Jugendschutz-Kennzeichnung von Webseiten: Viel Arbeit, kein Nutzen?

Bär

„Der beste Schutz gegen Haarausfall ist eine Glatze.“ – Telly Savalas

In den derzeit diskutierten Versionen zur Neufassung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) ist vorgesehen, dass auf jeder Webseite ein maschinenlesbares Alterskennzeichen (ab 6, ab 12, ab 16 oder ab 18) installiert sein muss. Eltern können auf den Computern ihrer Kinder Filterprogrammen installieren (sogenannte „Jugendschutzprogramme“), die diese Kennzeichen auslesen, und den Kindern dann entsprechend lediglich altersgerechte Webseiten anzeigen. Andere Seiten werden blockiert.

Im Jahre 2012 wurden die ersten Jugendschutzprogramme anerkannt, die solche Kennzeichen auslesen. Erkenntnisse, wieviele Eltern diese Art von Filterprogrammen nutzen, kann man also aus einer über dreijährigen Nutzungszeit gewinnen. Jeder Nutzer, der ein solches anerkanntes Programm installiert hat, kann einfach daran erkannt werden, dass bei seinem Besuch das Alterskennzeichen – standardgemäß eine Datei namens age-de.xml – ausgelesen wird. Entsprechende Nutzer könnten also gezählt bzw. aus den Logfiles von Webseiten bestimmt werden, und die Verbreitung von anerkannten Jugendschutzprogrammen kann im Verhältnis zu den restlichen Besuchern einer Seite errechnet werden.

Da der neue JMStV auf diese Programme setzt und für Webseitenanbieter die Pflicht zur Verwendung von Alterskennzeichen vorsieht, ist es von Interesse, ob und inwieweit sie von Eltern und Erziehenden eingesetzt werden. Einer Verpflichtung zur Installation solcher Kennzeichen durch die Webseitenbetreiber sollte eine messbare Verbreitung der Schutzprogramme vorausgehen, damit der Aufwand in angemessenem Verhältnis zum Nutzen steht. Mit einer gesetzlichen Verpflichtung alleine ist es nämlich nicht getan, dann entsteht lediglich viel Aufwand ohne Nutzen.

Mich interessiert, ob die Landesregierung auf ihren Webseiten selbst überhaupt schon solche Kennzeichen einsetzt – oder verlangt man etwas, was man selbst nicht tut – und welche Verbreitung die Jugendschutzprogramme unter den Besuchern dieser Webseiten haben. Ich habe die Befürchtung, dass es zu beiden Fragen noch nicht viel zu sagen gibt. Aber lassen wir uns überraschen.

Folgende fünf Fragen habe ich der Landesregierung gestellt:

1. Welche Webseiten des Landes, seiner Ministerien, nachgeordneter Behörden oder landeseigener Betriebe verfügen derzeit (heute) nicht über eine installierte Alterskennzeichnung? (Einzeln auflisten)
2. Welche Alterseinstufung haben sämtliche Webseiten des Landes, seiner Ministerien, nachgeordneter Behörden oder landeseigener Betriebe jeweils derzeit (heute)? (Einzeln auflisten, mit jeweiliger Stufe sowie der Kennzeichnungsart)
3. Bezogen auf die 20 Webseiten des Landes mit dem höchsten Besucheraufkommen: Wieviele Besucher haben ein Altersverifikationsprogramm installiert? Geben Sie die Zahlen absolut an, sowie in Prozent gemessen am Besucheraufkommen der Seite, aufgeschlüsselt jeweils nach Kalendermonaten Oktober 2015 bis heute, und nach einzelner Website (soweit die Logfiles noch vorliegen).
4. Steht eine verpflichtende Angabe von Alterskennzeichnung bei diesem Verbreitungsgrad von Kennzeichnungen und installierten Altersverifikationsprogrammen bei Benutzern in angemessenen Verhältnis zum Aufwand der Installation?
5. Was tut die Landesregierung, die Verbreitung solcher Jugendschutzprogramme bei Eltern und Erziehenden zu fördern?

Die zugehörige kleine Anfrage findet man unter der Drucksachennummer 16/11165. Die Antwort wird wieder über die üblichen Wege veröffentlicht, ich halte Euch auf dem Laufenden.

21196 Leser.

3 Gedanken zu „Jugendschutz-Kennzeichnung von Webseiten: Viel Arbeit, kein Nutzen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert