Global Marijuana March 2016 in Düsseldorf: Zeiten ändern sich!

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Mittlerweile findet er jährlich in hunderten Städten weltweit, und dutzenden Städten in Deutschland statt: Der Global Marijuana March. Es geht dabei um die Entkriminalisierung und Legalisierung von Cananbis: Seine vielfältigen Möglichkeiten als Arznei sollen nutzbar sein, und der Gebrauch als Genuss- und Rauschmittel soll realistisch anhand seines tatsächlichen Schadenpotential bewertet werden – dazu muss die Drogenpolitik neu gestaltet werden. Die Veranstaltung wird vom Deutschen Hanfverband organisiert und gestaltet, DIE LINKEN sind Mitunterstützer, DIE LINKE Düsseldorf hatte einen Stand aufgebaut.

An Samstag, den 14. Mai 2016 fand der diesjährige Global Marijuana March in Düsseldorf statt. Auf dieser Veranstaltung habe ich die folgende Rede gehalten:

(es gilt das gesprochene Wort)

Liebe Patientinnen und Patienten, liebe Genussfreundinnen und –Freunde,

Cannabis ist verboten. Obwohl es keine Todesfälle gibt, obwohl kein nachweisbarer, nennenswerter volkswirtschaftlicher Schaden durch die Nutzung entsteht, obwohl Risiken und Wirkungseise sehr gut erforscht sind, obwohl es viele nützliche Anwendungs-gebiete gibt. Cannabis ist verboten, während andere Substanzen oder Tätigkeiten mit viel größerem Risiko, mit viel größerem Schadenspotential erlaubt sind und legal praktiziert werden. Warum ist das so? Wie kommt es zu dieser irrationalen Entscheidung?

Es gibt viele Stimmen, die die Legalisierung von Cannabis fordern. Das sind Fachleute, das geht von Richtern, Polizisten über Ärzte und Wissenschaftler. Es gibt so viele Argumente, warum dieses Verbot aufgehoben werden muss. Dennoch passiert das nicht. Warum ist das so?

Gegen diese Irrationalität ist schwer anzukommen. Haben wir es hier möglicherweise mit Moralvorstellungen des vorvorigen Jahrhunderts zu tun? Anstrengungslose Freude war bekanntlich im gottesfürchtigen Volk verpönt. Die anregende Wirkung war der Obrigkeit suspekt. Doch warum ist es heute immer noch so?

Ich habe eine möglichen Grund dafür: Wir haben es hier mit Politik der Mitte zu tun. Die Beharrungskräfte sind extrem. Kontroverse Fragestellungen packt man bei den etablierten Parteien lieber nicht an, sondern beschränkt sich auf populäre Themen, in denen man billigen Erfolg und schnelle Popularität gewinnen kann. Lieber lässt man alles so wie es war, bevor man auch nur einen potentiellen Wähler verschreckt. Es ist genau diese Feigheit, die den Fortschritt und die Freiheit behindern!

Die vorgesehenen Erleichterungen für medizinisches Cannabis sind ein winziger, ganz zögerlicher Schritt in die richtige Richtung. Aber warum sind darin immer noch so gravierende, so irrationale Einschränkungen enthalten?
Patienten müssen nämlich erst mal ein ganzes Jahr krank sein, bevor sie Cannabis nehmen dürfen. Dafür gibt es nicht einen objektiven Grund. Ist es etwa in Ordnung, jemandem ein Jahr lang schmerzlindernde Medizin zu verweigern? Ist das OK, einem Patienten ein Jahr eine Behandlung vorzuenthalten, die ihm vielleicht hilft? Für mich ist das vorsätzliche Körperverletzung!

Außerdem, so fordert das die neue Regelung, müssen alle anderen Behandlungsmöglichkeiten vorher ausgeschöpft und erfolglos sein, bevor Cannabis ausprobiert werden darf. Auch das ist total irrational: Mit den härtesten Psychopharmaka, mit den stärksten Opiaten muss man sich also behandeln lassen, bevor man das vielleicht wirksamere, aber sehr viel mildere Cannabis verwenden kann. Das ist doch idiotisch!

