigkeit“ – er offenbart damit eine sehr archaische Vorstellung von Gerechtigkeit, die mir Angst macht. Vergeltung, Rache – ja. Aber Gerechtigkeit? Von einem Regierungschef würde ich mir eine differenziertere Betrachtung wünschen.

Das Highlight der re:publica 2011

Gestern bin ich von der re:publica 2011 zurückgekommen. Ich bin eigentlich ganz zufrieden, auch wenn ich die allgemeine Kritik nachvollziehen kann: Sicher, die Kalkscheune ist für die Besuchermassen nicht mehr ausreichend. Mich hat es auch geärgert, dass ich in manche Vorträge schlicht nicht hereingekommen bin, weil die Plätze zu schnell voll gewesen sind. Die Veranstalter haben auch schon zugesagt, sich um die Ortfrage zu kümmern, warten wir mal ab, welcher Rahmen nächstes Jahr gewählt wird.

Ich hatte den Vorteil, vollkommen ohne Erwartungen zur re:publica gefahren zu sein – dafür habe ich mich mit einer Menge netter und interessanter Leute unterhalten, eine ganze Reihe davon zum ersten Male im “wirklichen” Leben. Und das hat sehr viel Spaß gemacht. Die Beschreibung als “digitales Klassentreffen” ist schon sehr zutreffend.

Und das die Qualität der Vorträge höchst unterschiedlich waren, ist nachvollziehbar, schließlich handelt es sich um sehr unterschiedliche Personen. Vielleicht sollten die Veranstalter Feedback zu den einzelnen Sessions einholen, damit sie wissen, wen man für das nächste Jahr buchen kann, und wer vielleicht an seiner Technik und seinen Inhalten besser noch mal feilt?

Mein persönliches Highlight war Gunter Dueck mit seinem Vortrag “Das Internet als Gesellschaftsbetriebssystem” – vieles davon spricht mir aus der Seele – und auch wenn er die Piratenpartei nicht explizit erwähnt, man kann seinen Vortag in weiten Teilen als Aufforderung an uns verstehen, aktiv zu werden. Ansehen lohnt sich!

Offener Brief: Danksagung an Prof. Dr. Fischer-Lescano

Prof. Fischer-LescanoSehr geehrter Herr Prof. Dr. Fischer-Lescano,

bei der Vorbereitung einer Rezension haben Sie in der Dissertation von Karl-Theodor zu Guttenberg an mehreren Stellen Übernahmen aus anderen Werken entdeckt, ohne dass die Quellen ordnungsgemäß angegeben worden wären. Dies steht in Widerspruch zu Grundsätzen akademischer Arbeit im Allgemeinen, sowie der Bayreuther Studienordnung im Speziellen.

Sie haben diese Funde in der Fachzeitschrift Kritische Justiz veröffentlicht, indem Sie diese Textpassagen aus Guttenbergs Dissertation den Originaltexten gegenüberstellten. Eine Internet-Initiative namens “GuttenPlag” dokumentierte anschließend, dass die ganze Arbeit in großen Teilen auf Plagiaten beruht.

Damit wurde eine Affäre aufgedeckt, in dessen Folge der damalige Verteidigungsminister zu Guttenberg schließlich zurücktreten musste. Seinen Doktortitel führte er aufgrund einer Täuschung. Die Zusicherung, die Arbeit selbstständig erstellt zu haben, ist eine Lüge. Die Bayreuther Universität und seinen Doktorvater hat er betrogen. Auch seine anfänglichen Behauptungen und Vorwürfe, bevor der Betrug nicht mehr zu leugnen war, stellen den Versuch dar, die Öffentlichkeit zu belügen.

Sie haben Ihren Fund öffentlich gemacht, obwohl Sie sich damit gegen den beliebtesten Politiker Deutschlands stellten. Ihnen ist vermutlich klar gewesen, dass Sie mit Leugnung und Verleumdung, übler Nachrede und Anfeindungen rechnen müssen. In mindestens einem anderen Fall soll ein Entdecker von Plagiaten in Guttenbergs Arbeit über seinen Fund geschwiegen haben – dies haben Sie nicht getan.

Für die Piratenpartei ist Transparenz wichtig – öffentliche Daten gehören der Öffentlichkeit. Dazu gehört selbstverständlich auch die Information, ob ein Verteidigungsminister
– auch in seiner Eigenschaft als Dienstherr zweier Bundeswehruniversitäten – zuverlässig und akademisch glaubwürdig ist, und ob er dazu neigt, die Unwahrheit zu sagen. Besonders wichtig für Transparenz sind die sogenannten Whistleblower, also Personen, die Kenntnis über Missstände haben und aus dem inneren Kreis kommen, und diese Missstände dann öffentlich machen.

