Piraten wirken beim Landesmediengesetz Nordrhein-Westfalen

tube-radio-338511_640Am 2. Juli hat der Landtag Nordrhein-Westfalens mit Stimmen von SPD, Grünen und Piraten das neue Landesmediengesetz beschlossen. Zuvor wurden durch einen gemeinsamen Änderungsantrag, wiederrum von SPD, Grünen und Piraten, einige zentrale Verbesserungen in das Gesetz eingebracht.

In Verhandlungen mit Rot-Grün konnten wir so einige substanzielle Änderungen durchsetzen, die uns sehr am Herzen lagen. So wurde die Aufsicht über die Einhaltung der Netzneutralität der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) übertragen. NRW hat jetzt als erstes Bundesland eine Institution, die sich aktiv für die Netzneutralität einsetzt.

Außerdem haben wir mit dafür gesorgt, dass die LfM-Medienkommission zukünftig staatsferner besetzt wird. Die Anzahl der staatsnahen Mitglieder wird auf maximal ein Drittel begrenzt. Damit haben wir dazu beigetragen, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF im neuen Landesmediengesetz berücksichtigt wird. Zudem wird für Mitglieder der LfM-Medienkommission eine Karenzzeit vor der Aufnahme in die Kommission eingeführt, die Interessenskonflikte vermeidet.

Und wir konnten gemeinsam erreichen, dass sich zukünftig auch gesellschaftliche Gruppen und Einzelpersonen um eine Mitgliedschaft in der LfM-Medienkommission bewerben können. Dies bietet dann auch netzpolitischen Initiativen und Aktivisten die Möglichkeit, sich inhaltlich im Bereich der Medienaufsicht einbringen zu können.

Wir haben uns aufgrund dieser Erfolge entschlossen, das Gesetz zu unterstützen.

Die Plenarrede dazu könnt ihr hier nachsehen. Zugleich mitberaten wurde der FDP-Antrag „Beitrag zu Vielfalt und Qualität im Journalismus leisten – Gemeinnützigkeit von Journalismus anerkennen„.

Über Feedback freue ich mich immer!


Redeprotokoll

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Nückel. Für die Piratenfraktion erteile ich als nächstem Redner Herrn Kollegen Schwerd das Wort.

Daniel Schwerd (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne und an den Mattscheiben! Wir Piraten haben von Anfang an deutlich gemacht, wo unsere Schwerpunkte bei der Überarbeitung des Landesmediengesetzes liegen. So wie wir es seit Jahren für alle Aufsichtsgremien von Rundfunkmedienanstalten fordern, wollen wir mehr Transparenz in deren Arbeit erreichen und die Gremien selbst staatsferner gestalten als das bisher der Fall ist.

Diese Forderung haben wir für den WDR-Rundfunkrat selber umgesetzt. Wir haben die Position öffentlich ausgeschrieben und daraufhin den unserer Einschätzung nach am besten geeigneten und politisch unabhängigen Experten benannt.

(Beifall von den PIRATEN)

Die staatsferne Zusammensetzung auch der LfM-Medienkommission war eine unserer zentralen Forderungen. Im März diesen Jahres, als der Gesetzentwurf der Landesregierung schon auf dem Tisch lag, hat uns das Bundesverfassungsgericht mit seinem wegweisenden Urteil zur Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrates Schützenhilfe geleistet. Das Gericht hat bestätigt, was wir schon lange fordern: Die Gremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, aber eben auch die Gremien der Landesmedienanstalten müssen staatsfern zusammengesetzt werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Eine weitere wichtige Forderung unsererseits war, dass auch ein Vertreter der Netzbürger in diesen Gremien vertreten sein muss. Uns war bewusst, dass man nicht irgendeine Gruppe per Gesetz aussuchen kann. Deshalb haben wir vorgeschlagen, dass sich Gruppen oder Einzelpersonen initiativ um eine Mitgliedschaft in der LfM-Medienkommission bewerben können, so wie wir das Verfahren schon für unser WDR-Rundfunkratsmitglied durchgeführt haben. Insofern freut es mich wirklich, dass wir im Landesmediengesetz gemeinsam verankern konnten, dass sich auch Gruppen und Einzelpersonen beim Landtag bzw. bei der LfM bewerben können. Dies ermöglicht den netzpolitischen Initiativen tatsächlich, sich einzubringen.

Gleiches gilt für die Frage der Karenzzeitregelung, die wir in den Verhandlungen zum Änderungsantrag anregten. Jetzt ist sichergestellt, dass aus der Medienkommission ausscheidende Mitglieder 18 Monate lang keine Tätigkeiten ausüben dürfen, die im Widerspruch zum vorigen Mandat stehen. Diese Abkühlphase wird sicher dazu führen, dass Interessenkonflikte abnehmen. Es wird niemanden überraschen: Natürlich haben wir auch die von Herrn Prof. Holznagel in der Anhörung geäußerte Idee aufgegriffen, die LfM mit den Aufgaben der Überwachung der Netzneutralität zu betrauen, soweit diese die Vorgaben des § 2 des Landesmediengesetzes betreffen.

