Landesregierung NRW ist Prism ungeschützt ausgesetzt

TelefonVor ein paar Wochen haben wir gefragt, ob ausländische Geheimdienste (wie NSA oder GCHQ) ihr Ohr an Diensthandys der nordrhein-westfälischen Regierung haben könnten. Wir wollten wissen, welche Technik und welche Plattformen die Ministerpräsidentin, die Minister, Staatssekretäre und Mitarbeiter der Regierung für ihre Mobiltelefone benutzen, und ob irgendwelche Maßnahmen zum Schutz dieser Kommunikation verwendet werden.

Die Antwort liegt mittlerweile vor, sie ist erschütternd. Es gibt keine Verschlüsselung von Daten und Gesprächen – ausser der in Blackberrys werksseitig enthaltenen -, darüber hinaus werden Apple- und Android-Geräte eingesetzt ohne besonderen Schutz. Einzige Verteidigung gegen nachichtendienstliche Angriffe ist die Sensibilisierung, „sicherheitseingestufte Informationen nicht im Rahmen der Nutzung mobiler Kommunikation zu übermitteln“ – kurz gesagt: sie sollen also alle ganz doll aufpassen, was sie sagen. Und das war’s.

Wir haben daraufhin die folgende Pressemitteilung herausgegeben:

Landesregierung ist Prism ungeschützt ausgesetzt
Mobiltelefone der NRW-Minister können abgehört werden

Die Mobilfunk-Kommunikation der NRW-Landesregierung ist vor der Überwachung durch US- und britische Geheimdienste nicht ausreichend geschützt – dies gibt die Landes-regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Piratenfraktion zu, die am kommenden Montag veröffentlicht wird (Drucksachen-Nummer 16/3891, siehe Anhang).

Demnach existiert laut Innenminister Ralf Jäger „keine einsatzfähige Lösung, die sowohl eine sichere Sprach- als auch eine sichere Datenkommunikation ermöglicht.“ Stattdessen werden die Mitglieder der Landesregierung und sämtliche Abteilungsleiter der Ministerien lediglich dazu angehalten, „sicherheitseingestufte Informationen nicht im Rahmen der Nutzung der mobilen Kommunikation zu übermitteln“.

Daniel Schwerd, Medien- und Netzpolitischer Sprecher der Piratenfraktion, schlägt Alarm: „Dass Prism und Tempora vor der Privatsphäre der Bürger keinen Respekt haben, haben die bisherigen Enthüllungen bereits gezeigt. Unsere Landesregierung erklärt nun, das sie keinen anderen Schutz habe und der Überwachung ausgeliefert ist, wie jeder andere Bürger des Landes auch. Sie nimmt dies billigend in Kauf – eine unglaubliche Vorstellung. Prism und Tempora sind eine reale Bedrohung für die vertrauliche Kommunikation unserer Verfassungsorgane. Wenn die Geheimdienste die Möglichkeit haben, die Mobiltelefone deutscher Regierungsmitglieder abzuhören und Verbindungsdaten zu sammeln, werden Sie das tun. Wer etwas anderes glaubt, muss ziemlich naiv sein.“

Frank Herrmann, Sprecher für Privatsphäre und Datenschutz bei der Piratenfraktion im Landtag NRW, nimmt Innenminister Jäger in die Pflicht: „Mal wieder wartet Jäger auf die Bundesregierung, die eine Ausschreibung initiiert habe, mit deren Hilfe nächstes Jahr eine technische Lösung erarbeitet werden soll. Ich frage mich, wann sich Herr Jäger endlich selbst bewegt und für ein Mindestmaß an Datensicherheit mit eigenen IT-Ressourcen im eigenen Land sorgt.“

Die Landesregierung nutzt laut Antwort auf die Kleine Anfrage für ihre dienstliche Kommunikation hauptsächlich Mobiltelefone der kanadischen Firma Blackberry, die auch für die Datensicherheit der Geräte zuständig ist. Kanada gehört neben den USA, Großbritannien, Australien und Neuseeland zu der sogenannten „Five Eyes“-Allianz, einem Zusammenschluss zur Vernetzung der Geheimdienstarbeit.

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