Meine persönliche Meinung zur Beschneidungsdebatte

Beschneidung stellt einen irreversiblen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von Jungen dar. Gleichwohl ist das Recht auf freie Wahl und Ausübung der Religion und seiner Bräuche ein Menschenrecht. Bei der Abwägung zwischen beiden Rechten ist es nötig, größte Sorgfalt walten zu lassen. Ein erhobener Zeigefinger und die moralische Keule ist in keinem Fall angebracht. Der Staat hat nicht das Recht, Eltern die Freiheit der religiösen Erziehung zu entziehen. Der Staat hat nicht die Aufgabe, über Zeitgemäßheit von religiösen Bräuchen zu richten.

Auch muslimischen und jüdischen Familien geht es um das Kindeswohl. Sie sind davon überzeugt, dem Wohl ihrer Jungen dadurch gerecht zu werden, sie in einer gläubigen Gemeinschaft aufwachsen zu lassen, bis sie sich selbst für oder gegen eine Religion entscheiden können.

Ich bin der Ansicht, dass die Rechte von Kindern und Gläubigen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen.

Grundsätzlich halte ich die Beschneidung von männlichen Säuglingen oder Kleinkindern aus religiösen Gründen für zumutbar, wenn medizinische Sorgfalt beachtet wird, und Aufklärung sichergestellt ist. Beschneidungen sollen nur von medizinisch geschultem Personal unter den Regeln der ärztlichen Kunst und hygienischen Bedingungen erfolgen, eine Betäubung muss selbstverständlich sein. Zumutbar ist auch, dass der Beschneidung eine Beratung der Eltern über Folgen und Risiken vorausgeht. Eine Aufklärungskampagne in den religiösen Gruppen, die für Akzeptanz derjenigen sorgt, die sich gegen die Beschneidung entscheiden, ist denkbar, gleichwohl muss die letzte Entscheidung stets bei den Eltern liegen.

Dies ist meine private Meinung, innerhalb der Piratenpartei gibt es in dieser Frage keinen Konsens.

Blaulichttag und Hengstparade: GEMA-Gebühren in NRW

Ich habe die Landesregierung gefragt, inwieweit und welche GEMA-Gebühren von Ämtern, Ministerien und Dienststellen des Landes Nordrhein-Westfalen anfallen. Die Antwort ist nun verfügbar.

Der Detaillierungsgrad der Antworten ist höchst unterschiedlich, manches Ministerium hat sich viel Mühe gemacht, andere haben offenbar nur eine repräsentative Auswahl von Dienststellen befragt.

Es handelt sich im Wesentlichen um Ausgaben für Konzerte und Aufführungen, gegen die man schwerlich etwas sagen kann – unnötige Kosten für Warteschleifen und Wartebereiche – in denen man gut auf CC-Musik ausweichen könnte – scheinen die Ausnahme zu sein.

Kurios am Rande, was ich nicht wusste: Nordrhein-Westfalen hat ein Gestüt. Hier gab es GEMA-Gebühren in Höhe von rund 7.000 Euro für Musikdarbietungen („Hengstparaden und Hengstschauen“). 800 Euro Gebühren kostete beispielsweise der Blaulichttag des Polizeipräsidium Krefeld.

Ins Auge stechen jedoch zwei große Beträge: Die Justizvollzugsanstalten zahlten über 70.000 Euro, für Aufzeichungs- und Abspielgeräte in Freizeit- und Schulungsräumen. Natürlich sollen auch Häftlinge Zugang zu Musik und Film haben – der GEMA reicht es offenbar nicht aus, die Gebühren auf die Tonträger selbst und die Abspielgeräte zu kassieren, hier müssen offensichtlich auch noch Aufführungsgebühren geleistet werden.

Und das Schulministerium hat einen Pauschalvertrag mit der GEMA zur Aufführung in Schulveranstaltungen und zur Nutzung im Zentralabitur, für das über 259.000 Euro fällig wären. Womit wir wieder bei der Frage der fairen Nutzung von Medien für die Bildung wären.

