Wochenrückblick 3/2012

Heute möchte ich Euch aus den vergangenen Wochen im Landtag berichten. Auf der Tagesordnung standen, wie immer in der letzten Zeit, der Haushalt für 2012 sowie das Mittelstandsförderungsgesetz, mit dem ich einige Bauchschmerzen habe. Daneben gab es einige interessante Gesprächstermine mit Verbänden und Piraten.

Haushalt

Wir haben unsere fraktionsinternen Haushaltsberatungen für 2012 weitestgehend abgeschlossen. Viele Abgeordnete hatten in den Wochen zuvor zusammen mit den jeweiligen Fachreferenten Vorschläge für Änderungsanträge zum Haushalt gesammelt. Am letzten Dienstag sind wir auf der Fraktionssitzung jeden Vorschlag durchgegangen und haben entschieden, welche davon wir tatsächlich einreichen wollen. In den von mir betreuten Bereichen ­– Kultur und Medien sowie Wirtschaft – haben wir einen Änderungsantrag gestellt.

Bereich Wirtschaft: Der Etat des Wirtschaftsministeriums (in der NRW-Haushaltssprache: Einzelplan 14) beträgt insgesamt rund 838 Millionen Euro und setzt sich aus zwei großen Blöcken zusammen: Den Kohlesubventionen auf der einen Seite (350 Millionen Euro) und den verschiedenen Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung (bspw. staatlich finanzierte Gründungsberatungen) auf der anderen Seite (382 Millionen Euro). An der Höhe der Kohlesubventionen kann man derzeit nichts ändern – die Kohlesubventionen laufen aus und dieser Auslauf-Prozess ist vertraglich festgelegt. Bis zum Jahr 2018 werden die Subventionen für Kohle kontinuierlich reduziert; nach 2018 wird es keine weiteren Subventionen mehr in diesem Bereich geben.

Es bleibt die Wirtschaftsförderung als größter Anteil des Wirtschaftshaushaltes. Da diese Förderung überwiegend als Gelder an Institute geht, die diese Förderung dann ihrerseits wahrnehmen, kann man kaum sagen, ob und inwieweit das Geld sinnvoll eingesetzt wird und ob die Fördermaßnahmen erfolgreich sind. Im Bereich der Wirtschaftsförderung sollte daher gelten: Qualität vor Quantität. Einfach nur das Budget zu erhöhen oder zu kürzen ist nicht zielführend. Stattdessen wollen wir zunächst herausfinden, welche der verschiedenen Förderprogramme, für die Geld im Haushalt bereitsteht, überhaupt erfolgreich sind.

Einen Änderungsantrag haben wir aber doch gestellt: Wir fordern die Streichung von 150.000 Euro im Wirtschaftsetat für die sogenannte Clearingstelle Mittelstand, die im Zuge des Mittelstandsförderungsgesetz geschaffen werden soll. Da das Gesetz noch gar nicht in Kraft ist und nicht vor Anfang 2013 unter Dach und Fach sein wird, warum soll man Geld für den 2012er-Haushalt einstellen? Zudem wollen wir grundsätzlich in Frage stellen, dass das Land Kosten dieser Clearingstelle trägt.

Bereich Kultur und Medien: Hier haben wir ein ähnliches Problem wie im Wirtschaftsbereich. Die Ausgaben gehen größtenteils an Institute, die die Kultur- und Medienförderung dann ihrerseits wahrnimmt – wir wissen einfach nicht genau, was dann dort mit dem Geld genau geschieht. Zum Glück haben wir inzwischen zwei Referentinnen für die beiden Teilbereiche an Bord, die dabei sind, genau dies rauszufinden. Bei den nächsten Haushaltsberatungen für 2013 wollen wir fundierte Vorschläge machen.

Im Medien-Etat geht der größte Teil für die Film- und Medienstiftung NRW drauf. Sie hat die Aufgabe, Aktivitäten in diesen Bereichen finanziell zu fördern. Die Stiftung hieß bis zum Jahr 2010 nur Filmstiftung NRW – jetzt kommen also Medien dazu. Das ist aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, schließlich gibt es neben Filmen viele weitere Medien, die aus kultureller Sicht wichtig sind und mit genauso viel Recht gefördert werden sollten. Ich habe die Landesregierung aufgefordert, darzustellen, wie sich diese Förderung in Zukunft zwischen Film und den anderen Medien aufteilen soll.

Anhörung Mittelstandsförderungsgesetz

Das Mittelstandsförderungsgesetz ist nach der ersten Lesung im Plenum in den Wirtschafts-Ausschuss überwiesen worden. Dort hat zunächst der Wirtschaftsminister erläutert, warum er das Gesetz wichtig findet. Der zweite Schritt der Bearbeitung des Gesetzes im Ausschuss fand am vergangenen Donnerstag statt: An dem Tag gab es eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetz. Eine öffentliche Anhörung findet im NRW-Landtag dann statt, wenn sie von mindestens einer Fraktion im Ausschuss beantragt wird.

Jede Fraktion darf eine gewisse Zahl von Sachverständigen benennen und sich einige Fragen überlegen, die man den Sachverständigen stellt (auch denen, die von anderen Parteien benannt worden sind). Aus den Fragen der verschiedenen Fraktionen wird eine Liste erstellt, die alle Sachverständigen vier Wochen vor der Anhörung per Post bekommen. Sie haben dann einige Wochen Zeit, wiederum schriftlich auf die Fragen zu antworten. Zu der eigentlichen Anhörung werden die Sachverständigen in den Landtag eingeladen. Jeder Abgeordnete kann dann Rückfragen zu den verschiedenen Gutachten stellen.

Wir haben uns unsere Fragen zusammen in diesem Pad hier erstellt. Als Sachverständige hätte ich gerne Transparency International, Lobbycontrol oder Mehr Demokratie e. V. dabeigehabt, leider haben alle drei abgesagt: Bei der einen war es zu kurzfristig, bei der anderen konzentriert man sich ausschließlich auf Bundespolitik und hat entsprechend keine Fachleute für eine Landesanhörung, und die dritte fühlte sich nicht im Thema.

Die anderen Parteien haben es in der Hinsicht leichter, dort existieren fertige Listen von Sachverständigen, meistens Verbandsvertreter, die einfach standardmäßig eingeladen werden. Aus dieser Erfahrung heraus haben wir uns vorgenommen, eine Expertendatenbank aufzubauen, in der wir mögliche Kandidaten für die verschiedenen Themen sammeln, insbesondere verbandsunabhängige Experten.

Die Anhörung selbst habe ich als ausgesprochen konstruktiv und erfolgreich empfunden. Wir hatten schon schriftlich einige Fragen zur Transparenz der geplanten Clearingstelle gestellt und in der Sitzung habe ich an diesem Punkt noch ein paar Mal nachgehakt. Fast alle Anwesenden – von den Sachverständigen bis hin zu den Abgeordneten der Regierungsfraktionen – darüber einig, dass die geplante Clearingstelle möglichst transparent sein soll. Wir werden daher jetzt einige Änderungsanträge für das Gesetz ausarbeiten, mit denen wir Mindestanforderungen in Bezug auf die Transparenz der Clearingstelle im Gesetz verankern wollen. Wenn die anderen Fraktionen sich daran beteiligen werden, wäre das ein großer Erfolg.

Weiter habe ich die explizite Nennung des RAL-Gütesiegels angesprochen sowie die Verpflichtung der betrieblichen Interessenvertretungen auf das Ziel „Wachstum“. Hier bekam ich im Grunde die Antworten, die ich hören wollte: RAL-Siegel nur als Beispiel; „Nachhaltigkeit“ besser als „Wachstum“. Eine schöne Vorlage für Änderungsanträge an das Gesetz.

Der nächste Schritt im Gesetzgebungsverfahren ist die abschließende Behandlung des Mittelstandsförderungsgesetzes im Ausschuss. Das wird vermutlich im November der Fall sein. Hier werden Änderungsanträge eingebracht. Danach spricht der Ausschuss dann eine Empfehlung an das Plenum aus, wie mit dem Gesetzentwurf umgegangen werden sollte. Bspw. könnte der Ausschuss „empfehlen“ (in der Praxis ist es so, dass die Regierungsfraktionen mit ihrer Mehrheit darüber entscheiden, welche Empfehlung der Ausschuss ausspricht), den Gesetzentwurf der Landesregierung ohne Änderungen anzunehmen. In unserem Fall hoffen wir allerdings, dass die Empfehlung lauten könnte, die im Ausschuss (u. a. durch unsere Anträge) geänderte Version des Gesetzes anzunehmen.

Danach geht das Gesetz (bzw. die Beschlussempfehlung) wieder zurück ins Plenum in die sogenannte zweite Lesung. Dort wird noch einmal über den (evtl. veränderten) Entwurf debattiert. Hier kann man auch noch einmal Änderungsanträge einbringen (die den eigentlichen Entwurf, also den Gesetzestext, ändern) oder auch Entschließungsanträge, die, zusätzlich zum Gesetzesentwurf, die Landesregierung auffordern, etwas Bestimmtes zu tun oder sich für eine bestimmte Sache einzusetzen.

Alles, was bisher zu einem Gesetzesentwurf vom Landtag gemacht wurde (Überweisungen, Anhörungen, Abstimmungen etc.), findet man als „Vorgang“ auf der Landtags-Webseite. Hier findet sich die entsprechende Seite für den „Vorgang Mittelstandsförderungsgesetz“.

Anhörung Klimaschutzgesetz

An einer zweiten Anhörung habe ich teilgenommen, der Anhörung zum Klimaschutzgesetz. Da der Wirtschaftsausschuss nicht federführend ist, habe ich mich hier bedeckt gehalten. Die Anhörung fand im Plenarsaal statt, da so viele Zuhörer, Experten und Abgeordneten anwesend waren, dass es jeden anderen Saal gesprengt hätte. Die Anhörung ging bis spät in den Abend, ich empfand sie als ausgesprochen ermüdend, insbesondere im Vergleich zu der anderen Anhörung.

Lobbygespräche

Ich habe mich mit Vertretern von „Presse-Grosso“ getroffen, des Bundesverbands Deutscher Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Grossisten. Das Thema ist insofern sehr spannend, als der Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften im Zusammenhang mit der Presse- und Meinungsfreiheit sehr sensibel ist. Erwerben große Verlage zu viel Einfluss auf den Vertrieb, können sie damit die Verbreitung unliebsamer Komkurrenz behindern. Umgekehrt ist die Meinungsvielfalt in Gefahr, wenn Verkaufsstellen nur eine Handvoll gängige Zeitschriften anbieten wollen, und vielleicht unrentable Verkaufsstellen nicht mehr beliefert werden.

Derzeit ist der Großhandel de facto monopolisiert, um diese beidseitige Kontraktionspflicht (der Verlage, und der Verkaufsstellen) zu realisieren. Es gibt aber Bestrebungen eines Großverlages, diese Konstruktion aufzubrechen, da sie im Widerspruch zum Kartellrecht steht. Dem soll mit einer Gesetzesinitiative begegnet werden.

Ich war bei der Handwerkskammer Köln, auch ein sehr interessantes Gespräch. Man setzt sich dort von den IHK’n ab, da die Handwerkskammern eine deutlich homogenere Mitgliederstruktur hat als die IHK’n, die ja vom Großkonzern bis zum Einzelunternehmer alle Arten von Pflichtmitgliedern hat. Die Handwerkskammern sind, was Transparenz angeht, auch schon spürbar weiter als die IHK’n. Ich habe den Punkt der Pflichtmitgliedschaft thematisiert – will man diese aufheben, muss man sich aber auch Gedanken darüber machen, wie man die berufliche Ausbildung in Zukunft organisieren will.

Ich mich mit Vertretern des Deutschen Journalisten-Verbands NRW getroffen, die mit mir über das neue Leistungsschutzrecht reden wollten. Wie nicht anders zu erwarten, hatten wir an dieser Stelle durchaus unterschiedliche Meinungen – wir Piraten lehnen das neue Leistungsschutzrecht für Verlage grundsätzlich ab. Im Hinblick auf das geistige Eigentum, welches der Autor an seinem Werk auch nach der Veröffentlichung haben soll, inklusive des Rechts auf digitalen Kopierschutz, kamen wir nicht recht zusammen.

Große Übereinstimmung fand sich aber bei der grundsätzlichen Feststellung, dass Künstler und Autoren von der kommerziellen Nutzung ihrer Werke profitieren sollen, sowie bei der Stärkung der Rechte von Autoren und Journalisten gegenüber ihren Verlagen, samt des Anspruches auf angemessene Vergütung für ihre Arbeit. Ein weiterer diskutierter Punkt waren die Kosten von Anfragen gemäß dem Informationsfreiheitsgesetz, die manche Redakteure teuer zu stehen gekommen sind. Hier werden Piraten weiter ansetzen.

