Stopp-ACTA-Demos: Desinformation durch die Medien

Ich bin gerade richtig sauer. So sauer, dass ich an diesem Text an einem Sonntag morgen vor 10 Uhr sitze.

Nachdem die Medien vor zwei Wochen noch ziemlich ausführlich – wenn auch nicht immer zutreffend – über unsere Anti-ACTA-Proteste berichtet haben, hat sich das Bild bei den Demonstrationen gestern deutlich gewandelt.

Die WDR-Reporterin, die mir ihr Mikrophon gestern vor die Nase hielt, eröffnete bereits mit der Frage, woran es meiner Meinung nach läge, dass „so viel weniger Leute“ zu den Demonstrationen gekommen wären als beim letzten Mal – das bereits eine halbe Stunde vor Beginn des Umzugs. Auf meine Antwort, dass das meines Erachtens nach gar nicht stimme, ging sie dann gar nicht weiter ein – das Interview wurde dann sowieso nicht mehr gesendet. Übrig blieb in den Radionachrichten des NRW nur noch die falsche Aussage zu den „sehr viel weniger Teilnehmern“.

Die Tagesschau verortete die größte Demonstration in NRW nach Dortmund, mit 1500 Teilnehmern [1]. Düsseldorf (mit 2000) und natürlich Köln mit über 3000 Teilnehmern wurden glatt unterschlagen.

In den Tagesthemen begleitete ein Kamerateam 13jährige Schüler zu den Demos, und stellte das Ganze als „Jugendbewegung“ dar [2]. Immer wieder wurde betont, dass die Teilnehmer den ACTA-Text ja gar nicht kennen würden.

Und das Ganze wurde stets eingeleitet mit dem Hinweis, die Demonstrationen richten sich gegen Urheberrecht im Internet und forderten freie Downloads.

Man versteht nun, warum ich wütend bin? Warum ich den Eindruck habe, man unterschlage unsere wahren Motive, die sich gegen Patent-Irrsinn und die permanente Ausweitung des „geistigen Eigentums“ richten?

Vielleicht liegt es daran, dass auch die ARD und ZDF Mitglied in der „Deutschen Content Allianz“ sind, und die Intendanten dieser Anstalten Mitunterzeichner einer Aufforderung an die Bundesregierung sind, ACTA ohne Änderungen zügig zu unterzeichnen [3]. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Die Printmedien übernehmen diesen Mist leider unreflektiert. Spiegel Online listet die Demonstrationen auf [4] – und führt Trier mit 150 Teilnehmern auf, nicht aber Köln oder Düsseldorf. Bei den internationalen Demonstrationen fehlt Kopenhagen, wo 7000 Menschen auf der Straße waren.

Der Kölner Stadtanzeiger begeistert besonders. Er sprach ursprünglich von 700 Teilnehmern in Köln (mittlerweile, um ca. 11 Uhr, auf 2000 Teilnehmer geändert, im Cache bei Google noch sichtbar [5]) – lieber Stadtanzeiger, sieht das nach 700 Leuten aus? Hier geht der Demonstrationszug über den Ring – 6 Minuten lang Menschen:

[1] http://www.tagesschau.de/inland/acta188.html
[2] http://www.youtube.com/watch?v=Mf20N4TtsFw
[3] http://www.computerbase.de/news/2012-02/deutsche-content-allianz-fordert-acta-unterzeichnung/
[4] http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,817554,00.html
[5] Screenshot:

279230 Leser.

27 Gedanken zu „Stopp-ACTA-Demos: Desinformation durch die Medien

  • Pingback: Bilder der Anti #ACTA Demo #Köln

  • 26. Februar 2012 um 13:08 Uhr
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    Ist echt schlimm mit den Nachrichten.. Ich gehe bei solchen Sachen nur noch auf Youtube und überzeuge mich da von der Lage.. ich meine 700 3000 … Schlimm!