Die Antwort der Landesregierung samt Liste findet man hier:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-491.pdf

Schäbig: NSU-Tote für Staatstrojaner missbrauchen

Heute kam die Antwort von Innenminister Jäger auf meine Kleine Anfrage, inwieweit die NSU-Morde – oder irgendeine Terrortat rechtsextremen Hintergrundes – durch den Einsatz des Staatstrojaners verhindert oder zumindest aufgeklärt hätte werden können. Ihr erinnert Euch, im Koalitionsvertrag hatte die neue Regierung aus SPD und Bündnis 90 / Die Grünen eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz des Staatstrojaners verabredet, und das ausgerechnet mit den Morden der Terrorzelle „NSU“ begründet.

Heute wurde die Antwort der Landesregierung veröffentlicht, verfasst von Innenminister Jäger. Wie sich zeigt, gibt es nicht den geringsten Hinweis. Ich bin zwar nicht überrascht, dennoch ziemlich sauer. Folgende Pressemitteilung haben wir daraufhin herausgegeben:


MdL Schwerd: Jäger missbraucht NSU-Opfer für Schnüffelprogramm

Daniel Schwerd, Netzpolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Landtag NRW: „Die rot-grüne Landesregierung will den Staatstrojaner durchsetzen und missbraucht dafür die Mordopfer der Zwickauer Terrorzelle.“

Diese Verbindung zwischen Rechtsterrorismus und Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) bewertet Schwerd als „offensichtlich konstruiert und frei aus der Luft gegriffen“. Die Antwort auf eine Kleine Anfrage Schwerds, die heute in der Drucksache 16/425 veröffentlicht wird, bestätigt seine Auffassung. Darin kann NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) keinerlei Anhaltspunkte dafür liefern, dass eine der NSU-Taten mit der Online-Durchsuchung verhinderbar oder zumindest aufklärbar gewesen wäre.

Die NRW-Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehen, eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz der TKÜ zu schaffen. Dabei hat schon 2008 das Bundesverfassungsgericht solchen Staatstrojanern enge Grenzen gesetzt: Online-Durchsuchungen dürfen nur zur Abwehr einer konkreten Gefahr für Leib und Leben o. ä. eingesetzt werden. Das Gericht erklärte das entsprechende Gesetz der damaligen schwarz-gelben Landesregierung für verfassungswidrig.

„Ich finde es schäbig, Mordopfer zu missbrauchen, um den Staatstrojaner zu begründen“, meint Schwerd. „Der Ruf nach mehr Überwachung der Bürger wird mittlerweile reflexartig bei allen möglichen Straftaten erhoben, ohne dass sich nachweisen lässt, dadurch mehr Sicherheit zu erreichen.“

Die Frage, warum man dieses Instrument ausgerechnet dem Verfassungsschutz in die Hand geben will, der über keine Befugnisse zur Abwehr solcher Gefahren verfügt, konnte Innenminister Jäger ebenfalls nicht überzeugend beantworten. „Der Hinweis, dass der Verfassungsschutz diese Informationen dann mit der Polizei teilen will, ist nicht überzeugend“, so Schwerd.

Zwei weitere Fragen drängen sich Schwerd auf: Hat sich der Verfassungsschutz etwa durch das Schreddern von NSU-Akten nach Bekanntwerden der Affäre qualifiziert, ein derartiges Abhörinstrument zu erhalten? Und ist nicht gerade der Verfassungsschutz dadurch aufgefallen, trotz V-Leuten und Überwachung der Szene von den Terrorakten der Gruppe keinerlei Ahnung gehabt zu haben?

Minister Jäger kann auf Nachfrage keine Maßnahmen nennen, wodurch der Staatstrojaner auf die Überwachung von Telekommunikation an der Quelle begrenzt bleibt: Er gibt keine Hinweise darauf, wie private Daten auf den Computern geschützt werden können. „Selbst ausgewiesene IT-Experten und Bürgerrechtler melden Zweifel an der technischen Umsetzbarkeit an. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das Schnüffelprogramm in Einklang mit den vom Verfassungsgericht aufgezeigten Grenzen gebracht werden kann“, so Schwerd.