Ein Vertreter der Intendantin des WDR hat sich vorgestellt, der den Kontakt zur Intendantin darstellen will. Wir haben über die Vermischung von Politik und öffentlich-rechtlichem Rundfunk gesprochen und den Umgang mit Inhalten der Mediathek.

Einbindung der Basis

Wir hatten zwischenzeitlich ein erstes Netzwerktreffen zwischen Basis- und Landtagspiraten im Bereich Wirtschaft und Finanzen: Am 16.10. waren einige Mitglieder des AK Wirtschaft und Finanzen der NRW-Piraten im Landtag zu Gast und haben mit Abgeordneten und Referenten darüber gesprochen, wie man die Basis am besten in die inhaltliche Arbeit im Landtag einbinden kann. Wir haben uns geeinigt, dass wir uns ab jetzt regelmäßig im Landtag treffen wollen – zunächst alle vier Wochen – um wichtige Themen direkt miteinander zu besprechen. Zudem halten unsere Fachreferenten in der Zwischenzeit Kontakt mit den Piraten-Arbeitskreisen, stellen dort vor, woran sie gerade arbeiten und holen sich Feedback und Anregungen für neue Themen. Die Details der weiteren Zusammenarbeit werden wir demnächst gemeinsam erarbeiten.

Kleine Anfragen

Eine Antwort bekam ich zu meiner Anfrage „Verwaiste Werke von in der NS-Diktatur verfolgten und ermordeten Künstlern“, die ich als ausweichend empfinde. Hier werde ich sicher noch mal nachhaken, ich finde es unerträglich, dass man sich vor der Verantwortung drückt.

Einiges Interesse bei lokaler Presse löste die Antwort zur Anfrage „Kosten der Welterbestätte Zeche Zollverein für die öffentliche Hand“ aus. Diese ist umfangreich ausgefallen, auf den ersten Blick fällt auf, dass das Projekt unglaublich teuer ist.

Die Antwort auf meine Frage „Transparenz und demokratische Verfahren bei den Industrie- und Handelskammern“ ist just hereingekommen, und wird kommende Woche veröffentlicht, wir werden das mit einer Pressemitteilung begleiten, und später wird es hier auch Gesetzesinitiativen geben.

Einen offensichtlichen Widerspruch des Finanzministers in der Antwort auf meine kleine Anfrage zur Steuer-CD und eine am Folgetag herausgegebenen Pressemitteilung des Finanzministeriums habe ich in einer kleinen Anfrage thematisiert, eine Antwort steht noch aus.

Alle kleinen Anfragen von mir findet ihr hier:
http://www.daniel-schwerd.de/glaeserner-mdl/kleine-anfragen/

Das erfolgreichste Video aller Zeiten? Das tut uns leid.

Ich freue mich immer, wenn das Internet neue Phänomene hervorzaubert, von denen man sonst womöglich nicht erfahren hätte – wie zuletzt den Südkoreaner „Psy“ mit seinem „Gangnam Style“. Psy ist seiner Heimat bereits seit einigen Jahren mit K-Pop erfolgreich, er hat dort sechs Alben veröffentlicht. Das Erfolgsrezept seines derzeitigen Hits „Gangnam Style“: ein lustig-alberner Tanzstil, einfach-effektive elektronische Discomusik, und ein koreanischer Text, der sich mit dem luxuriös-mondänem Lebensstil des Stadtviertels Gangnam in Seoul befasst.

Der Musikclip des Künstlers wurde in diesem Jahr bereits mehr als fünfhundert Millionen Mal angesehen, weltweit, er ist für alle diese Nutzer kostenlos bei YouTube verfügbar. Über zwei Millionen Besuchern hat der Clip so gut gefallen, dass sie es mit dem kleinen Daumen-hoch-Symbol positiv bewertet haben. Damit ist dieses Video das erfolgreichste YouTube-Video aller Zeiten geworden, es hat dafür einen eigenen Eintrag im Guinnessbuch der Weltrekorde bekommen.

Psy ist mittlerweile weltweit erfolgreich – in vielen Ländern der Welt ist sein Song in den Charts, zum Beispiel in Deutschland und Großbritannien bis auf Platz 1, in den USA bis auf Platz 2. Auch in den iTunes-Charts hat es der Song Mitte September bis auf Platz 1 geschafft – trotz der Tatsache, dass er kostenlos bei YouTube verfügbar ist. Es ist davon auszugehen, dass das Lied damit auch kommerziell ausgesprochen erfolgreich sein dürfte.

Rhetorische Frage: Ist dieser Song nun trotz oder wegen der vielgescholtenen „Kostenloskultur“ des Internets so erfolgreich? Hätte Psy ebenfalls einen weltweiten Erfolg mit seinem Stück gehabt, wenn sein Video nicht gratis im Internet verfügbar gewesen wäre? Oder ist nicht eben genau dieser Erfolg ein Indiz dafür, dass durch das kostenlose Anbieten von Inhalten im Internet die Künstlerszene gerade nicht verarmt, sondern das sich damit ganz neue Chancen und Möglichkeiten ergeben – auch kommerzieller Art? Denn oft sind es gerade die Nutzer, die den Song kostenlos im Internet sahen, die ihn sich anschließend auch kaufen.

Besonders gefällt mir, wie sehr dieser Clip Menschen auf der ganzen Welt angeregt hat, eigene Versionen, Remixe und Parodien des Videos herzustellen und im Internet zu zeigen. Da gibt es „Klingon Style“ – eine klingonische Version im Startek-Stil, „Opa Gandalf Style“, eine Herr-der-Ringe-Parodie, und selbst einen „Mitt Romney Style“ gibt es – jedes dieser Videos wurde bereits millionenfach angesehen. Ein Füllhorn an schrägen Ideen, Kreativität und Kunst. Alles – streng genommen – ein Urheberrechtsverstoß, gestohlenes geistiges Eigentum, geklaute Musik – zumindest im Rechtsverständnis der Content-Industrie und der Verwerter. Weltweit werden solche Remixe und Mash-Ups verfolgt und aus dem Netz geklagt, obgleich sie so oft über einen ganz eigenen künstlerischen Wert verfügen.

Und in Deutschland? Das Video auf dem offiziellen YouTube-Kanal des Künstlers ist in Deutschland nicht verfügbar, da die GEMA YouTube die in Deutschland erforderliche Rechte nicht eingeräumt hat – obwohl das der ganz offizielle Kanal des Künstlers ist. Das tut mir leid. Auch und gerade für die Künstler.

