Für faire Lastenverteilung in der gesetzlichen Krankenversicherung – Video und Redetext

Am 28.01. hat sich der Landtag mit meinem Antrag „Für faire Lastenverteilung in der gesetzlichen Krankenversicherung: Kostenerhöhungen gerecht auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber verteilen!“ befasst. Es geht darin um die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Versicherung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Den Antragstext kann man hier nachlesen. Er wurde leider mit den Stimmen aller Fraktionen abgelehnt.


(Es gilt das gesprochene Wort)

Frau Präsidentin / Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und in den Netzwerken,

Die Kosten im Gesundheitswesen steigen Jahr für Jahr. Der stärkste Faktor dabei sind die Ausgaben für Arzneimittel. 2014 gab es einen Zuwachs von mehr als 10 Prozent. Im Zeitraum Januar bis September 2015 betrug der Ausgabenanstieg alleine in diesem Bereich 1,3 Milliarden Euro. Es sind diese Kostensteigerungen, die die Beiträge zur Krankenversicherung immer weiter ansteigen lassen. Allerdings treffen sie jedoch nur eine Gruppe. nämlich die abhängig Beschäftigten, während die Kostenerhöhungen auf Arbeitgeberseite eingefroren sind. Alle zukünftigen Steigerungen werden einseitig der Arbeitnehmerseite belastet.

Eine solche Regelung ist „nicht gerecht“. „Die Arbeitnehmer dürfen mit den Kostensteigerungen im Gesundheitswesen nicht allein gelassen werden“. „Es kann nicht sein, dass die Arbeitnehmer alle künftigen Kostensteigerungen allein tragen“ müssen.

Diese drei zutreffenden Aussagen sind nicht von mir. Es sind allesamt Zitate. Sie stammen von Gesundheitsexperten aus den Reihen von SPD und CDU, wie etwa Karl Lauterbach oder Christian Bäumler, dem Bundesvorsitzenden der Christlich Demokratischen Arbeiterschaft.

Doch was für Konsequenzen wurden daraus gezogen? Keine! Die Versicherten alleine zahlen seit Jahresbeginn die Zeche in Form steigender Beiträge. Es reicht nicht aus, immer nur die Lippen zu spitzen. Man muss auch mal pfeifen. Deswegen habe ich diesen Antrag eingebracht.

„Der europäische Sozialstaat und die Zivilisiertheit unserer Städte sind Errungenschaften, so unwahrscheinlich und so kostbar wie Kant, Beethoven, Pascal und Mozart“, erklärte einmal der französische Soziologe und Mitbegründer von Attac, Pierre Bourdieu.

Wir sind heute dabei, dieses kostbare Erbe zu verspielen.

Damit es gar nicht so weit kommt, haben wir gestern gegen die bedrohte Zivilisiertheit unserer Städte wie in Köln einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Was aus ihm für Handlungsempfehlungen erwachsen, werden wir sehen.
Was gegen die schon viel länger anhaltende Erosion des Sozialstaates getan werden muss, das ist auch schon lange bei CDU und SPD bekannt.

Ohne eine Rückkehr zum System der paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen, wird die Erosion des Sozialstaates weiter voranschreiten. Da sind sich alle Experten, gleich welcher Couleur, einig.
Von diesem seit Jahrzehnten erfolgreichen Modell ist ohne jede Not abgewichen worden. Diesen Fehler müssen wir wieder korrigieren. Deswegen rufe ich alle Verantwortlichen hier auf: Lassen Sie aus Ihrer Einsicht endlich Taten folgen. Noch ist es dafür nicht zu spät!

Lassen Sie uns hier gemeinsam die dafür notwendigen Schritte einleiten. Wir werden viele Verbündete dabei finden.

Vielen herzlichen Dank.

Grundrecht auf menschenwürdige Wohnverhältnisse für alle – Video und Redetext

Welcome

Den zugehörigen Antrag kann man hier nachlesen. Der Antrag wurde mit den Stimmen aller Fraktionen abgelehnt.


(Es gilt das gesprochene Wort.)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und in den Netzwerken,

Herr Innenminister Jäger hat hier gestern gesagt, wir hätten die Situation der Versorgung von geflüchteten Menschen derzeit im Griff. Das liegt allerdings nicht daran, dass das alles so reibungslos funktioniert in unserem Land: Das liegt an den Witterungsbedingungen, die die Flüchtlinge auf ihrer Flucht derzeit aufhalten, das liegt an den heruntergehenden Schlagbäumen in ganz Europa. Das liegt an dem Bestechungsgeld, was Europa an die Türkei zahlt für das Abhalten von Flüchtlingen an seinen Grenzen.

Tatsächlich hat sich aber gar nichts geändert: Täglich kommen immer noch tausende Flüchtlinge auf den griechischen Inseln an. Die Fluchtursachen, der Krieg, die Not halten ungehindert an.

Millionen Flüchtlinge stecken in den Nachbarländern, oder im Kriegsgebiet selbst fest. Bei besserer Witterung werden die Geflohenen neue Routen finden, und Schlepperbanden werden ein glänzendes Geschäft machen. Wir werden auch im laufenden Jahr einen Zustrom vertriebener Menschen erleben – nur dass dann sämtliche Reserven aufgebraucht sind. Alle Turnhallen sind voll, alle Zelte und Container aufgestellt, selbst Flugzeughangars wurden belegt.
Es gibt also keinen Anlass, jetzt Entwarnung zu geben – vielmehr ist das ein Pfeifen im Dunkeln. Es ist höchste Zeit, sowohl kurzfristige Maßnahmen vorzubereiten, um sie bei Bedarf ziehen zu können – als auch langfristige Maßnahmen einzuleiten.

Als kurzfristige Maßnahme, um tatsächliche Obdachlosigkeit abzuwenden, bietet das Polizeirecht die Möglichkeit, als Ultima Ratio ungenutzten Wohnraum in Anspruch zu nehmen. Doch funktioniert dieses Werkzeug im Notfall, in der Praxis, gut und schnell genug?