Herr Prof. Dr. Fischer-Lescano, wir möchten Ihnen für Ihren Einsatz danken. Wir haben Hochachtung für Ihre Aufrechtheit und Ihren Mut, einen Missstand anzuprangern und gegen Widerspruch und Verleumdung öffentlich zu dokumentieren. Dass Sie nun Beleidigungen und übler Nachrede ausgesetzt sind, dass man Ihnen unlautere Motive, Neid oder Missgunst unterstellt bedauern wir. Umso wichtiger ist es, dass es Menschen wie Sie gibt, die trotz dieser Beeinträchtigungen, Risiken und Bedrohungen zu ihren Werten und Überzeugungen stehen. Sie erweisen damit uns und der Öffentlichkeit einen großen Dienst.

Herr Prof. Dr. Fischer-Lescano, vielen Dank,

im Namen des Vorstands der Piratenpartei Köln,

Daniel Schwerd, Vorsitzender des Vorstandes

(Foto: Universität Bremen)

GEMA zockt Kindergärten ab – und was Piraten dagegen tun

Im Auftrage der “VG Musikedition” hat die GEMA, die “Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“ Kindergärten und Kindertagesstätten in ganz Deutschland angeschrieben. Darin wies sie darauf hin, dass das Kopieren von Notenblättern nur mit Erlaubnis der Rechteinhaber erfolgen darf.

Man ist aber kein Unmensch, und fügte dem Schreiben gleich das Angebot bei, den Kindergärten die Anfertigung von 500 Notenblatt-Kopien für pauschal 56 Euro zuzüglich Umsatzsteuer zu gestatten. Mittlerweile hat die VG Musikedition mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband e.V. einen Rahmenvertrag zum Erlass von 20% der Kosten abgeschlossen.

Neben den genannten Kosten entsteht jedoch ein erheblicher Verwaltungsoverhead, muss doch jeder Kindergarten dann jede einzelne Fotokopie der GEMA melden, damit anschließend die Abrechnung an die Rechteinhaber erfolgen kann.

Rein rechtlich verhalten sich GEMA und VG Musikedition korrekt. In Deutschland sind Noten bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers geschützt. Neben den Komponisten und Autoren können auch die Setzer des Notenblattes selbst Rechte an den kopierten Werken halten.

Zu befürchten ist allerdings, dass viele Kindergärten die Kosten oder den Aufwand scheuen werden. Dann werden keine Noten mehr kopiert, und die Kinder in diesen Tagesstätten werden womöglich in Zukunft weniger singen als zuvor. Kinder wollen aber singen, es stellt einen ganz wichtigen Aspekt der Erziehung dar, motiviert und stimuliert die kindliche Entwicklung. Ein Kindergarten ohne Kinderlieder ist ein trauriges Stück Deutschland.

Die Piraten sprechen sich für einen freien Zugang zu digitalen Medien für Bildung und Forschung, sowie für einen fairen Ausgleich zwischen privaten Nutzern und den Urhebern aus. Soweit die Rechte von Autoren und Urhebern geschützt werden, muss dies in fairer, gerechter und einfach handhabbarer Weise stattfinden. Der Schutz alter Geschäftsmodelle der Urheberrechtsverwertungsindustrie sehen wir gegenüber den schützenswerten Rechten der Autoren und der Nutzer als nachrangig an.

Was jedoch vielen nicht bekannt ist, dass zahlreiche Autoren auf ihre Urheberrechte von vorneherein verzichten, oder ihre Werke unter eine sogenannte freie Lizenz stellen, die die kostenfreie Nutzung ermöglicht, sowie dass viele Werke durch den Zeitablauf der Schutzfrist gemeinfrei geworden sind.

Kindertagesstätten und Kindergärten sind also keineswegs auf das Angebot der GEMA und der VG Musikedition verpflichtet, um Kopien von Notenblättern anfertigen und mit den Kindern singen zu können. Es fehlt lediglich das Angebot, aus denen sie lizenzfrei schöpfen können, und welches sie abgabenfrei kopieren und verbreiten dürfen.

Der Verein “Musikpiraten e.V.” hat sich zur Aufgabe gemacht, ein Liederbuch zu schaffen, welches ausschließlich aus solchen lizenzfreien Liedern besteht. Dutzende Freiwillige haben diese Lieder in Notenblätter gesetzt, die kosten- und lizenzfrei kopiert und verbreitet werden dürfen.

Mehr noch, Ziel des Vereins ist es, 50.000 dieser Liederbücher spendenfinanziert zu drucken, und kostenlos unter den Kindergärten Deutschlands zu verteilen. Die Anzahl ist so bemessen, dass jeder Kindergarten in Deutschland ein Liederbuch erhalten kann, welches er dann selbst frei kopieren und verteilen kann. Die Bücher sollen Anfang März in Druck gehen

Um die Kosten der Produktion stemmen zu können, werden Spender gesucht. Zum heutigen Tag sind bereits 27.000 Euro eingegangen! Den aktuellen Spendenstand und weitere Informationen findet man hier:
http://musik.klarmachen-zum-aendern.de/kinderlieder

Jetzt muss nur noch jeder Kindergarten in Deutschland von diesem Angebot erfahren, und die Bücher müssen an jeden Kindergarten gebracht werden – hierbei hat die Piratenpartei ihre Unterstützung zugesagt. Wer bei der Verteilung der Bücher helfen kann, ist natürlich ebenfalls gerne gesehen! Ebenso Musiker, die Interesse haben, Kinderlieder neu zu setzen, mögen sich bitte melden. Kontakte stelle ich gerne her, für Köln und Umland dient die Piratenpartei Köln gerne als Hub.