Pressemitteilung zum Wahlrecht

Ich habe am Freitag eine Pressemitteilung veröffentlicht, die ich hier nochmal wiedergeben möchte. Es geht um den absurden Vorschlag des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU im Bundestag Krings, die Verfassung dem Wahlrecht anzupassen (anstatt umgekehrt).


Wahlrecht: Absurder Angriff der CDU auf das Verfassungsgericht

Mit einer Grundgesetzänderung möchte die Union erreichen, dass auch im zukünftigen Wahlrecht Überhangmandate möglich werden. Durch Ausgleichsmandate könnte ein Bundestag im Extremfall auf fast 900 Abgeordnete anwachsen.

Daniel Schwerd, Abgeordneter der Piratenfraktion im Landtag NRW, lehnt diesen Vorschlag von CDU-Politiker Günter Krings kategorisch ab, der Regelungskompetenzen beim Wahlrecht vom Verfassungsgericht zum Bundestag übertragen will. „Der CDU ist das Verfassungsgericht wohl zu anstrengend geworden. Was Krings hier andeutet, ist nichts anderes als eine unsägliche Attacke auf ein politisch bewährtes System“, sagt Schwerd mit Blick auf zahlreiche Entscheidungen der Karlsruher Richter gegen Gesetze der Bundesregierung.

„Gerade im Wahlrecht ist es unverzichtbar, dass Kontrolle bei einer neutralen Stelle wie dem Verfassungsgericht liegt. Dass Karlsruhe wiederholt die in Berlin verfassten Regelungen als verfassungswidrig abgelehnt hat, beweist dies.“ Auch die jüngst durch die schwarz-gelbe Bundesregierung erfolgte Revision des Wahlrechts wurde vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft.

Schwerd fordert die Berliner Bundestagsparteien auf, endlich ein verfassungskonformes Wahlrecht zu erarbeiten. „Krings‘ Idee ist völlig absurd. Man kann nicht die Verfassung ändern, damit sie zu einem völlig misslungenen Wahlrecht passt – um damit Überhangmandate mit negativem Stimmrecht erlauben. „Wenn man auf einem toten Pferd sitzt, hilft es nicht, ihm Räder zu montieren“, so Schwerd.

Ein Wahlrecht ohne Überhangmandate wäre verfassungskonform und würde einen aufgeblähten Bundestag verhindern – ganz ohne Verfassungsänderung. Konstruktive Vorschläge dazu liegen vor, beispielsweise vom Verein „Mehr Demokratie e. V.“ mit dessen Vorschlag zum Bundeswahlrecht „Wählen ohne Überhang“. „Dieser Vorschlag ist deutlich zu unterstützen“, so Schwerd.


In diesem Zusammenhang: Danke, Schafi!

Wochenrückblick 2/2012

Wie schon befürchtet ist Zeit eine der knappsten Ressourcen im Politikalltag. In der sitzungsfreien Zeit war es turbulent – und schneller als erwartet kam die erste Sitzungsperiode. Demnächst möchte ich regelmäßiger über meinen Alltag hier im Landtag zu schreiben – vor allem auch deshalb, weil es spannend wird und die inhaltliche Arbeit überwiegt.

Inhaltliches

Nach vielen organisatorischen Dingen ist in den letzten Wochen die inhaltliche Arbeit in den Vordergrund gerückt. Bei einigen Themen arbeiten wir uns gerade ein, wie beispielsweise den Haushalt 2012. Wir haben eine ganze Reihe von Themen in den parlamentarischen Prozess eingebracht: Darunter zwei Gesetzentwürfe (zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes und zur Änderung der Landesverfassung), ca. 60 Kleine Anfragen, eine Große Anfrage (zu den krankheitsbedingten Fehlzeiten bei der Polizei) sowie einige Anträge. In der Aussprache zur Regierungserklärung von Hannelore Kraft am 12.9. waren wir im Übrigen die einzige Oppositionsfraktion, die erklärt hat, wie sie sich die inhaltliche Arbeit in den nächsten fünf Jahren im Landtag konkret vorstellt (Link zur Rede von Joachim Paul). Von den anderen Oppositionsparteien hörte man die üblichen Vorwürfe in Richtung Regierung – die es dafür in die Presse geschafft haben.

Ich habe eine Rede zum Thema der EFRE-Förderung im Ziel II-Programm gehalten – dabei geht es um Strukturförderung mit EU-Mitteln. Die CDU hat einen Antrag vorgestellt, in dem sie sich mehr Wettbewerb und weniger Großprojekte bei der Mittelvergabe wünscht. Ich habe dazu Stellung genommen – ich hoffe, konstruktiv und nicht im üblichen Politgebashe. Sehen kann man die Rede hier. Anzumerken ist, dass diese Rede eigentlich nur zu Protokoll gegeben werden sollte. Ich finde das unsäglich – eine Debatte, die nur auf Totholz stattfindet, ist keine.

Alle Kleinen Anfragen, die ich stelle, verlinke ich hier im Blog. Oft genug drückt sich die Regierung um eine echte Antwort herum, manchmal sind die Antworten aber sehr interessant. Dann – wie zum Beispiel bei meiner kleinen Anfrage zu der Verwertung von Daten, die sich auf den aufgekauften Steuer-CDs befinden – versuche ich daraus auch medial etwas zu machen. (U. a. berichteten in der Folge Spiegel Online, Focus Online und der WDR.)

Eine weitere kleine Anfrage, die sehr erfreulich verlaufen ist, ist die zu den Kölner Jahnwiesen. Hier stand im Raum, dass dieser Platz dem Deutschen Fußballbund als Leistungszentrum zur Bebauung zur Verfügung gestellt worden. Die Kölner waren nicht erfreut, diesen Platz des Breitensports womöglich zu verlieren, und haben protestiert – die Antwort der Landesregierung liest sich nun so, als sei das Thema vom Tisch. Ich würde mir gerne einbilden, dass es an meiner Anfrage liegt, vermute aber, dass das schon vorher zwischen Landesregierung und Stadt so besprochen war.

Andere Anfragen, die ich gestellt habe, drehten sich um die De-Mail, verwaiste Werke von in der NS-Zeit ermordeten und verfolgten Künstlern, NSU-Aktenvernichtung, Zahlungsmoral öffentlicher Stellen und dem Damoklesschwert von Kassenkrediten der Kommunen. Hier stehen Antworten noch aus.