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  • 26. Februar 2012 um 13:12 Uhr
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    Man darf in dem Zusammenhang nicht vergessen, dass die Industrien, die hinter ACTA stehen, auch ganz gute Werbekunden vieler Medien sind. Ein Schelm…

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  • 26. Februar 2012 um 13:13 Uhr
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    Gleiche Meinung. Schon schade das Köln oft garnicht, und wenn doch, dann mit falschen Zahlen erwähnt wurde. Denke auchnicht das es 3500 waren, zum Ende hin aber 2500 min.

    Da sieht man wieder was man von den Medien halten kann 😉
    Die Presse ist für mich Druckerschwärze auf Papier.

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  • 26. Februar 2012 um 13:26 Uhr
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    Genau, die öffentlich rechtlichten berichtet nur eingeschränkt. Gestern in den RTL „Nachrichten“ wurden die Demos so hingestellt, als würden sie sich -nur- gegen Überwachung im Netz richten. Die Demo würde da nur kurz in einem Beitrag über die E-Mail Überwachung durch den Geheimdienst genannt!

    Komische Medien sind das….

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  • 26. Februar 2012 um 13:54 Uhr
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    Ich gebe dir völlig Recht, das gleiche habe ich gestern auch gedacht. Eine Schande für Demokratie und freie Presse…

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  • 26. Februar 2012 um 14:11 Uhr
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    Tja, wie viele es genau sind weis man wenn man alle paar Sekunden Standbild macht und nachzählt 😀

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  • 26. Februar 2012 um 16:26 Uhr
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    Als Tagesschau-Mitarbeiter kann ich Ihnen folgendes sagen:

    – Bei Großveranstaltungen nennen Polizei und Nachrichtenagenturen bei Beginn zunächst in der Regel vorsichtige Teilnehmerzahlen (weil noch nicht alle Teilnehmer eingetroffen sind), die dann im Verlauf der Berichterstattung häufig nach oben korrigiert werden. Durch die durch den Arbeitsablauf übliche Verzögerung werden diese Zahlen werden diese Zahlen von allen Online-Medien meist auch erst später in die bereits online stehende Berichte eingearbeitet. Die dezentralen Kundgebungen machten es in diesem Fall noch schwieriger. Wer selbst vor Ort ist, kann die tatsächlichen Dimensionen naturgemäß schneller abschätzen.

    – Zu den Demonstrationen in Köln und Düsseldorf gab es gestern Nachmittag und Abend leider keine unabhängigen Informationen über Verlauf und Teilnehmer. Weder berichteten die Landesdienste der Nachrichtenagenturen, noch hatten Rheinische Post, Kölner Stadt-Anzeiger oder WDR hatten hier schon aktuelle Informationen online verfügbar. Insofern war es äußerst schwierig, ein Gesamtbild der Lage zu gewinnen.

    – Auch auf der Demonstration in Hamburg waren gestern überwiegend junge Teilnehmer.

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  • 26. Februar 2012 um 16:27 Uhr
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    Ärgere mich ebenso, musste aber in Magdeburg gestern überrascht feststellen, dass das Durchschnittsalter der Demonstrierenden im Vergleich vor 2 Wochen extrem gesunken ist. Fast überall nur 16jährige mit Bier- und Wodkaflaschen und wenigen, faktisch unsinnigen Plakaten. Dazu Partymusik ausm Wagen. Hatte mich doch etwas erschrocken…

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  • 26. Februar 2012 um 16:34 Uhr
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    Wen wundert dieses Verhalten. Bis vor kurzem hat ARD und ZDF gar nicht über ACTA berichtet. (ARD ist ja eine Zusammenschluss der Landesrundfunkanstalten, wie WDR)

    Nun eine leicht Pro-ACTA Einstellung.

    Dazu noch, dass ARD und ZDF für ACTA sind.

    Ein Schelm auf welchen Gedanken man dabei kommt.