Manche Bundesländer sahen da Nachbesserungsbedarf in ihrem Polizeirecht, sie haben entsprechende Gesetzgebung auf den Weg gebracht. Mein vorliegender Antrag bezweckte, dies für NRW zu überprüfen und bei Bedarf ebenfalls anzupassen. Dazu habe ich ein Expertengespräch im Innenausschuss angeregt. Leider haben sich sämtliche Fraktionen über diesen Wunsch hinweggesetzt. Mehr noch, man nutzte nicht mal die naheliegende Gelegenheit, anlässlich dieses Antrags über die Unterbringungssituation von Flüchtlingen in den Zelten, Leichtbauhallen und zugigen Hallen in unserem Land zu reden. Der Antrag wurde ohne Debatte im Ausschuss abgelehnt Das ist traurig!

Außerdem brauchen wir langsam auch ein langfristiges Konzept: Wir brauchen neuen Wohnraum in unserem Land. Die Flüchtlinge werden nicht so schnell wieder weggehen, und es werden in kommenden Jahren neue Flüchtlinge zu uns kommen. Verlorener, umgewidmeter Wohnraum muss zurückgewonnen werden.

Und wir müssen über Sozialbau nachdenken, also Neubau von bezahlbarem, menschenwürdigem Wohnraum, der allen zur Verfügung steht, die ihn benötigen, auch den geflohenen Menschen, die hier ihre Zukunft suchen. Langfristig brauchen wir die Zuwanderung.

Meine Damen und Herren,

das Asylrecht ist ein Menschenrecht. Es ist keine generöse Geste, die wir nach Belieben austeilen und widerrufen dürfen, sondern es ist ein Recht, auf das sich die Geflüchteten berufen können: Die Genfer Flüchtlingskonvention. Und die kennt keine Obergrenzen. Es ist auch zu gewähren, wenn es lästig, unbequem, schwierig oder teuer ist. Die Zeit des „auf Sicht fahren“, der Verwaltung des Mangels ist jetzt vorbei. Wir sind verpflichtet, die entsprechenden Anstrengungen zu unternehmen, eine Zukunft für geflüchtete Menschen zu schaffen. Lassen Sie uns bitte endlich damit beginnen.

Vielen herzlichen Dank.

Untersuchungsausschuss zur Kölner Silvesternacht 2015 – Video und Redetext

Kranhäuser

Anlässlich der Ereignisse in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof haben die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP gemeinsam einen Untersuchungsausschuss beantragt. Dieser Antrag wurde in der Plenardebatte vom 27.01.2016 behandelt. Ich hätte an diesem Antrag gerne einige Erweiterungen vorgenommen, jedoch haben die vier Fraktionen auf meine diesbezügliche Anfrage nicht mehr reagiert. Daher habe ich selbst einen Änderungsantrag zu dieser Einsetzung eingereicht. Den zugehörigen Änderungsantrag findet man hier: Drucksache 16/10884.

Ich wollte nämlich einen Schwerpunkt auf die Opferperspektive setzen: Stehen genug Hilfsangebote bereit? Sind sie schnell genug verfügbar? Sind sie ausreichend finanziert? Was kann man bei der Versorgung von Opfern, bei Anzeigenaufnahme etc. noch verbesser? Und was kann man gegen sexualisierte Gewalt noch tun?

Meine Rede kann man hier nachsehen:


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Tribüne und an den Bildschirmen! An der politischen Verantwortung für dieses Desaster, für dieses vollkommene Staatsversagen in der Silvesternacht ändert auch ein Untersuchungsausschuss nichts. Die politische Verantwortung dafür tragen die obersten Dienstherren der Polizei: die Innenminister von Land und Bund, Jäger und de Maizière. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Dennoch ist dieser Untersuchungsausschuss dringend nötig. Aufklärung dieses ungeheuerlichen Vorgangs tut bitter not. Wir müssen erfahren, warum zu wenig Beamte vor Ort waren, warum sie so hilflos waren, warum keine Verstärkung kam. Wir müssen wissen, warum die Kommunikation während des Einsatzes und danach so katastrophal war, und wir müssen daraus die entsprechenden Lehren zur Verstärkung der Polizei und zur Verbesserung von Planung und Organisation ziehen.

Die einfache Lösung in Form von mehr Überwachung hat sich jedenfalls als unwirksam erwiesen. Mehr davon nützt eben nicht mehr.

Doch all das hilft den Opfern der Silvesternacht herzlich wenig, und das kommt mir in der öffentlichen Debatte deutlich zu kurz. Man konzentriert sich auf die mutmaßliche Herkunft der Täter. Das wird dann für miese Stimmungsmache gegen geflüchtete Menschen verwendet. Die Opfer sind diesen Scharfmachern doch total egal. Die Opfer müssen den Eindruck bekommen, niemand interessiere sich für sie.

Auch im Antrag auf den Untersuchungsausschuss kommt mir die Perspektive der Opfer ganz deutlich zu kurz. Dabei sollte das ein Hauptaugenmerk unserer Bemühungen sein.

(Beifall von den PIRATEN)

Wie kann man Opfern der sexualisierten Gewalt effektiv helfen? Was müssen wir für die Verbesserung ihrer Situation veranlassen? Haben wir genug Angebote dafür? Sind sie schnell genug verfügbar? Werden Betroffene ernst genug genommen? Was können wir weiter tun, um sexualisierte Gewalt zu verhindern? Wie kann man die öffentliche Aufklärung und die öffentliche Debatte befördern? Was für Strafbarkeitslücken haben sich offenbart?

Ein ganz krasses Beispiel ist der Verlauf der Anzeigenaufnahme in der Polizeiinspektion 1. Um 23:30 Uhr standen etwa 30 bis 50 Personen, die Anzeige erstatten wollten, gerade einmal zwei Beamte zur Anzeigenaufnahme gegenüber. Wie lange hätten die Opfer denn warten sollen, bis sich jemand um sie kümmert? Kein Wunder, dass man sich da im Stich gelassen fühlt.