Einen großen Anteil unserer inhaltlichen Arbeit macht momentan der Haushaltsentwurf für 2012 aus. So ein Haushalt ist ein ganz schöner Brocken Totholz:

Der rechte Stapel besteht aus den Einzelplänen und Erläuterungsbänden derjenigen Ressorts, für die ich zuständig bin ­– also Wirtschaft, Kultur und Medien. Der linke Stapel besteht aus den restlichen Haushaltsplänen. Leider hat die rot-grüne Landesregierung den Haushaltsentwurf sehr spät vorgelegt. Laut Verfassung muss der Haushalt so eingebracht werden, dass er verabschiedet werden kann, bevor das entsprechende Haushaltsjahr beginnt. Der aktuelle Haushalt für 2012 ist erst Ende August eingebracht worden und wird wohl erst im November verabschiedet – wenn das Jahr schon fast rum ist. Direkt im Anschluss kommt dann der Haushalt für 2013 auf den Tisch – bis zu seiner Verabschiedung wird 2013 schon begonnen haben, also im Grunde auch schon zu spät.

Daneben beschäftigt mich das sogenannte Mittelstandsförderungsgesetz. Hier möchte die Landesregierung eine „Clearingstelle Mittelstand“ einrichten, die alle Gesetze der Landesregierung auf Mittelstandsverträglichkeit durchleuchten soll, noch ehe sich das Kabinett mit dem Thema beschäftigt – geschweige denn der demokratisch gewählte Landtag. Das größte Problem an der Sache: Die Clearingstelle soll sich aus bezahlten Interessenvertretern zusammensetzen. Damit würde der Verbandslobbyismus institutionell im Gesetzgebungsprozess verankert (Link zum Pad mit ausführlicher Kritik). Am 25.Oktober findet eine Expertenanhärung im Wirtschaftsausschuss statt, zu dem wir die geeigneten Fragen stellen wollen, um diesen Punkt herauszustellen. Demnächst werde ich euch dann hoffentlich mitteilen können, dass uns das gelungen ist.

Wie man einen Politikalltag organisiert

Wir haben unseren Büro-Umzug bewältigt. Statt des tristen Ausblicks auf die Altglascontainer der Landtags-Kantine schauen wir aus unserem neuen Büro in der obersten Etage jetzt über die Dächer Düsseldorfs und auf das Stadttor, in dem auch die Staatskanzlei untergebracht ist. Wir können als Oppositionsfraktion die Regierung jetzt also nicht nur politisch unter die Lupe nehmen, sondern auch ganz praktisch.

Tatsächlich ist ein Großteil der Sommerpause für organisatorische Dinge draufgegangen. Ich habe eine Vielzahl von Bewerbungsgesprächen geführt – ein Wirtschaftsreferent wurde gefunden und eingestellt, und für Kultur und Medien haben Gespräche auch schon stattgefunden, wenn auch die letzte Entscheidung noch fallen muss.

Inzwischen haben wir als Fraktion einen Großteil der Arbeitsabläufe standardisiert und unsere Arbeitswochen entsprechend durchgeplant. Montags treffen sich die fraktionsinternen Arbeitskreise. Diese sind nach Themenfeldern geordnet und dienen der Vorbereitung für die Fraktionssitzungen. Hier können Themen ausführlich diskutiert werden, während sie in den Fraktionssitzungen aus Zeitgründen oft nur relativ kurz vorgestellt werden können. Wenn ein neues Gesetz bspw. im Wirtschaftsausschuss auf der Tagesordnung steht, stelle ich das in meinem Arbeitskreis vor, um mit den anderen Abgeordneten und Mitarbeitern, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen, darüber zu diskutieren und zu überlegen, wie man sich dazu im Ausschuss und im Plenum verhalten soll.

Mit dem jeweiligen Diskussionsergebnis geht es dann dienstags in die Fraktionssitzung, an der alle Abgeordneten und die Fachreferenten teilnehmen. Hier wird alles besprochen, was die Fraktion insgesamt betrifft: Von der Frage, wer sich um die Technik für die Streams kümmert bis hin zur Diskussion über Gesetze und Anträge. Es werden die Ergebnisse aus den Arbeitskreisen vorgestellt und es wird besprochen, wie man als Fraktion zu einem Vorhaben steht und wer bei der nächsten Plenarsitzung dazu eine Rede halten soll. Alle Fraktionssitzungen und die Arbeitskreissitzungen, werden von uns live ins Internet gestreamt.

Neben diesen Fraktionsterminen gibt es feste Termine für alle Abgeordneten des Landtags: Die Ausschuss- und die Plenarsitzungen (ich habe dazu schon etwas in meinem letzten Wochenrückblick geschrieben). In den Sitzungswochen tagen von dienstags bis freitags die Fachausschüsse, an denen Abgeordnete aller Parteien teilnehmen. Hier wird v.a. über die Details von Gesetzen diskutiert, es werden Änderungen eingearbeitet und bei öffentlichen Anhörungen Experten befragt. Von Juli bis Dezember 2012 gibt es insgesamt fünf Plenarwochen. (Link zu allen Parlamentsterminen)

Findet eine Plenarsitzung statt, wird es in Zukunft bei Bedarf am Freitag davor eine Fraktions-Sondersitzung geben. Hier gehen wir alle Tagesordnungspunkte durch und besprechen, wie wir uns dazu verhalten wollen. Der jeweils mit dem Thema befasste Abgeordnete macht einen Vorschlag, wie man seiner Meinung nach abstimmen soll. Diese Vorschläge haben bei uns keine bindende Wirkung, jeder kann so abstimmen, wie er es für richtig hält. Und das tun wir auch – in den Plenarsitzungen kommt es regelmäßig vor, dass verschiedene Abgeordnete der Piraten unterschiedlich stimmen. In Wochen ohne Plenarsitzung treffe ich mich freitags zudem oft mit den Piratenabgeordneten, mit denen ich im gleichen Ausschuss sitze (Kai Schmalenbach im Wirtschaftsausschuss und Lukas Lamla im Ausschuss für Kultur und Medien), um wiederum die Sitzungen der Arbeitskreise am Montag vorzubereiten.

Termine, Termine

Zwischendrin gibt es eine Vielzahl weiterer Termine, die ich als Abgeordneter wahrnehme, bspw. Veranstaltungen mit Bürgern, Gespräche mit Vertretern von öffentlichen Einrichtungen und Verbänden, Gespräche mit anderen Abgeordneten (alle Termine veröffentliche ich hier auf meiner Webseite). Und schließlich wären da noch die verschiedenen Piraten-Termine, in denen unsere eigenen Inhalte überhaupt erst entstehen: Also Stammtische, Arbeitskreise, Barcamps, Mumble usw.