Quellen:
Kleine Angrage
Antwort auf Kleine Anfrage
Pressemitteilung

Noch viel lernen Du musst, junger Padawan.

Politiker sein ist ein Beruf. Ich stelle immer mehr fest, dass parlamentarische Politik nach eigenen Regeln läuft, die man erst erlernen muss. Wie der frische Azubi, der „den Spannungsabfall wegwerfen“ soll, oder den man „100 Gramm Lotrecht“ kaufen schickt, fühlt man sich bisweilen als frischer Abgeordnete.

Es ist offenbar üblich, bei Redebeiträgen des politischen Gegners nicht zu klatschen, egal wie gut sie waren. Man muss den Parlamentspräsidenten ansprechen zu Beginn einer Rede. Redebeiträge sind minutengenau ausgehandelt, das Verlassen und Wiederbetreten des Saals kurz vor und nach Abstimmungen folgt gewissen Regeln.

Das kann man blöd finden oder nicht – man muss damit leben. Man muss zwar nicht jeden Mist mitmachen, aber an gewisse Gepflogenheiten muss man sich halten, oder vielmehr: Man muss lernen, sie sich zunutze zu machen.

Ein Beispiel parlamentarischen Geschäfts sind die sogenannten Kleinen Anfragen, die jeder Abgeordnete an die Regierung richten darf. Die Regierung übergibt diese zur Beantwortung an die zuständigen Ministerien, von denen die Antworten innerhalb von vier Wochen erfolgen sollen.

Mit den Kleinen Anfragen adressiert der Abgeordnete oftmals Probleme aus seinem Wahlkreis oder aus seinem politischen Wirkungsbereich. Ziel soll sein, Informationen aus der Administration herauszukitzeln, oder ein Bekenntnis oder eine Aussage der Regierung zu einem Thema zu erlangen.

Es gehört offenbar auch zu den politischen Gepflogenheiten, mit kleinen Anfragen zu provozieren, indem man die Administration damit flutet (indem man z.B. nach den Lehrerzahlen diverser Gemeinden fragt – für jede Gemeinde einzeln in einer eigenen Anfrage) oder populistische, nahezu beleidigende Überschriften wählt (z.B. „Gefährdet die Rot-Grüne Landesregierung die Sicherheit und Ordnung im Kreis Paderborn„). An diesen Gepflogenheiten möchte ich mich übrigens nicht beteiligen.

Umgekehrt ist es üblich, um exakte Antworten herumzulavieren, indem man Fragen möglichst spitzfindig interpretiert und nur genau das daraus beantwortet, was man verstanden haben will.

Ich durfte das bei der Antwort zu meiner Anfrage „Berücksichtigung des Haftungsrisikos der West-LB gegenüber Kommunen“ erfahren.

Um kurz auszuholen, worum es in dieser Anfrage ging: Derzeit klagen Städte und Gemeinden aus Nordrhein-Westfalen wegen Derivatgeschäften gegen die West-LB, welche ihnen zur Zinsoptimierung angeboten und verkauft wurden. Dazu wurden Zins-Swap-Geschäfte abgeschlossen, welche eine Wette auf ein Zinsdifferenzverhältnis verschiedener Währungen darstellten. Die Kommunen beklagen, unzureichend über Risiken aufgeklärt und beraten worden sein.

In einem ersten Verfahren hat die Stadt Ennepetal am 11. Mai 2012 vom Landgericht Düsseldorf in erster Instanz Recht bekommen, Verluste in Höhe von rund 10 Millionen Euro aus solchen Derivaten muss die West-LB tragen.

Ich wollte wissen, welches Haftungsrisiko durch laufende Prozesse auf die WestLB zukommt. Dazu fragte ich, welche und wie viele Gemeinden gegen die WestLB klagen, welche Ansprüche die Gemeinden anmelden, und welche Vorsorge die WestLB dafür getroffen hat. Natürlich geht es mir darum, festzustellen, ob diese Summen ausreichen berücksichtigt worden sind.