Daher habe ich hier einen Änderungsantrag zu diesem Einsetzungsantrag vorgelegt, der neben einer Reihe von ungeklärten Detailfragen des Einsatzes vor allen Dingen einen Schwerpunkt auf die Perspektive der Betroffenen legt. Es ist schade, dass ein gemeinsamer Antrag mit den vier Fraktionen von den vier Fraktionen nicht gewünscht worden war. Wenigstens auf meine Bitte hätten Sie antworten können. Das wäre fairer Umgang gewesen. – Aber das ist kein guter Stil von Ihnen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Guter Stil! Das sagt gerade Daniel Schwerd!)

Ich denke, wir müssen unsere Untersuchungskapazität sinnvollerweise auch dafür verwenden, wie man Opfern sexualisierter Gewalt wirklich helfen kann, wie man sexualisierte Gewalt im Vorfeld eindämmt und nicht für Wahlkampfgetöse nutzt. Daran würde ich gerne mitarbeiten, und dafür bitte ich um Ihre Unterstützung. – Herzlichen Dank.


Was Kollege Mostofizadeh mit seinem Zwischenruf gemeint hat, ist mir unklar. Auf meine spätere Frage an ihn, worin ich keinen guten Stil gezeigt habe, hat er nicht reagiert. Er antwortete weder auf eine entsprechende Mail noch kam er meinem Wunsch nach einem Gespräch entgegen. Aber das sagt auch einiges über guten Stil aus.

Sondersitzung des Landtags zu Übergriffen am Kölner Bahnhof in der Silvesternacht – Video und Redetext

BahnhofKoeln

Anlässlich der Ereignisse am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht, wo hunderte Frauen beraubt und sexuell belästigt worden sind, hat der Landtag am 14. Januar eine Sondersitzung veranstaltet. Zuerst hat die Landesregierung informiert, anschließend gab es eine Aussprache. Meinen Redebeitrag kann man hier nachsehen:


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und an den Bildschirmen!

Die Ereignisse der Silvesternacht und des Neujahrsmorgens am Kölner Hauptbahnhof haben uns alle entsetzt. Massenhaft waren Frauen sexualisierter Gewalt ausgesetzt, wurden begrapscht, beraubt und bestohlen.

Wir sind uns alle in dem Abscheu über diese Taten und in dem Wunsch einig, dass all das restlos aufgeklärt werden und den Opfern alle erdenkliche Hilfe zukommen muss.

Unzulässig ist allerdings die Vermischung der Ereignisse mit der Frage, wie wir in Zukunft mit geflüchteten Menschen umgehen wollen.

Natürlich gibt es unter Geflüchteten auch Kriminelle. Alles andere wäre realitätsfremd. Sind damit aber auch alle anderen nach Deutschland geflohenen Menschen Täter? Asylrecht ist ein Menschenrecht und kein Gastrecht. Das kann man nicht entziehen.

Unzulässig ist auch der Ruf nach härteren Strafen. Das, was da am Kölner Hauptbahnhof passiert ist, ist bereits jetzt strafbar. Doch gibt es zum Beispiel im Bereich „sexuelle Belästigung in der Öffentlichkeit“ noch Schutzlücken. Das sollte dann aber bitte unabhängig von der Nationalität der Täter geregelt werden; das soll dann bitte auch in der U-Bahn, im Karneval und beim Oktoberfest gelten. Nein heißt nein – ausnahmslos.

Unzulässig hingegen ist der Ruf nach harter Antwort des Rechtsstaats. Sollen Muslime jetzt härter bestraft werden? Das ist Quatsch. Der Rechtsstaat soll nicht hart sein, er soll konsequent sein. Die Strafe soll der Tat und den Tatumständen angemessen sein, dann aber bitte für alle Täter gleichermaßen. Das Asylrecht zum Beispiel ist gerade erst zum 1. Januar 2016 verschärft worden.

Überhaupt ist dieser ganze Diskurs meiner Meinung nach unzulässig; denn er soll vom eigentlichen Problem ablenken: dem totalen Staatsversagen in dieser Nacht. Der eigentliche Skandal ist, dass diese Taten unter den Augen der Polizisten geschahen – stundenlang.

Lassen Sie mich das klarstellen: Ich bin davon überzeugt, dass die Beamten vor Ort absolut alles getan haben, was in ihrer Macht lag. Das ändert aber nichts daran, dass es offensichtlich viel zu wenige waren. Das ändert nichts daran, dass sie unzureichend ausgerüstet waren, dass die Kommunikation nicht funktionierte. Das ist nicht die Schuld der einzelnen Beamten.

Wenn an Polizeibeamten, an deren Ausrüstung und Organisation, gespart wird, dann werden wir es irgendwann erleben, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Und wenn so etwas bereits in einer alkoholgeschwängerten Silvesternacht passiert, wie wäre es dann erst bei einer Umweltkatastrophe oder bei einem Anschlag?

Stattdessen setzt man auf esoterische Überwachungstechnik. Sagen Sie mir: Wie sollen mehr Kameras, wie sollen neue Strafen die Frauen schützen? Das ist doch Verhöhnung der Opfer! Das ist eine Illusion von Sicherheit. Natürlich muss man Täter fangen und überführen. Das ist eine ganz klassische Aufgabe der Polizei. Aber wenn bereits der Schutz zu kurz kommt, hilft das auch nichts mehr.

Die Verantwortung dafür liegt bei der Polizeiführung. Es ist ein starkes Stück, dass der Herr Minister jetzt so tut, als sei er nicht Teil dieser Polizeiführung, dass er die Verantwortung an eine untergeordnete Behörde abschiebt. Dabei ist er deren Dienstherr und damit in vollem Umfang dafür verantwortlich. Wer denn sonst?

(Beifall von Michele Marsching [PIRATEN])

Ein gleiches Versagen trifft übrigens auch die Führung der Bundespolizei, die für den Bereich des Bahnhofs zuständig ist. Auch hier waren viel zu wenige Beamte vor Ort. Auch hier war die Situation vollkommen außer Kontrolle. Auch hier sitzt der dafür Verantwortliche auf einer Regierungsbank, nämlich in Berlin: Bundesinnenminister de Maizière.