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  • 26. Februar 2012 um 17:00 Uhr
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    hi, ich weiß nicht wie ich der piraten partei sonst einen kommentar hinterlassen kann, also tu ich das hier unter diesem artikel. abgesehen von 100 positiven dingen, die ich zu der demo am samstag sagen könnte, möchte ich einen hinweis geben, der noch zur verbesserung beitragen könnte: es gab sehr sehr viel negatives feedback zu dem shouter auf dem traktor! wegen des agressiven tons wurde 1. den passanten ein falsches bild vermittelt und 2. wirkte die art auf die demonstranten extrem demotivierend! *könnt ihr nicht lauter * oder *versteht ihr das wort laut nicht* führten dazu, dass einige gar nicht mehr mitmachten, weil sie nicht gekommen waren um sich runter machen zu lassen. es war dann kein gemeinsames rufen mehr sondern angebrüllt werden gegeneinander statt miteinander und das ist wirklich schade. ich war die meißte zeit ganz hinten, wo der elan aus der menge kam – wir wechselten uns mit dem mikro ab und die laune war bestens. ab und zu bin ich dann auch nach vorne aber man kam mit dem Brüller einach nicht mit, fühlte sich schnell ausgelaugt und lustlos, weil man es ihm ja eh nicht recht machen konnte. Ich weiß, dass es sehr schwierig sein muss grade bei jemandem, der sich so engagiert und es auch noch schafft 3stunden zu rufen (beachtlich!) kritik zu äußern, aber bitte achtet beim nächsten mal drauf, dass die einzige qualität des *shouters* nicht das stimmvolumen ist. hinten hatten wir auch einen herren, der worte über drei silben nicht aussprechen konnte, da war die menge dann auch immer froh wenn der mal abgelöst wurde oder sich einach gar nicht erst an stolpersteinen wie *meinungsreiheit* versuchte 😉

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  • 26. Februar 2012 um 17:01 Uhr
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    ich werde das Gefühl nicht los, die ACTA Demos wahren zu friedlich. Berichterstattung ARD Hauptsendung um 20°° 15sec.

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  • Pingback: Henning Uhle | Das ACTA-Mediendesaster

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  • 26. Februar 2012 um 23:48 Uhr
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    selten so viele Menschen mit Händen in den Hosentaschen demonstrieren sehen…

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  • 27. Februar 2012 um 00:52 Uhr
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    Am ACTA-Aktionstag am 11. Februar stand auf Tagesschau.de eine viel zu niedrige Zahl – die größte Demo in München fehlte komplett. Ich habe die Redaktion in Form eines Kommentars auf die tatsächlichen Zahlen hingewiesen. Die Zahlen wurden daraufhin in kürzester Zeit korrigiert.

    Versorgt die Presse zeitnah mit aktuellen und korrekten Informationen, dann wird auch die Berichterstattung dementsprechend sein. Die Presse ist nicht so gut vernetzt, wir müssen ihr proaktiv entgegenkommen.