Cannabis ist ein medizinisch wirksames Mittel. Kein Stoff ist per se gut oder böse. Cannabis hat Wirkungen und Nebenwirkungen. Es hat Chancen, es hat Risiken, so wie jedes andere Mittel. Ich fordere, dass man seinen Einsatz alleine daran misst, wie das Verhältnis von Wirkungen zu Nebenwirkungen, von Nutzen zu Schaden ist! Daran muss man es messen, und nicht an Moralvorstellungen von vorgestern! Wir fordern einen wissenschaftlichen Umgang mit dem Stoff Cannabis, weg mit Tabus und Stigmatisierung!

Aber gehen wir mal ab von der Medizin Cannabis, hin zum Rausch- und Genussmittel Cannabis. Hier bleibt es beim Verbot. Die Einteilung in verbotene und legale Rausch- und Genussmittel ist aber genauso irrational und nicht nachvollziehbar. Sie orientiert sich nämlich weder an der Gefährlichkeit der Stoffe noch an deren Schadenspotential.

Legale Suchtmittel hingegen werden oft verharmlost und sind gesellschaftlich akzeptiert. Ich frage: Wieviele Tote gibt es jedes Jahr durch Alkohol? Welchen volkswirtschaftlichen Schaden richten Unfälle bei Extremsportarten an, wo es um den Adrenalinkick geht? Wie sieht es mit Abhängigkeit von Medikamenten, von Tabak aus? Wie ist es mit Spielsucht? Keiner kann schlüssig erklären, warum das eine Verhalten legal, das andere aber verboten sein soll.

Natürlich gibt es Menschen, die sind suchtgefährdet. Für die kann der Konsum von Cannabis gefährlich werden. Genauso wie bei allen anderen legalen oder illegalen Drogen. Doch auch hier muss endlich Schluss sein mit der Kriminalisierung. Man kann kranke Menschen nicht mit Gesetzen behandeln! Verbote und Gefängnis heilen keine Abhängigen! Wir brauchen stattdessen eine Entkriminalisierung des Konsums, sowie eine effektive Hilfe für Süchtige und Kranke. Statt Strafverfolgung und Gefängnis brauchen wir Therapieplätze!

Der Zugang dazu muss niedrigschwellig sein, sie müssen in ausreichender Zahl und Qualität vorhanden sein! Und wenn einer fragt, woher man die Mittel dafür nehmen soll – dann soll er das doch einfach von der Strafverfolgung nehmen – dafür ist nämlich genug Geld da. Im Drogenbereich gibt Deutschland nämlich 84% der Mittel für die Strafverfolgung aus. Nicht mal ein Euro von sechs fließt in Prävention und Hilfe. Das ist doch blanker Irrsinn!

Wir brauchen kontrollierte, legale Angebote, bei denen Konsumenten eine garantierte, sichere Qualität der Stoffe erhalten. Wer auf dem Schwarzmarkt kaufen muss, lebt – neben der Illegalität – auch noch in der ständigen Gefahr, vergiftet oder überdosiert zu werden. Die Beschaffungskriminalität würde enden. So wie es jetzt ist, wird die organisierte Kriminalität dadurch direkt subventioniert. Das kann doch nicht so bleiben!

Ich finde, gesunde, erwachsene, verantwortungsbewusste Menschen haben ein Recht auf Rausch. Man hat das Recht, mal etwas Unvernünftiges zu machen, etwas, was gegen hergebrachte gesellschaftliche Konventionen steht, solange man damit niemand anderes einschränkt oder gefährdet: das ist nämlich Freiheit! Und um ein Stück Freiheit geht es hier heute.

Wir fordern: Gebt das Hanf frei! Zeiten ändern sich! Weg mit den alten Dogmen, für eine neue Drogenpolitik!

Vielen Dank.