Die Antwort erhielt ich diese Woche. Ich muss feststellen, dass sich das Wirtschaftsministerium erfolgreich um eine konkrete Antwort herumgedrückt hat, indem sie meine Fragen geschickt interpretiert hat.

So antwortete man beispielsweise auf meine Frage nach den Ansprüchen, die die Gemeinden angemeldet haben:

Die von den 26 klagenden Kommunen geltend gemachten Schadenersatzforderungen betragen insgesamt 11.811.733,51 EUR. Darüber hinaus klagen die Kommunen auf die Rückabwicklung der zugrunde liegenden Geschäfte.

Dass es mir natürlich in erster Linie um das Volumen der rückabzuwickelnden Geschäfte geht, hat das Ministerium erfolgreich „übersehen“ – die Angabe des Risikos dieser Geschäfte fehlt. Ich habe es ja nicht exakt so gefragt. Stattdessen antwortet man nur mit den Schadenersatzzahlen – die aber nur einen (kleineren) Teil der Forderung darstellen. Das Rückabwicklungsrisiko ist deutlich größer, was man an den zu tragenden Verlusten in Höhe von 10 Millionen Euro für die Stadt Ennepetal sehen kann – bei 25 Gemeinden wird das Risiko insgesamt also ein Vielfaches davon sein.

Danke, liebes Wirtschaftsministerium, für diesen Azubi-Initiationsritus. Mich lehrt das, die Fragen in Zukunft noch viel präziser zu stellen, das weniger Ausweichmöglichkeiten verbleiben.

Besonders schön ist die Antwort auf meine Frage, welche Risikovorsorge die WestLB denn getroffen habe. Man antwortet:

Die WestLB AG, die seit dem 01.07.2012 als Portigon AG firmiert, hat für die genannten Rechtsrisiken bei diesen Geschäften eine entsprechende Risikovorsorge vorgenommen, die sie für derzeit angemessen hält.

Auch hier bin ich selbst schuld. Ich habe ja nicht nach der Höhe gefragt.

Wochenrückblick 1/2012

Seit dem 25. Mai 2012 bin ich offiziell Abgeordneter im Landtag von Nordrhein-Westfalen – ganz habe ich mich zwar noch nicht daran gewöhnt, aber so langsam wird es ernst mit der politischen Arbeit: Ich habe meine erste Rede im Plenum gehalten, Kleine Anfragen an die Landesregierung gestellt und zumindest ein vorläufiges Büro im Landtag bezogen (nächste Woche ziehen wir ein paar Etagen höher), die Landtagsausschüsse haben sich konstituiert (und sind dabei terminlich direkt kollidiert) und meine beiden Landtags-Mitarbeiter sind seit dieser Woche ebenfalls an Bord gekommen. Um euch künftig darüber auf dem Laufenden zu halten, was ich hier im Landtag tue und was sonst noch so in der Fraktion passiert, werden wir ab jetzt regelmäßig Wochenrückblicke auf der Webseite einstellen. Heute fange ich direkt damit an – und weil es der erste Rückblick dieser Art ist, wird er auch gleich ein wenig länger.

Ausschüsse

Die konstituierende Sitzung des Landtags, bei der sich die Abgeordneten zum ersten Mal treffen, fand am 31. Mai 2012 statt. Die eigentliche Arbeit, also vor allem der Feinschliff an und die Fachdiskussion über Gesetzesentwürfe, wird in den verschiedenen Fachausschüssen geleistet. In dieser Legislaturperiode wird es insgesamt 26 Ausschüsse geben. Ich werde in den Ausschüssen für Kultur und Medien sowie für Wirtschaft (eigentlich: „Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk“) ordentliches Mitglied sein, sowie in zwei weiteren Ausschüssen Stellvertreter. Donnerstag haben sich die Ausschüsse konstituiert und ich bin dort jetzt also offiziell Mitglied (Details in meinem Landtagsprofil). Allerdings sollen meine beiden Ausschüsse bislang zeitgleich stattfinden – aber ich bin sicher, dass die parlamentarischen Geschäftsführer, die für (solche) organisatorischen Absprachen zwischen den Parteien zuständig sind, eine Lösung finden werden.