Werft sie hinaus! Warum wir Listentrolle nicht dulden sollten.

In der Diskussion, ob man Leute aus Mailinglisten bzw. Foren bannen soll, die z.B. rechtsextreme oder rechtspopulistische Parolen verbreiten, beleidigen oder verleumden, oder auf andere extreme Weise trollen, möchte ich ganz klar Stellung beziehen.

So entgegnen manche, dass eine solche Maßnahme Zensur, Beschränkung der Meinungsfreiheit und/oder Beschränkung der Pressefreiheit sei. Man solle diese Postings bzw. deren Urheber ignorieren, ggf. auf eine Ignore-Liste des Emailclients setzen, und ggf. rechtlich dagegen vorgehen.

Ich sehe das grundsätzlich anders, ich möchte auch Nutzer von den Listen und Foren entfernen dürfen, und möchte gerne begründen, warum ich das so sehe.

Als Betreiber einer Mailingliste macht man sich als Störer mithaftbar, sobald man von (straf)rechtlich relevanten Inhalten Kenntnis hat. Man ist dann verpflichtet, entsprechende Einträge zu löschen, und Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass es zu weiteren Vorfällen kommt.

Die Polizei stellt solche Verfahren in der Regel ein, die auf “internen” Mailinglisten stattfinden, da daran kein “öffentliches Interesse” besteht. Eine wirksame Maßnahme gegen Listentrolle ist die Strafanzeige daher in der Regel nicht.

Das reine Ignorieren von Trollen führt dazu, dass solche Aussagen unwidersprochen auf unseren Mailinglisten stehen bleiben, was in der Aussendarstellung den Eindruck erweckt, wir würden diese Aussagen tolerieren oder sogar gutheissen. Entsprechende Feststellungen habe ich zu Jotuns Postings im Internet bereits gefunden. Ich kann es aber nicht ertragen, mit diesen Aussagen im Internet in Verbindung gebracht zu werden.

Die Presse- und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Wir sind als Partei aber nicht in der Pflicht, die technischen Mittel zur Verbreitung von Presse bereitzustellen, die entsprechenden Paragrafen des Grundgesetzes lassen sich wohl nicht auf unsere Mailingliste anwenden. Wir sind durchaus berechtigt, in unserer Mailingliste untolerierbare Äußerungen und deren Autoren zu bannen.

Als Betreiber der Liste haben wir ein Hausrecht, zu entscheiden, wer an unseren Diskussionen teilnimmt und wen wir als Rüpel rausschmeißen. Wer ein Hakenkreuz in meinem Hausflur an die Wand schmiert, der fliegt auch bei mir Zuhause raus.

Die Mailinglisten und Foren sind politische Arbeitsinstrumente unserer Partei. Trolle sabotieren und stören sie, und immer mehr Aktive ziehen sich daraus zurück. Damit werden der Meinungsaustausch und die politische Meinungsbildung gestört, und Interessenten werden abgeschreckt. Ein niedrigschwelliger Zugang zu politischer Arbeit setzt auch voraus, dass nicht ganz so hartgesottene Internetnutzer nicht direkt abgeschreckt werden. Das Dulden von Extremismus stellt letztlich auch eine Form der Einschränkung von Meinungsfreiheit dar, wie z.B. das Niederbrüllen Andersgläubiger die Meinungsfreiheit einschränkt.

Und über allem steht die Menschenwürde. Wie fühlt sich ein Migrant, wie fühlt sich ein Türke, wie fühlt sich ein Nachkomme einer im dritten Reich verfolgten Familie, wenn er auf unseren Mailinglisten und unseren Foren solchen Dreck zu lesen bekommt? Wir verletzen damit Menschenwürde, wenn wir das dulden, und wenn wir hier nicht klar Stellung beziehen.

Wenn wir nichts unternehmen, fördern wir den Politikersprech des “Rechtsfreien Raums”. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum – es gelten dieselben Gesetze wie ausserhalb. Sie müssen aber auch durchgesetzt werden – und damit sind wir in der Pflicht, etwas zu unternehmen. Wir dürfen Volksverhetzung, Beleidigung und Verleumdung nicht dulden und müssen sie mit herkömmlichen Maßnahmen bekämpfen – sonst öffnen wir Tür und Tor für Forderungen nach technischer Zensur und Filtern, und befeuern die Mär vom “bösen Sumpf Internet”.

P.S.:
Initiative ‘Bannen von Nutzern mit tendenziell deutlich erkennbarem rechtem Gedankengut’ in Liquid Feedback: https://lqpp.de/nw/initiative/show/357.html