Wollen wir No-go-Areas in unserem Land? Wollen wir in unseren Straßen weitere Treibjagden auf Ausländer unter den Augen der Polizei? Vergessen wir nicht die erste HoGeSa-Demo: Betrunkene Hooligans und Nazis randalieren stundenlang in der Stadt. Auch hier war die Kölner Polizei überfordert.

Verehrter Herr Minister Jäger, vielleicht erinnern Sie sich an den Satz, den Sie hier damals sagten: „Mit dieser massiven Gewalt haben die Sicherheitsbehörden und hat auch das Polizeipräsidium Köln nicht gerechnet.“ – Das war 2014. Wird das jetzt zur Standardausrede?

Die Bürger dieses Landes haben ein Recht darauf, dass der Staat sie vor Gewalt beschützt. Wenn man sich darauf nicht verlassen kann, dann hat der Staat versagt. So ein Versagen muss Konsequenzen haben, und zwar keine Bauernopfer.

Der Innenminister des Landes NRW und der Innenminister des Bundes müssen gehen. Herr Jäger, Herr de Maizière, packen Sie Ihre Sachen! Und wir brauchen hier einen Untersuchungsausschuss.

Vielen herzlichen Dank.

Rechtsfreier Raum Nazidemo in NRW?

Mephisto

Symbol verbotener Organisation auf Duigida-Demo unter den Augen der Polizei

Auf der Duigida-Demonstration in Duisburg am 1. Februar 2016 trugen Demonstranten ein Banner „Good Night Left Side“ durch die Straßen, in dessen Mitte zwischen dem zweiten und dritten Wort ein Keltenkreuz (Fadenkreuz, also die Darstellung eines gleichschenkligen Balkenkreuzes, um dessen Schnittpunkt ein Ring gelegt ist) abgebildet war. Fotos zeigen, dass die Zurschaustellung dieses Symbols unter den Augen der Polizisten geschah, welche die Demonstration bewachten, ohne dass diese eingriffen. Bei Gegendemonstranten, die diesen Umzug zu blockieren versuchten, wurden hingegen noch vor Ort die Personalien festgestellt. Sie müssen mit Ermittlungen wegen Nötigung rechnen.

Das gleichschenklige Keltenkreuz war das Symbol der 1982 nach zwei Morden verbotenen, rechtsextremen „Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands / Partei der Arbeit“. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 1. Oktober 2008, Az. 3 StR 164/08) kann auch eine isolierte Verwendung dieses Kennzeichens nach § 86a des deutschen Strafgesetzbuches strafbar sein, wenn nicht die äußeren Umstände eindeutig ergeben, dass der Schutzzweck der Norm nicht tangiert ist – wie das bei der Demonstration zweifellos der Fall ist. Diese Tat kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Darüber hinaus lässt sich das Symbol – gesehen als Fadenkreuz, verbunden mit dem Spruch „Good Night Left Side“ – als Aufforderung zur Gewalt interpretieren. Die Polizei ließ diesen strafbaren Zustand ungeahndet.

In Duisburg herrscht – unter dem Deckmantel der Demonstration „besorgter Bürger“ – mittlerweile offenes Nazitum. Die Polizei lässt die Rechtsextremen gewähren. Gegendemonstranten hingegen müssen mit sofortigen Maßnahmen rechnen. Das ist ein unerträglicher Zustand: Auch rechte Demonstrationen dürfen kein rechtsfreier Raum sein. Gerade einmal zwei Stunden zuvor befand sich Innenminister Jäger mit Personenschutz im Duisburger Bahnhof.

Ich habe daher die Landesregierung gefragt (Drucksache 16/11018):

  1. Bei welchen Demonstrationen wurden seit Anfang 2012 bis heute Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gezeigt? Nennen Sie jeden einzelnen Fall.
  2. Bei welchen dieser Fälle griff die Polizei nicht ein?
  3. Aus welchen Gründen griff die Polizei jeweils nicht ein?
  4. Wie bewertet die Landesregierung das Zeigen des Banners mit dem „Keltenkreuz“ auf der Duisburger „Duigida“-Demonstration am 01. Februar 2016? Gehen Sie darauf ein, inwieweit es sich um eine strafbare Handlung handelt, sowie inwieweit der Eingriff der Polizei geboten wäre. Begründen Sie, warum in diesem Falle nicht eingegriffen wurde, sowie die Verhältnismäßigkeit im Vergleich zum Umgang mit Gegendemonstranten.
  5. Was unternimmt die Landesregierung, um das Zeigen verbotener Symbole auf solchen Demonstrationen zukünftig zu unterbinden?

Rückkehr zur paritätischen Finanzierung in der Krankenversicherung!

stethoskop

Gestern abend hat sich der Landtag mit meinem Antrag „Für faire Lastenverteilung in der gesetzlichen Krankenversicherung: Kostenerhöhungen gerecht auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber verteilen!“(Drucksache 16/10780) befasst.

Eine bezahlbare Gesundheitsfürsorge für alle Menschen ist eine der wichtigsten Errungenschaften unseres Sozialstaates. Sie ruht auf dem Solidarprinzip, nach dem ein jeder nach seiner persönlichen Leistungsfähigkeit an den gemeinsamen Lasten beteiligt wird. Die Gemeinschaft trägt dabei finanzielle Risiken, die aus Gesundheitsfürsorge einzelner entstehen. Eine ausbalancierte Verteilung aus gutverdienenden bzw. gesunden Menschen einerseits und weniger gut verdienenden bzw. chronisch Kranken ist notwendig, damit dieses System finanzierbar bleibt und für alle angemessene Gesundheitsleistungen zur Verfügung stehen. Die Familienmitversicherung schützt Familien vor finanzieller Überforderung.

Eine weitere wichtige Errungenschaft war die paritätische Aufteilung der Gesundheitskosten zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Gerade Gesundheitsvorsorge kommt auch der Arbeitgeberseite durch geringere Fehlzeiten und Ausfallkosten zugute.