In der sitzungsfreien Zeit habe ich die Gelegenheit genutzt, durch „meine“ Region zu reisen: Ich habe Piratenstammtische im Rhein-Erft-Kreis, in Düren und Euskirchen besucht und dort Bürgersprechstunden abgehalten. Ich hoffe, dass ich dazu auch in Zukunft regelmässig kommen werde. Mir hat das sehr viel gebracht – Probleme beispielsweise mit dem mangelhaften Netzausbau, die die Piraten „auf dem Land“ haben, verliert man in der Stadt aus den Augen, VDSL-verwöhnt wie man da ist.

Zuletzt noch der Hinweis auf www.piratenfraktion-nrw.de – hier gibt es jeweils auch tagesaktuelle Neuigkeiten. Bei den nächsten Wochenrückblicken wird es dann in die Details der Arbeit gehen.

Themenübersicht 2. Sitzung Kultur- und Medienausschuss

Hallo liebe Leute,

folgende Themen werden im Kultur- und Medienausschuss am 27. September 2012 im Landtag behandelt:

1) Einführung in die kulturpolitischen Schwerpunkte der 16. Wahlperiode. (Bericht der Landesregierung)

2) Einführung in die medienpolitischen Schwerpunkte der 16. Wahlperiode. (Bericht der Landesregierung)

3) Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2012 (Haushaltsgesetz 2012), kultur- und medienpolitisch relevante Kapitel
Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/300

4) Gesetz über die Ablieferung von Pflichtexemplaren in Nordrhein-Westfalen (Pflichtexemplargesetz Nordrhein-Westfalen)
Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/179

5) Stand des Kulturfördergesetzes
Sachstandsbericht der Landesregierung, beantragt von der CDU-Fraktion am 21.8.2012.

6) Kultureller Beitrag von NRW Künstlern während der Olympiade in London
Bericht der Landesregierung, beantragt von der SPD-Fraktion am 21.8.2012.

7) Förderauszeichnung für nordrhein-westfälische Theater
Bericht der Landesregierung, Vorlage – wird erwartet

8) Tag der Medienkompetenz (*)
Bericht der Landesregierung, Vorlage 16/153

9) Aktueller Stand der Auswertung der Konsultation der EU-Kommission zum Thema Filmförderung aus NRW-Sicht
Bericht der Landesregierung

10) Verschiedenes
– Übertragung von Rundfunkfrequenzen, Vorlagen 16/32, 16/33, 16/34, 16/68
– Terminplan 2012 und 2013

Die Sitzung ist öffentlich, sie findet am Donnerstag, den 27.09 ab 13:30 Uhr in Raum E1-A16 statt.

Über Feedback / Input freue ich mich.

(*) Am Tag der Medienkompetenz werde ich auch teilnehmen, indem ich eine Veranstaltung in Köln besuchen werde – hierzu kommt später noch mehr.

Meine gestrige Rede zum Ziel II-Programm

Meine gestrige Rede zum Ziel II-Programm im Nordrhein-Westfälischen Landtag ist nun online:

Ich habe diese Rede nicht nur zu Protokoll gegeben, sondern die Debatte tatsächlich führen wollen, obgleich mich die anderen Fraktionen darum gebeten hatten. Damit mache ich mich unter meinen Kollegen zwar nicht beliebt, aber warum ich davon nichts halte, spreche ich zu Beginn der Rede an.

Zum Zustand des KV Köln

Disclaimer: Dieser Artikel bildet meine Überzeugung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im September 2012 ab. Ich würde ihn heute anders schreiben.

Aus – oft lustig gemeinten, oft aber auch mit Augenrollen garnierten – Äußerungen über den Kreisverband Köln entnehme ich, dass im Land der Eindruck besteht, bei uns herrschen chaotische Zustände. Ich las, es „sei bekannt“, das „bürgerkriegsähnliche Zustände“ herrschen, lauter „Privatkriege“, „Megafails“ passieren ja in Reihe, nichts bekäme man zustande, und überhaupt seien alle ganz furchtbar zerstritten.

Diesen Darstellungen möchte ich jetzt endlich mal entgegentreten, das ist mir eine Herzensangelegenheit.

Das genaue Gegenteil ist nämlich der Fall: Der Kreisverband Köln hat über 500 Mitglieder. Mindestens 100 davon sind aktiv, alle sind überaus engagiert, fleißig und motiviert. Die Stimmung ist ausgesprochen gut. Es finden regelmäßig sehr produktive Stammtische statt – der zentrale Stammtisch hat meist über 50 Besucher. Wir haben eine sehr rege kommunalpolitische Agenda, die in verschiedenen Teams aktiv entwickelt wird, koordiniert von Thomas Heg. Dabei kommen sehr viele Ergebnisse zustande, Positionen und Nachrichten, ein Kommunalprogramm wird erarbeitet. Ein verwaltend tätiger Kreisvorstand – bekanntermaßen alles Ehrenamtler – reißt sich den Allerwertesten auf.

Die Stimmung im Kreisverband ist: ausgesprochen gut! Der Umgang untereinander ist in der Regel ausgesprochen harmonisch. Wir haben Besucher von außerhalb, die regelmäßig und gerne nach Köln kommen und sich hier wohlfühlen.

Natürlich sind wir alle unsere eigenen, speziellen Charakter, wie das bei Piratens bekanntlich so ist, so dass man sich bisweilen aneinander reibt – aber auch das befruchtet die Debatte stets, man weiß sich „zu nehmen“. Wo man arbeitet, passieren auch Fehler, dass ist klar – damit gehen wir untereinander ausgesprochen konstruktiv um, dafür gibt es genug Beispiele.

Von der Destruktivität und der Unproduktivität, die man uns nachsagt, ist buchstäblich nichts vorhanden.

Naja, nicht ganz, es gibt eine sehr sehr kleine Gruppe von Kölnern, die dieses falsche Bild unseres Kreisverbandes in der restlichen Republik erzeugen. Sie tun das mit Gerüchten, aus dem Zusammenhang gerissenen Aussagen, falschen Behauptungen und verächtlichen, destruktiven Sprüchen. Über deren Motive möchte ich nicht spekulieren.

Ich ärgere mich sehr darüber, denn damit wird das Engagement dieser vielen tollen Menschen verleugnet. Die ganze Arbeit, die enorme Leistung wird in Abrede gestellt, ich finde das schäbig. Ich kann Euch versichern, es gibt keine „Lagerbildung“ – diese Personen stehen vollkommen isoliert. Die übergroße Mehrheit der Kölner hält eindrucksvoll zusammen.