Im Kultur und Medien-Ausschuss bin ich übrigens nicht nur Mitglied, sondern auch stellvertretender Vorsitzender – das bedeutet, dass ich dort Sitzungsleiter bin, wenn der Vorsitzende nicht teilnimmt. Die Verteilung der Posten für Vorsitzende und Stellvertretende Vorsitzende in den verschiedenen Ausschüssen orientiert sich an der Stärke der Fraktionen im Landtag. Darum stellen wir Piraten lediglich einen Vorsitzenden – Nico Kern im Europaausschuss – und eben einen Stellvertretenden Vorsitzenden. Wie wichtig diese Posten in der praktischen Arbeit tatsächlich sind, werden wir noch sehen müssen. Ich freue mich jedenfalls sehr, gerade in diesen beiden Ausschüssen zu sitzen, da ich glaube, meinen politischen Interessen hier sehr gut einbringen zu können. Ich bin gespannt und werde berichten, was man dort bewegen kann.

Plenardebatte: Mittelstandsgesetz

Neben der Detailarbeit in den Ausschüssen besteht der andere große Teil der parlamentarischen Arbeit in den Debatten im Plenum. Dies ist die Gelegenheit, öffentlich darzustellen, wie die Fraktionen grundsätzlich zu dem vorliegenden Thema eingestellt sind. Anschließend wird dann über die jeweiligen Vorlagen abgestimmt – in der ersten Lesung geht es bei einer Abstimmung fast immer nur darum, einen Gesetzesentwurf in den zuständigen Fachausschuss zu überweisen (siehe Gesetzgebungsverfahren in NRW).

Obwohl der aktuelle Landtag noch nicht lange besteht, gab es schon einige Gesetzesentwürfe, Entschließungsanträge und andere Vorlagen, über die wir abstimmen mussten. In diesem Zusammenhang habe ich am Donnerstag meine erste Rede im Plenum zu einem recht schwammigen Gesetz gehalten, das vom neuen Wirtschaftsminister Duin eingebracht wurde und das mittelständische Unternehmen in NRW fördern soll (Link zum Gesetzesentwurf). Tatsächlich besteht das Gesetz fast ausschließlich aus Absichtserklärungen und Konjunktiven – die wenigen konkreten Vorhaben haben es dafür in sich: Nach § 6 des Gesetzes soll eine so genannte Clearing-Stelle geschaffen werden, in der verschiedene Interessenvertretungen des Mittelstands (also: Lobbyverbände) das Recht haben sollen, Gesetzesentwürfe zu Gesicht zu bekommen, noch bevor diese auch nur vom Kabinett (also der Landesregierung) diskutiert worden sind. Das entspricht nicht gerade meinen Vorstellungen von Demokratie und Transparenz. Hier das Video von meiner Rede (die Qualität ist grausam; die Landtagsverwaltung will aber demnächst neue Videotechnik anschaffen):

(Auf Youtube gibt es übrigens seit neuestem einen Channel, auf dem sich alle Reden von Mitgliedern der Piratenfraktion als Video finden: http://www.youtube.com/user/PiratenfraktionNRW/videos)

Wir als Piratenfraktion haben am Donnerstag auch einen eigenen Gesetzentwurf ins Plenum eingebracht, bei dem es um die Stärkung der direkten Demokratie bei Verfassungsänderungen geht (Link zum Gesetzesentwurf). Wie nicht anders zu erwarten wurde der Entwurf in den zuständigen Fachausschuss überwiesen.