Diese Prinzipien sind von zwei Seiten in Gefahr. Zum einen ist es gut verdienenden und gesunden Personen möglich, die Solidargemeinschaft zu verlassen und sich zu günstigeren Tarifen individuell zu versichern. Einige Personengruppen sind von der gesetzlichen Krankenversicherung komplett ausgenommen. Dies führt dazu, dass tendenziell kränkere und weniger gut verdienende Menschen in der Mitgliederbasis verbleiben als der Schnitt der Gemeinschaft. Das Solidarsystem droht so in eine Schieflage zu geraten, da mehr Kranken weniger zahlungskräftige Mitglieder gegenüberstehen. Der demografische Wandel und gesundheitlicher Fortschritt verschärfen das finanzielle Problem.

Zum Anderen ist seit dem 1. Januar 2015 der Arbeitgeberanteil an den Krankenversicherungskosten gedeckelt. Soweit Krankenversicherungen mit ihren Mitteln nicht auskommen, können sie einkommensabhängige Zusatzbeiträge erheben, die dann ausschließlich vom Arbeitnehmer gezahlt werden. Damit werden zukünftig steigende Krankheitskosten und kommende Beitragserhöhungen einseitig der Arbeitnehmerseite auferlegt. Im Jahr 2016 wird der durchschnittliche Zusatzbeitrag mit 1,1% angegeben. Nahezu alle Kassen machen von der Erhebung eines Zusatzbeitrages Gebrauch, durchschnittlich wurde dieser Beitrag von 2015 auf 2016 um über 22% bzw. 0,2 Prozentpunkte gesteigert.

Ich habe beantragt, dass der Landtag folgende Beschlüsse fasst:

1. Die solidarische Krankenversicherung ist eine der wichtigsten Errungenschaften des Sozialstaates. Für das Funktionieren des Solidarprinzips ist eine ausgewogene Beteiligung vieler Menschen an den gemeinsamen Lasten jeweils nach ihrer individuellen Leistungsfähigkeit wichtig.
2. Ausnahmen speziell für zahlungskräftige oder gesunde Menschen drohen das Solidarprinzip in eine Schieflage zu versetzen.
3. Alle zukünftigen Beitragserhöhungen durch steigende Kosten einseitig der Arbeitnehmerseite aufzuerlegen ist unsolidarisch.

Die Landesregierung habe ich aufgefordert,

1. sich auf allen politischen Ebenen dafür einzusetzen, dass die Mitgliederbasis der gesetzlichen Krankenversicherung möglichst ausgewogen bleibt;
2. eine Bundesratsinitiative zu starten bzw. zu unterstützen, nach der der einkommensabhängige Zusatzbeitrag in Zukunft nicht mehr alleine vom Arbeitnehmer getragen werden soll.

Der Antrag wurde mit den Stimmen aller Fraktionen abgelehnt. Begründung von SPD und Grünen war, dass er durch einen eigenen Antrag im Bundesrat, den die Regierung stelle, obsolet geworden sei. Verschwiegen wurde, dass der Antrag im Bundesrat vom 22. Januar datiert, also zeitlich erst nach meinem Antrag hier eingereicht worden ist. Wer also hier auf welchen Zug aufgesprungen ist, kann man in Frage stellen.


Den Antrag begründete ich in meiner Rede wie folgt (es gilt das gesprochene Wort):

Frau Präsidentin / Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und in den Netzwerken,

Die Kosten im Gesundheitswesen steigen Jahr für Jahr. Der stärkste Faktor dabei sind die Ausgaben für Arzneimittel. 2014 gab es einen Zuwachs von mehr als 10 Prozent. Im Zeitraum Januar bis September 2015 betrug der Ausgabenanstieg alleine in diesem Bereich 1,3 Milliarden Euro. Es sind diese Kostensteigerungen, die die Beiträge zur Krankenversicherung immer weiter ansteigen lassen. Allerdings treffen sie jedoch nur eine Gruppe. nämlich die abhängig Beschäftigten, während die Kostenerhöhungen auf Arbeitgeberseite eingefroren sind. Alle zukünftigen Steigerungen werden einseitig der Arbeitnehmerseite belastet.

Eine solche Regelung ist „nicht gerecht“. „Die Arbeitnehmer dürfen mit den Kostensteigerungen im Gesundheitswesen nicht allein gelassen werden“. „Es kann nicht sein, dass die Arbeitnehmer alle künftigen Kostensteigerungen allein tragen“ müssen.

Diese drei zutreffenden Aussagen sind nicht von mir. Es sind allesamt Zitate. Sie stammen von Gesundheitsexperten aus den Reihen von SPD und CDU, wie etwa Karl Lauterbach oder Christian Bäumler, dem Bundesvorsitzenden der Christlich Demokratischen Arbeiterschaft.

Doch was für Konsequenzen wurden daraus gezogen? Keine! Die Versicherten alleine zahlen seit Jahresbeginn die Zeche in Form steigender Beiträge. Es reicht nicht aus, immer nur die Lippen zu spitzen. Man muss auch mal pfeifen. Deswegen habe ich diesen Antrag eingebracht.

„Der europäische Sozialstaat und die Zivilisiertheit unserer Städte sind Errungenschaften, so unwahrscheinlich und so kostbar wie Kant, Beethoven, Pascal und Mozart“, erklärte einmal der französische Soziologe und Mitbegründer von Attac, Pierre Bourdieu.

Wir sind heute dabei, dieses kostbare Erbe zu verspielen.

Damit es gar nicht so weit kommt, haben wir gestern gegen die bedrohte Zivilisiertheit unserer Städte wie in Köln einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Was aus ihm für Handlungsempfehlungen erwachsen, werden wir sehen.
Was gegen die schon viel länger anhaltende Erosion des Sozialstaates getan werden muss, das ist auch schon lange bei CDU und SPD bekannt.

Ohne eine Rückkehr zum System der paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen, wird die Erosion des Sozialstaates weiter voranschreiten. Da sind sich alle Experten, gleich welcher Couleur, einig.
Von diesem seit Jahrzehnten erfolgreichen Modell ist ohne jede Not abgewichen worden. Diesen Fehler müssen wir wieder korrigieren. Deswegen rufe ich alle Verantwortlichen hier auf: Lassen Sie aus Ihrer Einsicht endlich Taten folgen. Noch ist es dafür nicht zu spät!