Und daher möchte ich Euch allen sagen: Diese Vorwürfe stimmen nicht im Geringsten. Ich lade Euch alle herzlich ein, kommt doch mal zu uns nach Köln, auf einen der vielen Stammtische, und überzeugt Euch davon, mit viel Einsatz und auch sehr viel Spaß man bei der Sache ist. Ich bin ganz stolz, ein Teil davon zu sein.

Und tut mir den Gefallen: Glaubt die dummen, unfairen Sprüche nicht. Wenn ihr Fragen habt, fragt lieber erst mal nach, bevor ihr sie weiter verbreitet, tweetet oder mumbelt – ihr werdet gerne Antwort bekommen. Spiegelt den Verleumdern zurück, dass ihr davon nichts hören wollt. Die vielen tollen Piraten hier haben das nicht verdient. Und ich kann das nicht mehr ertragen.

Ich freue mich über Feedback, und wiederhole gerne nochmal die Einladung: Kommt uns besuchen, wir würden uns freuen.

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!

Themenübersicht 2. Sitzung Wirtschaftsausschuss

Hallo liebe Leute,

folgende Themen werden im Wirtschaftsausschuss am 5. September 2012 im Landtag behandelt:

In federführender Beratung:

1) Gesetz zur Förderung des Mittelstandes in Nordrhein-Westfalen (Mittelstandsförderungsgesetz)

In Mitberatung:

2) Gesetz zur Änderung des Landeswassergesetzes

3) Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern in Nordrhein-Westfalen (Nichtraucherschutzgesetz NRW – NiSchG NRW)

4) Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes in Nordrhein-Westfalen

Links zu 1-4) findet man jeweils unter:
http://netnrd.de/a18

Weitere Themen:

5) Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Gewerberechtsverordnung 16/45
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV16-45.pdf

6) Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Gewerberechtsverordnung 16/102
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV16-102.pdf

7) Einrichtung eines Unterausschusses „Bergbausicherheit“

8) Abbausituation an den Braunkohletagebauen Inden und Garzweiler (noch keine Vorlage vorhanden)

9) Netzausbau in Nordrhein-Westfalen – Bericht der Landesregierung (liegt noch nicht vor)

10) Verschiedenes

Die Sitzung ist öffentlich, sie findet am Mittwoch, den 05.09 ab 10 Uhr in Raum E1-D05 statt.

Über Feedback / Input freue ich mich.

Beschneidungsdebatte, Fortsetzung

Im Grunde bin ich nicht überrascht, dass die Debatte unvermindert anhält – eigentlich wollte ich zu dem Thema vorerst nicht mehr bloggen. Allerdings hat der Gegenwind, den ich erfahren habe, durchaus vergleichbar mit den religiös motivierten Beschimpfungen in diesem Thema zu tun, samt justiziablen Beleidigungen, Bedrohungen und natürlich jeder Menge Polemik, nur das diese aus der anderen Richtung stammt.

Daher habe ich das Bedürfnis, mich erneut zu erklären, auch wenn ich etwas enttäuscht bin, wie sehr man mich falsch verstanden hat, und wie wenig man meine Einstellungen offenbar kennt.

Beschneidungen halte ich grundsätzlich für zumutbar. Man bemerke das Wort „Grundsätzlich“. Es bedeutet eben nicht „alternativlos“, oder „unbedingt“, sondern „im Grunde, es kann aber Ausnahmen geben, die dann ihrerseits gut begründet sein sollen“. Das heißt, es gibt Beschneidungsformen und -Arten, die eben nicht zumutbar sind.

Was für mich auf keinen Fall hinnehmbar ist sind Kindesmisshandlungen. Daher verurteile ich auch jede Beschneidung, die mit Gewalt oder Zwang zu tun hat. Kleine Jungs mit mehreren Erwachsenen festzuhalten und gewaltsam zu beschneiden ist absolut nicht zu tolerieren. Man kann sich vorstellen, dass ärztliche Sorgfalt bei einem zappelnden Kleinkind nicht anzuwenden ist. Solche Situationen können schwere, lebenslange Traumata auslösen. Genauso unakzeptabel halte ich Beschneidungen ohne Betäubung. Es ist in der Beschneidungszeremonie sicher hinzunehmen, dass der Schmerz des Kindes soweit wie möglich gelindert wird.

Sichergestellt werden muss auch Ausbildung und Hygiene. Eine Beschneidung auf dem Küchentisch des Rabbi oder des Imam ist unakzeptabel. An eine Beschneidung müssen dieselben Anforderungen gestellt werden wie an jede andere Operation auch.

Schließlich ist die Information und Belehrung der Eltern unabdingbar. Eltern müssen über die Gefahren, Risiken und Spätfolgen eindringlich informiert werden. Ihnen muss vor Augen geführt werden, dass sie die Sexualität ihres Sohnes möglicherweise auf Dauer beeinträchtigen. Dazu sollte man Zahlenmaterial erheben und vorlegen, welches die Risiken verdeutlicht. Eine Regelung, über die Belehrung zu „schlafen“, kann auch sinnvoll sein.

Man halte sich aber auch vor Augen, dass die Beschneidung in aller Regel ohne Folgen oder Nebenwirkungen verläuft. Man verbietet ja nicht grundsätzlich alle risikogeneigten Tätigkeiten oder Operationen, sondern man wägt den Vorteil und das Risiko gegeneinander ab. Eine Automatik, dass Beschneidung zu Kindesleid führt, gibt es nicht.

Gewiss ist es sinnvoller, mit der Beschneidung zu warten, bis der Junge einwilligungsfähig ist, und über seine Religion und den dazu notwendigen Ritus selbst entscheiden kann. Ich weiß nicht, wie das in den Strömungen des Islam ist, aber für das Judentum stellt dieser Wunsch offenbar keine Lösung dar. Eventuell abweichende Riten wären wünschenswert, der Eingriff von Staatswegen in die Ausübung der Religion halte ich aber für kritisch. Für die absolute Mehrzahl der gläubigen Juden führt kein Weg an der Beschneidung am achten Tag vorbei.

Um es an dieser Stelle auch ganz deutlich zu sagen: Ich selbst bin gar nicht religiös. Religiöse Riten selbst sind mir egal. Ich bin nicht beschnitten, und bin auch sehr froh, es nicht zu sein. Ich halte Beschneidungen für ein nicht mehr zeitgemäßes Ritual, sie in unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr angezeigt oder wünschenswert.

Was mir aber nicht egal ist, das ist die Freiheit. Jeder hat die Freiheit, sich für oder gegen eine Religion zu entscheiden. Wir haben nicht darüber zu entscheiden, ob wir das für richtig oder sinnvoll halten – Religion ist Privatsache. Dazu gehört auch die Freiheit, dumme oder unverständliche Riten zu vollziehen.

Kleine, nicht einwilligungsfähige Kinder haben die notwendige Entscheidungsfreiheit nicht. Das liegt in der Natur – Kinder erlangen ihre Entscheidungsfreiheit erst im Laufe der Jahre. Bis dahin sind die Eltern dafür zuständig, solche Entscheidungen zum Wohle ihrer Kinder zu treffen.

Und hier liegt für mich der Hase im Pfeffer: Dürfen wir Eltern untersagen, eine Religionsentscheidung für ihre Kinder zu treffen? Darf diese Entscheidung auch die körperliche Unversehrtheit umfassen? Dürfen Eltern ihre Kinder Risiken aussetzen?

Hier nehme ich den Standpunkt der Eltern ein: Ich treffe jeden Tag Entscheidungen für meine Kinder. Ich entscheide, wo sie wohnen, was sie essen, ich entscheide, wo sie zur Schule gehen. Ich steige mit ihnen in ein Flugzeug oder ein Auto ein. Selbstverständlich setze ich meine Kinder tagtäglich Risiken aus. Die Entscheidung, welches ihr Schulweg ist, wird von mir getroffen. Wenn ich den Job wechsle, umziehe, oder mich scheiden lasse, dann beeinflusst und beeinträchtigt das meine Kinder auf vielerlei Hinsicht, und nicht immer positiv, aber auch nicht immer vermeidbar.

Meine Entscheidungen beeinflussen das Wohl der Kinder auf vielfältige Weise. Ich verwehre mich aber dagegen, von der Gesellschaft, dem Staat, den Gesetzen entmündigt zu werden – ich trage die Verantwortung und das Risiko, bis meine Kinder alt genug sind. Wenn ich dazu nicht in der Lage bin, hat der Staat mich in Bezug auf meine Kinder zu entmündigen. In einzelne Regelungen eingreifen ist jedoch stets ein Eingriff in meine Freiheit. Das darf nur dann geschehen, wenn Eltern nicht mehr das Wohl ihrer Kinder im Blick haben.

Um den Bogen zurück zur Religion zu spannen: Ich bin überzeugt davon, dass muslimische und jüdische Eltern nur das Beste für ihre Kinder wollen. Sie sind der Ansicht, ihren Kindern gerecht zu werden, wenn sie sie beschneiden, und sie Mitglied einer gläubigen Gemeinde werden lassen. Die Entscheidung, das richtig zu halten, muss man den Eltern überlassen. Wichtig ist allerdings, dass sie in der Lage versetzt sind, das Risiko und die Folgen abzuschätzen.

Religionsfreiheit ist die Freiheit, sich für oder gegen Religion entscheiden zu können. Für nicht einwilligungsfähige Kinder bedeutet das, dass diese Freiheit den Eltern zufällt, bis die Kinder sich selbst entscheiden können. Wir haben nicht das Recht, in die Religionsfreiheit der Eltern einzugreifen, um Kinder vor ihren eigenen Eltern zu schützen und sie religionsfrei zu halten – dies ist eine Bevormundung, die ich nicht akzeptieren möchte. Dann ist jede drohende, mögliche Beeinträchtigung von Kindern ein Grund, Entscheidungsfreiheit von Eltern zu begrenzen.

Gleichwohl sollte man eine gesellschaftliche Debatte in den Religionen anregen, wie man mit Beschneidungen umgehen will. Ist es möglich, auf mittlere oder lange Sicht auf Beschneidungen zu verzichten, bzw. den Ritus den Kindern selbst freizustellen im einwilligungsfähigen Alter? Ist es möglich, wenn jemand sich partout nicht beschneiden lassen will, ihn dennoch als Mitglied der Gläubigen und Gemeinden zu akzeptieren? Diese Debatten kann man aber nicht mit Gesetzen und Sanktionen befördern, das wird nur zu Ausweichbewegungen in die Illegalität führen.

Derzeit wird ein Kompromiss erarbeitet, den ich charmant finde: Verbot von Beschneidungen bei nicht einwilligungsfähigen Jungen bei gleichzeitiger Straflosigkeit, und Fristenregelung zur Beratung. Dies verdeutlicht unsere gesellschaftliche Position, von Beschneidungen abzugehen, respektiert aber, wenn Religionen vorerst nicht darauf verzichten wollen.

Ich bin zu diesem Thema vom Krähennest interviewt worden, wer das nachhören möchte, kann das hier tun:
https://blog.piratenpartei-nrw.de/kraehennest/2012/08/26/daniel-schwerd-zur-pm-situation-in-der-fraktion-bzgl-der-beschneidungsdebatte/

Noch ein Wort zu Bedrohungen, die gegen Ali ausgesprochen worden sind: Androhung von Gewalt, Bedrohungen und Beschimpfungen Andersdenkender verurteile ich auf das Schärfste. Man kann anderer Meinung sein, aber man hat eine gut begründete Meinung seines Gegenübers zu respektieren, genauso wie die Person als Mensch. Ali hat unser aller vollste Unterstützung und unser vollstes Mitgefühl. Gegen Diffamierung und Bedrohung sprechen wir uns entschieden aus! Da sind wir vollkommen auf seiner Seite. Ich habe Ali Unterstützung, Unterschlupf, Begleitung und Gesellschaft angeboten. „Ich mag anderer Meinung sein als Du, aber ich werde mein Leben dafür geben, dass Du sie äußern darfst.“

Zu Pressemitteilungen: Ich möchte gar keine Pressemitteilungen zu diesem Thema herausgeben. Es gibt keinen Konsens in dieser Frage, weder in der Fraktion, noch in der Partei. Daher möchte ich auch verhindern, dass eine einseitige Pressemitteilung herausgeht – es ist einfach nicht angemessen, hier vorzupreschen und eine einseitige Meinung mithilfe der medialen Aufmerksamkeit als Fraktionsmitglied zu transportieren. Sollte das jedoch geschehen, ist es mir wichtig, die Pluralität in dieser Frage darzustellen.

Und wer bis hierhin gelesen hat, dem bin ich besonders dankbar. Ich möchte jetzt wieder Landespolitik machen.

Bild: Autor Sgerbic http://commons.wikimedia.org/wiki/User:Sgerbic – Lizenz CC-BY-SA-3.0