Außerdem haben wir am Mittwoch die Regierung getrollt: Obwohl es eine Anwesenheitspflicht im Plenum gibt, sind viele Abgeordnete während der Debatten gar nicht im Plenarsaal. Bei einer Abstimmung über einen Gesetzesentwurf waren die Regierungsfraktionen (SPD und Grüne) prompt in der Minderheit, da zu wenig Abgeordnete von ihnen anwesend waren. Antrag mit Oppositionsmehrheit abgelehnt. 🙂 Seither strömen die Abgeordneten von SPD und Grünen zuverlässig kurz vor einer Abstimmung in den Plenarsaal – Zufälle gibt’s…

Kleine Anfragen

Kleine Anfragen sind ein hervorragendes Mittel, um die Regierung auf Trab zu bringen, sie sind das schärfste Schwert des Abgeordneten der Opposition. Jeder Abgeordnete kann sie stellen und die Landesregierung muss innerhalb von vier Wochen darauf antworten. Das habe ich genutzt und drei Anfragen gestellt – unter anderem wollte ich wissen, wie viel das Land NRW im Jahr an die GEMA für Musik in Telefonwarteschleifen und Wartebereichen zahlt. Hier gibt es meine Anfragen in der Übersicht – die Antworten der Regierung stehen noch aus.

Fraktion

Die Abgeordneten der Piraten treffen sich mindestens einmal in der Woche, meistens dienstags, zur Fraktionssitzung, um über Gesetzesentwürfe von uns und den anderen Parteien zu diskutieren, unsere politische Arbeit abzustimmen und allgemeine organisatorische Dinge zu verabreden. Alle Fraktionssitzungen übertragen wir live im Internet.

In dieser Woche haben wir vor allem darüber gesprochen, wer was zu welchem Thema im Plenum sagen wird und ob wir den Überweisungen der verschiedenen Gesetzesentwürfe in die Fachausschüsse zustimmen können. Wir Piraten kennen keinen Fraktionszwang, jeder Abgeordnete stimmt so ab, wie er es für richtig hält, wie es seinem Gewissen entspricht und wie er seiner Meinung nach die Basis am besten repräsentiert. Trotzdem ist es in der Regel sinnvoll, der Überweisung eines Gesetzesentwurfes in den jeweiligen Ausschuss zuzustimmen – selbst wenn wir den Entwurf inhaltlich ablehnen. Denn nur in den Ausschüssen ist es möglich, inhaltlich an den Entwürfen zu arbeiten und sie zu verbessern.

Außerdem werden in der Fraktionssitzung Personalangelegenheiten besprochen (bspw. wer in welchen Ausschuss geht, wer aufgrund seines Mandats als Kuratoriumsmitglied in eine Stiftung entsendet wird, welche Fraktionsreferenten wir einstellen usw.). Ich bin am Freitag zum netz- und medienpolitischen Sprecher der Piratenfraktion gewählt worden. Vielen Dank!

Und sonst?

Seit dieser Woche habe ich ein vorläufiges Büro im Landtag – mit wunderschöner Aussicht, wie man auf diesem Bild sieht. Allerdings werden wir nächste Woche nochmal um- und ein paar Stockwerke höher ziehen. Dann hoffentlich mit schönerem Panorama. Dass dort oben eine geheime Zapfanalage installiert sein soll, weswegen die dort oben untergebrachten CDU-Abgeordneten angeblich nicht ausziehen wollen, halte ich für ein boshaftes Gerücht 😉

Zusammen mit dem Büro wurden übrigens meine neuen Mitarbeiter geliefert – Gabriel Heinzmann und René Gögel werden meine Arbeit künftig inhaltlich und administrativ unterstützen.


Was von dieser Woche bleibt ist jedenfalls die Erkenntnis, dass das Leben als Parlamentarier kein reines Zuckerschlecken ist – im Gegenteil, der Landtag ist ein hartes Pflaster. So hart sogar, dass bereits das erste Paar Schuhe draufgegangen ist. (Das Foto ist unmittelbar nach meiner Rede entstanden.)

Ausblick

Kaum geht die Arbeit im Parlament richtig los, ist auch schon sitzungsfreie Zeit – die nächsten Plenarsitzungen sind erst wieder Mitte September. (Die Ausschüsse gehen allerdings schon vorher los.) Wir werden die Zeit bis dahin nutzen, unser (dann hoffentlich finales) Büro ein- und herzurichten, die IT zum Laufen zu bringen und uns möglichst tief in die politischen Themen einzuarbeiten. Das wird ein Spaß! Außerdem gibt es da noch die Arbeit vor Ort in den Kreisen in Nordrhein-Westfalen.

Rede zum Mittelstandsförderungsgesetz

Gestern habe ich im Landtag eine Rede zum geplanten Mittelstandsförderungsgesetz gehalten, hier zum nachschauen:

Den Vorwurf, die Landesregierung mit dem Hinweis auf die „Ermächtigung“ diskreditieren zu wollen, habe ich zurückgewiesen. Es handelt sich um ein Zitat aus dem vorliegenden Gesetz. Die Angewohnheit, konkrete Regelungen in Verordnungen zu verschieben, wo sie freihändig von der Regierung festgesetzt werden, während die Gesetze wolkig und unverbindlich bleiben, finde ich intransparant und undemokratisch.

Die Quellen-Telekommunikationsüberwachung und die NSU-Morde

Die neue Regierung aus SPD und GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen erfüllt einen feuchten Traum der Sicherheitsfanatiker unter den Innenpolitikern: Im Koalitionsvertrag haben die beiden Regierungsparteien die Quellen-Kommunikationsüberwachung vorgesehen, also den Einsatz der als Staatstrojaner bekannten Software durch den Verfassungsschutz.

Man liest im Koalitionsvertrag auf Seite 152 unter der Überschrift „Wir stärken die Verfassung und schärfen die Instrumente im Kampf gegen Rechtsextremismus“:

Wir wollen dem Verfassungsschutz NRW die sog. Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ermöglichen und die gesetzliche Grundlage dafür schaffen.

Ausgerechnet die Toten der NSU-Mörder müssen nun dafür herhalten, den Staatstrojaner auf Landesebene einzuführen. Zudem will man ihm nicht etwa der Polizei, sondern dem Verfassungsschutz in die Hand geben – der Institution, die im Vorgehen gegen den NSU ganz besonders versagt hat.

Zum Trojaner kann man einiges kritisieren (ich hatte das im Blog schon getan), unter anderem, dass er verfassungsrechtlich vermutlich gar nicht zulässig sein könnte – zur Auswahl des Verfassungsschutzes als ausübende Behörde ist besonders brisant, dass diese gar nicht über die notwendigen polizeilichen Befugnisse verfügt, eine konkrete Gefahr, die sich durch eine solche Überwachung offenbart, selbst abzuwenden.

Ich finde die ganze Vorlage samt Begründung ausgesprochen haarsträubend, und habe daher heute der Landesregierung NRW eine kleine Anfrage zugeleitet, in der ich ihr folgende Fragen stelle:

  1. Welche Anhaltspunkte gibt es, dass die NSU-Morde verhindert oder aufgeklärt hätten werden können, wenn dem Verfassungsschutz die TKÜ zur Verfügung gestanden hätte?
  2. Welche und wie viele Straftaten rechtsextremistischen Hintergrundes hätten mit der TKÜ verhindert oder aufgeklärt werden können? Bitte differenzieren Sie die Aussagen danach, wie viele und welche jeweils verhindert; sowie wie viele und welche nachträglich aufgeklärt werden könnten.
  3. Inwieweit sieht die Landesregierung den Verfassungsschutz in der Lage und als richtige Stelle, durch TKÜ Gefahr für Leib, Leben und Freiheit eines Menschen bzw. ein vergleichbares Rechtsgut zu schützen, ohne dass dieser die zur Durchführung des Schutzes selbst notwendige polizeiliche Befugnisse hat?
  4. Durch welche technischen, organisatorischen und weiteren Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass die eingesetzte Software auf die Überwachung der Telekommunikation an der Quelle begrenzt ist, und keine anderen Daten sammeln kann?

Ich bin sehr gespannt.

Die ganze Drucksache könnt ihr hier nachlesen:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-140.pdf

Stellenangebot

Update

Bitte bei mir nicht mehr bewerben, ich bin voll 😉 Vielen Dank Euch / Ihnen allen für Euer / Ihr Vertrauen in mich und das Interesse an der Arbeit mit mir. Ich melde mich bei Euch!

Stellenangebot, Kennziffer 10-01

Zur Unterstützung meiner parlamentarischen Aufgaben suche ich baldmöglichst einen persönlichen Mitarbeiter beliebigen Geschlechts als erweitertes Gehirn, rechte Hand, Mentor, Rückenfreihalter, Händchenhalter, Organisator, Arbeitswegschaufler etc. Folgende Aufgaben werden auf Dich zukommen:

  • Administrative Tätigkeiten wie allgemeine Schreibarbeiten, telefonische und schriftliche Anfragenbearbeitung;
  • Organisation, Terminkoordination, Veranstaltungsplanung;
  • Strukturierung von Arbeit, selbständige Organisation eines MdL, Literaturrecherche;
  • Unterstützung bei allen Aufgaben, die im Zuge der Mandatstätigkeit anfallen.

Ideal wären folgende Eigenschaften und Kenntnisse:

  • Professionelle Kommunikations- und Organisationsfähigkeit sowie einen strukturierten selbständigen und effizienten Arbeitsstil;

  • Kenntnisse der nordrhein-westfälischen Politik, der Inhalte der PIRATEN und politisches Gespür;

  • Einen kommunikativen, team- und zielorientierten Arbeitsstil;

  • Gute Umgangsformen und kommunikative Fähigkeiten;

  • Fähigkeit zum interdisziplinären Denken und Handeln – Generalist statt Fachidiot;

  • Interesse an Themen der Medienpolitik, Netzpolitik, Wirtschaft;

  • Mobilität, Flexibilität, Führerschein;

  • Stets die Nerven und die Ruhe zu behalten, Gelassenheit, Belastbarkeit, Übersicht im Chaos und turbulenten Zeiten;

  • Sicheren Umgang mit gängigen Computeranwendungen sowie Bereitschaft und Fähigkeit, sich in neue Anwendungen einzuarbeiten.

Parlamentarische Erfahrung wäre ein Plus. Arbeitsorte werden Düsseldorf und Köln sein. Zudem können Reisetätigkeiten in NRW und Deutschland anfallen. Teilzeitbeschäftigung ist möglich. Die Entlohnung erfolgt nach Vereinbarung.

Ich biete eine interessante, herausfordernde und abwechslungsreiche Tätigkeit im Zuge meines Mandats im Landtag NRW. Wir Piraten sind ein bunter Haufen verschiedenster Charaktere, die angetreten sind, vieles an der Art und Weise zu verändern, wie Politik gemacht wird.

Wenn du dir vorstellen kannst, mich mit Freude und Begeisterung bei den auf uns zukommenden Aufgaben zu unterstützen und den Anforderungen weitgehend entsprichst, sende bitte eine aussagekräftige Bewerbung samt Lebenslauf, Arbeitszeugnissen, Gehaltsvorstellung und der Angabe des frühestmöglichen Dienstbeginns an

schwerd (ät) piratenfraktion-nrw (punk) de

oder per Post an

Daniel Schwerd
Piratenfraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen
Platz des Landtags 1
40221 Düsseldorf

Ich freue mich auf Deine Bewerbung!

Towel Day im Landtag

Ab heute, dem Towel-Day, gelten wir 20 Piraten offiziell als Abgeordnete. UASY!

Ich freue mich, bin stolz und dankbar. Die Aufgabe flößt mir gehörigen Respekt ein, ich bin sehr gespannt!

All denjenigen, die bei diesem Wahlkampf mitgeholfen haben, die sich die Füße plattgelaufen und die Zunge fusselig geredet haben im Straßenwahlkampf, im Land herumgereist sind und organisiert haben, all diejenigen, die uns Kandidaten ermutigt und unterstützt haben, sowie ganz besonders diejenigen, die mir selbst den Rücken freigehalten haben, mich persönlich ermutigt haben, das Händchen hielten und mir gut zuredeten, denen möchte ich ganz herzlich danken. Ihr seid toll!