Lassen Sie uns hier gemeinsam die dafür notwendigen Schritte einleiten. Wir werden viele Verbündete dabei finden.

Vielen herzlichen Dank.

Aufbruch in Fahrtrichtung links.

VonHierAus

Eine Erkenntnis des Jahres 2015 ist: Die Piratenpartei ist tot. Als ehemalige Angehörige, Funktionsträger*innen und Mandatsträger*innen der Piratenpartei arbeiten wir seit Jahren an den Fragen für die Politik des 21. Jahrhunderts. Die Unzulänglichkeit gewohnter Vorstellungen von Gesellschaft und Politik in einer immer enger zusammenwachsenden Welt gehört genauso zu diesen Fragen wie die konkreten politischen, ökonomischen und sozialen Umwälzungen durch Migration und Digitalisierung. Klassische Begriffe der deutschen Politik, des sozialen Austauschs und der privatrechtlichen Ordnung – wie Arbeit, Wissen und Sicherheit – funktionieren inzwischen anders und verhalten sich in aktuellen politischen Kontexten völlig unterschiedlich zu unseren politischen Erfahrungswerten. Wir haben erkannt, dass – wenn wir ein offenes und menschliches Europa und einen sozialen und freien Umgang mit neuen Technologien wollen – es unsere Aufgabe ist, ebensolchen Unzulänglichkeiten zu begegnen und neue Antworten zu finden.

Obwohl einst genau zu diesem Zweck angetreten, ist die Piratenpartei dabei keine Hilfe mehr. Dem zum Trotz haben wir uns dazu entschieden, uns weiter für ein sozialeres und offeneres Europa und Berlin einzusetzen. Keine Politik zu machen ist für uns keine Option.

Deutschland hat im Jahr 2015 mehr als 700.000 Geflüchtete aufgenommen und zunächst notdürftig versorgt. Wie sehr die europäische und die bundesrepublikanische Gesellschaft durch diesen Umstand erschüttert worden sind, ist noch nicht erforscht. Die Implikationen können uns noch nicht klar werden, sie beginnen und sie enden sicher nicht mit dem Aufstieg der Deutschen Rechten in Form rechtspopulistischer Bewegungen und der rechtsradikalen AfD. Wie sich unsere Gesellschaft verändern muss und verändern wird mit den Menschen in Not, denen wir die Hand reichen, lässt sich sicher auch nicht im Jahr 2016 beantworten. Das muss in den nächsten Jahrzehnten diskutiert und gestaltet werden. Wir sind überzeugt, dass es eine linke Diskurshoheit bei diesen und allen anderen umwälzenden Prozessen der globalisierten Gesellschaft und Ökonomie braucht, wenn nicht nur der gesellschaftliche Fortschritt der nächsten Jahre vorangetrieben, sondern auch der Fortschritt der letzten Jahrzehnte bewahrt werden soll.

Das 21. Jahrhundert zeichnet sich durch eine technologische und gesellschaftliche Entwicklung aus, die Kommunikation global und somit grenzübergreifend ermöglicht. Primat linker Politik muss es jetzt sein, diese globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen zu ermöglichen. Nach der industriellen Revolution bietet sich durch die rasante Digitalisierung der globalen Gesellschaft die nächste Chance, grundlegende Prinzipien neu zu bewerten. Immer stärker automatisierte Produktionsprozesse können es ermöglichen, menschliche Arbeit weitgehend überflüssig zu machen. Damals wie heute liegt es in der Verantwortung der menschlichen Gesellschaft selbst, dafür zu sorgen, diese Entwicklungen zu nutzen. Wenn uns Maschinen noch mehr Arbeit abnehmen können, muss das auf eine Art geschehen, dass Arbeiter*innen nicht schlechter dastehen als zuvor, denn die Befreiung von der Arbeit kann auch befreiend für uns alle sein. Es gilt, dem dystopischen, permanent überwachenden und verwertenden Repressionsapparat eine positive, in Freiheit vernetzte Gesellschaftsvision gegenüberzustellen.

Das Jahr 2016 nimmt dabei nicht nur für uns eine Schlüsselrolle ein, angesichts der Tatsache, dass die Piratenpartei, mit der immer noch viele von uns identifiziert werden, im Herbst des Jahres sehr wahrscheinlich keine Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus mehr stellen wird. Es ist vielmehr das erste Wahljahr, nach dem die Migrationsbewegung nach Europa auch Deutschland erreichte. Es ist das Jahr in dem nach fünf Jahren völligen Versagens einer uneinigen Zweckregierung in Berlin wieder neu gewählt werden muss. Die fehlende linke Diskursmehrheit hat sich in den letzten Jahren der großen Koalition deutlich bemerkbar gemacht. Die Seehofers, die Henkels und die Czajas dieser Republik stören sich nicht an dem etablierten braunen Mob, begründet er doch ihre „besorgte Bürger“-Rhetorik und entschuldigt das Versagen bei Aufklärung und Verhinderung von rechten Gewaltexzessen. Wir halten dagegen. Wir fordern politischen Umschwung und werden dafür kämpfen, dass rechte Parolen und Ressentiments in der Berliner Politik nicht weiter Fuß fassen. Wir treten mit aller Kraft gegen die AfD ein, die droht in das Abgeordnetenhaus einzuziehen. Wir arbeiten daran, die Menschen in der Stadt über den wahren Charakter ihrer rechtsnationalen völkischen Verirrung aufzuklären.

