Strafbefehle gegen „Düsseldorf stellt sich quer“-Aktivisten: Zivilcourage wird bestraft?

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Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat Strafbefehle in Höhe von insgesamt 210 Tagessätzen à 50 Euro verhängt. Torsten Nagel, zum damaligen Zeitpunkt Geschäftsführer der Falken Düsseldorf und Mischa Aschmoneit, Programmplaner im Kulturzentrum zakk werden anlässlich der Proteste am Oberbilker Markt gegen die extrem rechten „Republikaner“ am 19. März 2016 die „Störung einer Versammlung“ sowie – wegen einer Sitzblockade – „Landfriedensbruch“ vorgeworfen.

Torsten Nagel wird zusätzlich vorgeworfen, bei einer Veranstaltung der rechtspopulistischen AfD in der Düsseldorfer Messe in seiner Funktion als Anmelder und Leiter der Gegenkundgebung von „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ) gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. Beide waren in der Vergangenheit vielfach Leiter verschiedener Kundgebungen und Presseverantwortliche des Bündnisses „Düsseldorf stellt sich quer“. Gegen die Strafbefehle haben die beiden Beschuldigten Widerspruch eingelegt.

Rassismus und Hetze auf der Straße und im Netz sind immens angestiegen. Rassismus führt zu Gewalt: Angriffe gegen Flüchtlingsunterkünfte haben sich im Jahre 2015 gegenüber dem Vorjahr verdreifacht. In diesem Kontext sind Blockaden als Zivilcourage „Bürgerpflicht “ und werden in anderen Städten NRWs, z.B. in Köln, ohne Repressionen erfolgreich praktiziert.

Die – ansonsten vollkommen friedliche – Behinderung einer Versammlung der extremen Rechte, um sie am Verbreiten ihres rassistischen und rechtsextremen Giftes zu hindern, ist auch eine Form des Protestes und Widerstands, damit ein Akt von Zivilcourage. Sie schützt Minderheiten vor der Konfrontation mit sonst transportiertem Hass und Gewalt.

Die Landesregierung betont die Notwendigkeit von Zivilcourage gegen Rechts, beispielsweise mit dem Projekt „helpline“, oder im vor wenigen Tagen vorgestelltem „Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen. Ein Preis für Zivilcourage wurde durch das Innenministerium vergeben.

Die Verhängung eines Strafbefehls gegen Aktive und Anmelder von Demonstrationen gegen rechts macht die Organisation und Durchführung zu einem unkalkulierbaren Risiko. Gesellschaftlich erwünschter Widerstand gegen Rechts wird so behindert. Neonazis fühlen sich dadurch bestärkt.

Das „No Border Projekt“, welches die beiden Beschuldigten mit ihren Initiativen gestartet und geleitet haben, war im Februar 2015 Präventonsprojekt des Monats des Landespräventionsrates des Justizministeriums und wurde im Mai 2016 erneut auf den Webseiten des Justizministeriums präsentiert. Es fand auch überregional viel Beachtung und Anerkennung.

Es ist schizophren, wenn die Landesbehörden Menschen in unserem Land für ihr Engagement gleichzeitig würdigen und bestrafen. Zumindest hätte die Staatsanwaltschaft einen Entscheidungsspielraum nutzen können, soweit er besteht, um die damit verbundene Zivilcourage von aktivem Widerstand gegen Rechts zu honorieren.

Ich habe daher der Landesregierung in einer kleinen Anfrage (Drucksache 16/13222) die folgenden Fragen gestellt:

  1. Inwieweit bewertet die Landesregierung den Einsatz der Anmelder der Demonstration gegen Rechts als Zivilcourage?
  2. Welchen Ermessensspielraum hatte die Staatsanwaltschaft im zitierten Fall? Gehen Sie darauf ein, inwieweit das Engagement der Beschuldigten in Betracht gezogen wurde.
  3. Aus welchem Grund hat die Staatsanwaltschaft auf eine geringere Strafe bzw. auf eine Einstellung der Verfahren verzichtet?
  4. Inwieweit ist eine – ansonsten vollkommen friedliche – Blockade gegen rechtsextreme Demonstrationen ein Akt der Zivilcourage bzw. nicht?
  5. Welche Gefahren für die zivilgesellschaftliche Courage gegen Rechts stellt die Verhängung von Strafbefehlen gegen Anmelder solcher Gegendemonstrationen dar?

Über die Antworten werde ich an gewohnter Stelle berichten.

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