Hier bestand im Anschluss an unsere Anregung zumindest im Ausschuss fraktionsübergreifende Einigkeit, dass das sinnvoll sei. Auch dazu konnten wir nun eine Regelung im vorgelegten Änderungsantrag einbringen. Ich möchte die viel diskutierte „Stiftung für ‚Vielfalt und Partizipation‘„ ansprechen. Schon im Ausschuss habe ich gesagt: Eine Regelung, nach der die LfM auch für die Aus- und Fortbildung in Medienberufen zuständig ist, gibt es schon im derzeit noch geltenden Gesetz von Schwarz-Gelb. Insofern fand ich die Diskussion darüber an einigen Stellen etwas befremdlich.

Natürlich muss man über die genaue Ausgestaltung Stichwort: Staatsferne reden. Aber grundsätzlich in Abrede zu stellen, dass die LfM in diesem Bereich überhaupt tätig sein soll, war schon sehr merkwürdig. Wir haben es von Anfang an abgelehnt, dass eine Landesstiftung etabliert werden soll, in der die Regierung unmittelbaren Einfluss auf journalistische Arbeit nehmen könnte. Davon wurde glücklicherweise Abstand genommen. Aber der LfM einen Rahmen an die Hand zu geben, den Umwälzungsprozess in der Medienlandschaft zu begleiten und die Entwicklung vor allem von Onlinejournalismus zu unterstützen, halten wir für völlig richtig.

Insofern haben wir auch mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass mit der Formulierung „im Rundfunk und in den vergleichbaren Telemedien“, also im Internet, genau dies nun als inhaltlicher Schwerpunkt der Arbeit der „Stiftung“ festgeschrieben wird.

Zum Schluss möchte ich noch kurz anbringen, was aus unserer Sicht darüber hinaus noch wünschenswert gewesen wäre. Wir haben vorgeschlagen, dass der Zwang zur Nutzung der deutschen Sprache im Bürgerfunk entfallen solle. Das hätte ermöglicht, dass sich auch Migrantinnen und Migranten in ihren Muttersprachen im Bürgerfunk hätten engagieren können. Dem Bürgerfunk wäre damit eine weitere Zielgruppe erschlossen worden. Das wäre ein weiterer kleiner Schritt hin zur Anerkennung einer bunten Gesellschaft gewesen. Der Bürgerfunk hätte von weiteren Hörerschichten profitiert. Es bestehen jedoch rechtliche Bedenken in den Redaktionen, die letztlich die Verantwortung für die ausgestrahlten Beiträge haben, die sie dann aber unter Umständen nicht verstehen würden. Diese Bedenken teile ich persönlich zwar nicht, erkenne sie aber an. Vielleicht findet sich später noch eine Lösung.

Und wir hätten uns gewünscht, der LfM die Möglichkeit zu belassen, auch im Internet verbreiteten Hörfunk fördern zu können. Fördern zu können, wohlgemerkt. Eine Pflicht zur Förderung besteht darin ja nicht. Alles in allem aber sind wesentliche Punkte unserer Forderungen aufgenommen worden. Wir haben uns deshalb entschieden, diesen Änderungsantrag gemeinsam zu stellen und dem so geänderten Gesetz dann zuzustimmen. Ich freue mich sehr über die stattgefundene erfolgreiche Zusammenarbeit. Dass dieser Änderungsantrag am Tag vor der abschließenden Debatte reichlich spät kommt, ist absolut richtig. Insofern ist der Wunsch nach weiterer Beratung nachvollziehbar. Für die Chance, parteiübergreifend gemeinsame Lösungen zu finden, sollte immer ausreichend Zeit und Raum zur Verfügung stehen. Einer Rücküberweisung in den Ausschuss können wir daher ebenso auch zustimmen.

Zum Schluss noch einige Worte zum Antrag der FDP-Fraktion bezüglich der Möglichkeit von gemeinnützigem Journalismus. Die Idee zusätzlicher Möglichkeiten zur Unterstützung investigativen Journalismus hat Charme. Natürlich stimmen wir der Überweisung in den Ausschuss zu. Wir werden dort sehr genau prüfen, dass mit einer solchen Initiative nicht genau die Verlage subventioniert werden, die kurz vor der Pleite stehen, weil sie sich seit Jahren neuen Geschäftsmodellen verweigern. Neue Ideen und unabhängigen investigativen Journalismus im digitalen Zeitalter zu unterstützen als Beispiele nenne ich den „Krautreporter“ oder das Correctiv machen aber tatsächlich Sinn.

Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Schwerd. Für die Landesregierung erteile ich nunmehr Frau Ministerin Dr. Schwall-Düren das Wort.

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7 Gedanken zu „Piraten wirken beim Landesmediengesetz Nordrhein-Westfalen

  • 16. Juli 2014 um 13:01 Uhr
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    Das neue Mediengesetz ist für mich eine herbe Enttäuschung. Es schafft keine Arbeitsplätze, verbessert nicht die Qualität des privaten Rundfunks, stärkt den Medienstandort nicht und ermuntert die LfM zur munteren Geldverbrennung. Es ist nach wie vor nicht möglich in NRW einen Radiosender zu gründen und sich genehmigen zu lassen. Im Gesetz fehlen die entsprechenden Regelungen. Das Gesetz zementiert den Status Quo, alimentiert überholte Geschäftsmodelle und betoniert die Zugangshürden für Unternehmer und Hobbyfunker.

    Antwort
    • 16. Juli 2014 um 13:16 Uhr
      Permalink

      Politik ist ein Langstreckenlauf. Die Verbesserungen in Staatsferne, Transparenz der Medienkommission und Beteiligung mögen bescheiden sein, sie sind aber ein Anfang. Soweit es weiteren Änderungsbedarf gibt, hast Du Lust, an entsprechenden Initativen mitzuarbeiten?

      Antwort
  • 16. Juli 2014 um 16:41 Uhr
    Permalink

    Prima!
    Es geht doch!
    Aber:
    Einer geht (auch) noch, immer – wohl besser aber erst in der nächsten Runde, denn alles was hier jetzt gemeinsamen Konsens fand, darf nicht durch überspitzte Volumenforderungen gefährdet werden hinsichtlich der benötigten Gemeinsamkeit.
    Für das „nächste mal“:
    „Wir haben vorgeschlagen, dass der Zwang zur Nutzung der deutschen Sprache im Bürgerfunk entfallen solle“ –
    Das werdet ihr noch dreimal überlegen, bevor ihr das wiederholt, denn das ist keine Maßnahme zur kulturellen Integration sondern zu deren Verzögerung und mit der Gefahr, daß auch Salafismus, scientismus u.ä. unbemerkt sich der öffentlichen Möglichkeiten fremdsprachlich bedienen.
    Anders wäre es, wenn die Kultur der Migranten und die hiesige deutsche „zusammengeführt“ werden, indem grundsätzlich der Ton oder (!) die erfortderlichen Untertitel in unserer Landessprache gebracht werden, damit sowohl deutsche Zuschauer erfahren, was mit ihrem Geld geredet wird und was diese Menschen bewegt sowie die Migranten mit der deutschen Entsprechung von vornherein konfrontiert werden und so den gleichen Erfahrungswert sammeln können, wie das deutschsprachige Publikum.
    Ohne diese Bedingung ist das nicht nur riskant und schädlich für den Kulturaustausch, sondern auch nicht annähernd mehrheitsfähig.

    @Swen Kuboth 16. Juli 2014 bei 13:01
    „Das neue Mediengesetz ist für mich eine herbe Enttäuschung.“ usw. usw.
    Der netnrd hat punktgenau reagiert und dir Mithilfe angeboten, so könntest du dabei erfahren, wieso ein „Mediengesetz“ keine „Arbeitsplätze schaffen“ kann (obwohl man dies schon in der Schule lernt).
    Und:
    Für die Verbesserung des privaten Rundfunk ist (wie überall in der privaten Wirtschaft, wo das offiziel eingetragene Unternehmensziel der Verkauf von Werbezeiten, eingewickelt in buntes Packpapier, das als Programm daherkommt und lediglich die Werbeplätze zu bewerben hat, ist) – dafür ist der private Eigentümer verantwortlich, und nicht ein Mediengesetz der Landesregierung.
    Und:
    Es ist nirgendwo „einfach möglich“ einen Sender zu „gründen“, da dieser auf ein öffentliches Gut zurückgreifen muß, das knapp, teuer und sehr gefragt von vielen ist:
    Die Frequenz.
    Deren Verwaltung ist erforderlich, um den Frequenzraub zu verhindern und kostet auch Geld.
    Offensichtlich bist du sachlich nicht so gut im Bilde.
    Und „überholte Geschäftsmodelle“ wie „Geldverbrennung durch die LfM“ – das bedarf wohl einer Übersetzung in verständliche Argumente, denn zum einen ist grundsätzlich jedes Geld ausschließlich „zur Verbrennung“ da (oder willst du es essen, zu Möbel verarbeiten oder was?) und zum anderen ist grundsätzlich jedes Geschäftsmodell eine Angelegenheit des Erfinders und nicht derer, die das erdulden müssen, und wenn es nicht „funkt“, dann liegt das mit großer Gewißheit nur daran, daß es kein solches war.
    Ich würde an deiner Stelle das Angebot vom netnrd zur Mitwirkung annehmen, um etwas mehr und genauer dazu ins Bild zu kommen.

    Eine gelungene Aktion, und aufgrund der politisch weit übergreifenden Gemeinsamkeiten wohl auch als echt „piratesk“ zu bezeichnen, als eingebracht in die Sicht von bzw. wahrgenommen von vielen.

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