Wir stehen für „Netze in Nutzerhand“ und „Religion privatisieren“. Wir fordern endlich eine transparente und offene Verwaltung und nachvollziehbares Regierungshandeln ein. Das hat sich seit dem Einzug der Berliner Piratenfraktionen in das Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen weder geändert, noch ist es heute weniger nötig als 2011. Im Gegenteil, das Parlament der Hauptstadt wird seit fast fünf Jahren kontinuierlich entmachtet und in seinen Kontrollmöglichkeiten behindert. Es ist kein Zufall, dass Untersuchungsausschüsse sprießen, wo eine transparentere Verwaltung und ein handlungsfähiges Parlament gemeinsam mit der Öffentlichkeit Skandale schon in der Entstehung hätten verhindern können. In einem Klima des Filzes und der Handlungsunfähigkeit empfinden wir es als Pflicht, politisch aktiv zu bleiben und zu werden und rufen dazu auf, sich mehr und nicht weniger in demokratische Prozesse und Diskurse einzubringen.

Für uns ist der freie Zugang zu Wissen und Informationen für alle eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Für uns sind Gleichstellung und ein diskriminierungsfreier Zugang zu Sicherheit, Wohlstand und individueller Entfaltung kein Versprechen für eine ferne politische Zukunft, sondern eine Frage der Notwendigkeit. Das Aufbegehren der „technologisierten Jugend“ gegen den Missbrauch von Technologie zur lückenlosen Überwachung aller Menschen ist zum Kampf vieler gesellschaftlicher Gruppen gegen den offen auftretenden Polizei- und Überwachungsstaat geworden. Wir brauchen ein Gesellschaftsbild, das fundamental vom Status quo der Leistungs- und Segregationsgesellschaft abweicht und über den nächsten Wahltermin hinaus reicht. Die organisierte Linke – und damit auch die Partei die LINKE – entwickeln und diskutieren als einzige in Deutschland ein solches Gesellschaftsbild in unserem Sinne. Wir möchten dazu beitragen, diese politische Vision gemeinsam mit der Linken zu entwickeln. Wir haben uns dazu entschieden, die Linke in Berlin im Jahr 2016 und darüber hinaus kritisch und solidarisch zu unterstützen und so an einer solidarischen Alternative zum bürgerlichen Mainstream in Europa mitzuarbeiten.

Wir sehen uns.

Unterstützende

Gerhard Anger, ehem. Landesvorsitzender Piratenpartei Berlin
Monika Belz, Mitglied BVV Treptow-Köpenick
Leonard Bellersen, Generalsekretär Junge Pirat*innen
Benjamin Biel, ehem. Pressesprecher Piratenpartei Berlin
Florian Bokor, ehem. Vorstand Piratenpartei Sachsen
Joachim Bokor, ehem. Justiziar Piratenpartei Deutschland
Frederik Bordfeld, Mitglied BVV Pankow
Marius J. Brey, ehem. Piratenpartei
Steffen Burger, Mitglied BVV Neukölln
Katja Dathe, ehem. Schatzmeisterin Piratenpartei Berlin
Martin Delius, Mitglied des Abgeordnetenhauses
Konstanze Dobberke, ehem. Piratenpartei
Cornelius Engelmann-Strauß, Mitglied BVV Treptow-Köpenick
Anisa Fliegner, Sprecherin BAG Netzpolitik die LINKE
Marcel Geppert, Mitglied BVV Marzahn-Hellersdorf
Björn Glienke, ehem. Direktkandidat BTW13 Piratenpartei Berlin
Anne Helm, Mitglied BVV Neukölln
Oliver Höfinghoff, Mitglied des Abgeordnetenhauses
Michael Karek, ehem. Vorstand Piratenpartei Berlin
Jan Kastner, ehem. Kandidat für die Piratenpartei Deutschland
Steven Kelz, Mitglied BVV Marzahn-Hellersdorf
Martin Kliehm, Stadtverordneter Frankfurt am Main
Fabian Koleckar, ehem. Vorstand Junge Pirat*innen Berlin
Lasse Kosiol, Mitglied BVV Spandau
Matthias Koster, ehem. Vorstand Piratenpartei Trier
Andreas Krämer, ehem. Vorstand Piratenpartei Bremen
Peter Laskowski, Bundeskoordinierungskreis der Ema.Li
Hartmut Liebs, ehem. Piratenpartei
Steffen Ostehr, Mitglied BVV Marzahn-Hellersdorf
Julia Schramm, ehem. Bundesvorstand Piratenpartei Deutschland
Volker Schröder, Mitglied BVV Treptow-Köpenick
Daniel Schwerd, Mitglied des Landtages NRW
Dr. Benedict Ugarte Chacón, ehem. Piratenpartei
Dr. Simon Weiß, Mitglied des Abgeordnetenhauses
Jan Zimmermann, ehem. Vorstand Piratenpartei Berlin

Sozialleistungen an EU-Bürger kürzen? Scheinproblem und fatales Signal!

europa

„Der Neidische wird ärmer, wenn er andere reicher werden sieht.“
Christian Friedrich Hebbel

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat sich in einem Interview dafür ausgesprochen, Sozialleistungen für EU-Ausländer einzuschränken. „Freizügigkeit bedeutet nicht, dass man sich aussuchen kann, wo man Sozialleistungen erhält“, antwortete er dem Magazin „Der Spiegel“ auf entsprechende Fragen. Wanderungsbewegungen, die durch höhere Sozialleistungen motiviert werden, möchte er damit unterbinden. Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte vorgeschlagen, Sozialleistungen für EU-Ausländer zu beschneiden. Die Nordrhein-Westfälische CDU prescht mit einem Antrag an die NRW-Landesregierung vor (Drucksache 16/10790).