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  • 27. Februar 2012 um 01:20 Uhr
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    Also in Hannover wurde die Demo meiner Meinung nach durchweg von ‚Youngstern‘ aufgezogen und ich fand das sehr erfrischend, eben nicht „generalstabsmäßig“ durchorganisiert. Die sollen ruhig Praxis in Sachen Demokratie und Bürgerrechte bekommen. Sicher es gab Plakate wie „was wird aus youporn?“, aber man muss die Leute da abholen wo sie sind. Das mit den Teilnehmerzahlen ist ein wohlbekanntes Phänomen und sollte nicht so überbewertet werden, das hat die sog. freie Presse schon immer verbockt.
    (Mein Vorschlag: Alle Leute, die sich auf FB für ne Demo anmelden, bekommen einen ‚Hash‘ von den Organisatoren, den sie zur Demo mitbringen und abgeben. So können realistische Teilnehmerzahlen ermittelt und publiziert werden.)
    Viel schlimmer wurde ich die Qualität, den Informationsgehalt der Pressemittelungen beurteilen. (haben wohl alle bei Springer angefangen?) Das kann Mensch tatsächlich nur als Desinformation bezeichnen. Damit kann Mann sich nicht mal den Arsch abwischen, weil der dann noch dreckiger wird! Da frag ich mich ob die das wirklich selber schreiben, oder haben die ne App wo sie nur ein paar Stichworte reinpasten und den Rest erledigt die Autokorrektur?
    Und im Netz sieht es noch düsterer aus. Da tummeln sich Sekten und Scharlatane mit halbgaren Verschwörungstheorien und längst tot geglaubte Quaksalber ziehen sich das Aufklärermäntelchen an. Und alle wollen auf den Anti ACTA etc. Zug aufspringen, um ihren Mist unters Volk zu bringen. Es gibt keine Geheimbünde und Illuminaten, das sind Romane und Geschichts-Fiktion. Ihr glaubt doch auch nicht an Gandalf und James T. Kirk, also bitte… schön brav bei der Wahrheit bleiben. Die Mächtigen haben nur soviel Macht wie Wir ihnen zugestehen. Ich stehe in unserer Gesellschaft eher am unteren Ende und sie können mir meine Stütze nehmen, doch ein kostbares Gut wie die Geistige Freiheit, die kann mir Keiner nehmen!
    Von den Piraten würd ich mir wünschen:
    (hey Mann, bei euch machen doch etablierte Leute mit!)
    Gute Megafone die kann Mensch öfter gebrauchen,
    Flyer mit seriösen Informationen für die Passanten und Autofahrer!
    @netrd: Mach weiter so, Du bist auf dem richtigen Weg, lass Dich nicht entmutigen! Danke.

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  • Pingback: Stopp ACTA Demo und die (unfairen) Medien | Chaostreff Salzburg

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  • 27. Februar 2012 um 12:24 Uhr
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    Es sollte Firefox-Plugins geben.
    Wenn man auf Webseiten geht, kriegt man Zusatz-Infos und Votes darauf. Beispiele:
    – Achtung AboFalle
    – „Achtung, 39 Euro pro Monat“
    – „… hat ein besseres angebot …(40%++,40%++,10%+/-,%10- bei #80 Votes)“
    – Links auf Belege
    – Links auf Gegenbelege (z.b. das Foto)
    Sowas ist schnell programmiert und vermutlich noch schneller abgemahnt. Sonst gäbe es sowas längst und jeder würde es nutzen um nicht in die Falle (Abofallen, Unseriöse Händler, Insolvente Händler, Lügen,…) zu laufen.

    Ausser mir scheint aber keiner interessiert zu sein kollaborativ knowledge-korrigierend zu handeln.

    Ein Wiki mit Argumenten (die von Checkern überprüft werden und z.b. mit Wikipedia-Historien verlinkt werden) wie „Linda die Kartoffel wurde auch schon ‚verboten‘ “ „Auto-Reparatur nur noch beim Vertragshändler“ „Ersatzteile nur noch 4 Jahre“, „Fernseher und alle Settopboxen alle 5 Jahre neu kaufen“ ,… scheint auch noch keiner aufgesetzt zu haben. Denn manche Argumente interessieren die Rentner, Ausdrucker und dann auch ihre Medien vielleicht schon. Medien berichten oft hinterher. Politik regiert oft hinterher. Und wir bezahlen es.

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  • Pingback: Die Tage nach der Demo sind die selben wie vor der Demo. « seayk

  • 3. März 2012 um 19:36 Uhr
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    Wer hat eigentlich den gesamten ACTA-Text je wirklich gelesen? Um den Einstieg zu vereinfachen haben wir uns die Mühe gemacht und den Text vorgelesen:
    https://www.youtube.com/watch?v=r1dZY-SvbM0
    Würde mich übers weiterteilen sehr freuen, so erreichen wir vielleicht mehr Leute für eine gute Sache – gegen ACTA.

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  • Pingback: Froschs Blog » Blog Archive » Im Netz aufgefischt #50

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