Hinweise, dass es sich tatsächlich um ein regelungsbedürftiges Problem handelt, gibt es nicht, vielmehr leisten EU-Bürger einen hohen Anteil an Sozialbeiträgen innerhalb unseres Landes. Freizügigkeit ist eine wichtige Errungenschaft innerhalb der Europäischen Union, und eine negativ gefärbte Diskussion kann dem Ansehen Europas in Deutschland Schaden zufügen. Ich fürchte, hier sollen verschiedene bedürftige Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Ist das ganze nur ein Scheinproblem? Und was für ein Bild der Europäischen Union wird damit transportiert? Daher habe ich der Landesregierung heute einige Fragen gestellt:

1. Gibt es Hinweise darauf, dass es gerade Sozialleistungen sind, die EU- Ausländer dazu bewegen, nach NRW einzuwandern? Gehen Sie darauf ein, inwieweit sich ein Handlungsbedarf in dieser Frage ergibt.
2. In welcher Höhe gab es 2015 einen Sozialleistungsbezug durch EU- Ausländer in NRW?
3. Welchen Anteil an Sozialbeiträgen haben 2015 EU- Ausländer in NRW erbracht?
4. Inwieweit steht Bedürftigkeit dem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der europäischen Union im Wege? Gehen Sie darauf ein, inwieweit die Freizügigkeit vom sozialen Status eines EU-Bürgers abhängig sein sollte.
5. Welches Signal sendet eine solche Debatte für die Akzeptanz der Europäischen Union sowie eines solidarischen Europas?

Die zugehörige kleine Anfrage wurde heute unter der Drucksachennummer 16/10801 veröffentlicht.

Diskriminierung: Warum ist Flüchtlingen der Zutritt zum Hallenbad in Bornheim verboten?

Hallenbad

Gegen einen Flüchtling einer Bornheimer Unterkunft wird wegen sexueller Belästigung ermittelt. Außerdem soll es verbale Übergriffe gegen Frauen im städtischen Hallenbad gegeben haben. Dies nahm der Erste Beigeordnete der Stadt Bornheim zum Anlass, ein Zutrittsverbot für alle erwachsenen männlichen Flüchtlinge zum städtischen Hallenbad durch die Stadt Bornheim aussprechen zu lassen. Dies berichtet der WDR.

Es ist vollkommen korrekt und nachvollziehbar, wenn Personen, die sich im Schwimmbad danebenbenehmen oder andere Badegäste belästigen, des Hauses verwiesen werden. Deswegen aber gleich sämtliche Flüchtlinge in Sippenhaft zu nehmen und für die Taten einzelner zur Verantwortung zu ziehen ist meines Erachtens nach diskriminierend und rassistisch. Das konterkariert jedes Bemühen um Integration und Inklusion. Ich fordere die Stadt Bornheim auf, diese Praxis umgehend zu beenden.

Zudem habe ich der Landesregierung heute einige Fragen zu dem Vorfall gestellt. Sie möge mir bitte beantworten:

  1. Auf welcher Rechtsgrundlage kann die Stadt Bornheim allen erwachsenen männlichen Flüchtlingen den Zutritt zum städtischen Hallenbad verweigern?
  2. Inwieweit handelt es sich bzw. handelt es sich nicht bei diesem Verbot um Diskriminierung?
  3. Inwieweit handelt es sich bzw. handelt es sich nicht bei diesem Verbot um Rassismus?
  4. Wie wirkt sich dieses Verbot nach Meinung der Landesregierung auf die Inklusions- und Integrationsbemühungen von geflüchteten Menschen aus?
  5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung gegenüber der Stadt Bornheim bzw. dem ersten Beigeordneten der Stadt, diese Angelegenheit betreffend?

Sobald die Anfrage veröffentlicht ist, werde ich sie hier verlinken. Auch über die Antworten und die weitere Entwicklung werde ich Euch auf dem Laufenden halten.

Innenminister Jäger macht Polizei in Köln verantwortlich. Fragen bleiben offen

hbf

Die Ereignisse der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof waren gestern Gegenstand einer Sondersitzung des Innenausschuss. In dieser hat Innenminister Jäger sowie führende Beamte seines Hauses einen Bericht erstattet. Verteilt wurde auch ein schriftlicher Bericht des Innenministeriums und einer des (ehemaligen) Polizeipräsidenten von Köln. Wir hatten diese Informationen also auch erst zu Beginn der Sitzung selbst.

Ich bin kein Mitglied des Ausschusses, habe als Gast beigewohnt. Ein Rederecht, wie ich zuvor beantragt hatte, um eigene Fragen an das Innenministerium stellen zu können, haben die Fraktionen von SPD, CDU, Grüne und FDP bei Enthaltung der Piraten zu Beginn der Sitzung abgelehnt. Diese Entscheidung sehe ich im Hinblick auf die Abgeordnetenrechte sehr kritisch.

Jägers Bericht und die vorgestellten Dokumente konnten nicht überzeugen. Er schiebt Schuld und Verantwortung recht deutlich der Kölner Polizeiführung zu: Diese habe angebotene Verstärkung nicht abgerufen. Zudem habe es Mängel in der behördeninternen Kommunikation gegeben, so dass zu keiner Zeit ein vollständiges Lagebild an einem Ort vorgelegen habe. Auch wurde der Dienstgrad des leitenden Beamten als zu gering eingestuft.

Die Verantwortung auf eine nachgeordnete Behörde in dieser Form abzuschieben ist schon ein starkes Stück. Darauf angesprochen brachte er den (hinkenden) Vergleich, dass auch die Gesundheitsministerin nicht selbst am Blinddarm operiert, gewissermaßen also für Fehler dabei nicht verantwortlich sei.

Die ganze Vorstellung hat nicht alle Fragen beantwortet, und zahlreiche neue Fragen aufgeworfen. Da ich diese in der Sitzung nicht stellen konnte, nutze ich nun das Instrument der kleinen Anfrage. Dabei gibt es soviele komplexe offene Fragen, dass ich bereits insgesamt 17 kleine Anfragen formuliert habe, jede mit 5 Unterfragen ausgestattet. Die ersten neun Anfragen sind bereits eingereicht, die übrigen werden noch bearbeitet. Ich werde sie an dieser Stelle wie gewohnt veröffentlichen.

Fragen bezüglich der politischen Konsequenzen sind dabei noch gar nicht enthalten.

Die Landesregierung hat zwischenzeitlich auch eine Unterrichtung für die nächste Plenarsitzung Ende Januar angekündigt. CDU und FDP wollen nicht so lange warten, sie beantragten eine Sondersitzung des Parlaments, die am Donnerstag, den 14.01. ab 10 Uhr stattfinden wird, so dass die Unterrichtung bereits da stattfinden soll.