Das Internet ist kein rechtsfreier Raum

„Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein.“ Diesen Satz beten konservative Politiker ständig gebetsmühlenartig herunter, jüngst beispielsweise der Bundestagsabgeordnete Axel E. Fischer (CDU). (Sie fragen jetzt womöglich, wer Herr Fischer sei – er ist nicht weniger als der Leiter der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages.) Damit wird geschickt suggeriert, dass das Internet derzeit ein rechtsfreier Raum sei – das jedoch ist falsch.

Mit diesem Argument wird vor allen Dingen die Vorratsdatenspeicherung gefordert, denn nur mit ihr könne man das Internet in einem rechtssicheren Raum verwandeln. Mit der Vorratsdatenspeicherung wurden Verbindungsdaten aller Bürger von Telefon und Internet massenhaft, vollständig und anlasslos monatelang gespeichert.

Das Internet ist jedoch bereits jetzt kein rechtsfreier Raum. Selbstverständlich gelten alle Gesetze des nicht-virtuellen Lebens ganz genauso im Internet wie außerhalb. Beleidigung, Urheberrechtsverletzung, Betrug, Volksverhetzung, Gewalt sind im Internet genauso strafbar wie im „echten“ Leben. Und es ist nicht nur so, dass die Gesetze gelten – sie werden auch angewendet und durchgesetzt.

Im Jahre 2006 wurden in Nordrheinwestfalen laut der polizeilichen Kriminalstatistik 60.500 Straftaten mit Hilfe des Internet begangen, welches einem Anteil an der Gesamtkriminalität von 4,1% entspricht. Die Aufklärungsquote dieser Straftaten lag bei 86%. Wohlgemerkt, damals gab es noch keine Vorratsdatenspeicherung – die Aufklärungen dieser Straftaten sind ohne VDS ausgekommen, denn diese trat erst 2008 in Kraft.

Die Aufklärungsquote gemessen über alle Straftaten lag 2006 in NRW dagegen nur bei knapp 50% – lediglich 48% aller Raubüberfälle, und nur 17% aller Wohnungseinbruchdiebstähle wurden aufgeklärt. Niemand käme deswegen auf die Idee, die Straße als rechtsfreien Raum zu bezeichnen.

Im Jahre 2007 wurden in Nordrheinwestfalen laut der polizeilichen Kriminalstatistik 56.500 Straftaten mit Hilfe des Internet begangen, bei einer Aufklärungsquote von 84%. Diese Zahl von Straftaten entspricht einem Anteil von 3,8% an der Gesamtkriminalität. Die Zahl der Straftaten war also sogar rückläufig, die Aufklärungsquote erfreulich hoch, es ist kein besorgniserregender Trend erkennbar – dennoch hielt man es für erforderlich, die Vorratsdatenspeicherung (rechtswidrig, wie wir heute wissen) einzuführen.

Und 2008, 2009? Dank Vorratsdatenspeicherung müsste die Aufklärungsquote doch noch deutlich höher sein, den Argumenten der VDS-Befürwortern folgend.

Die Kriminalstatistik für 2008 weist 25.800 Straftaten mit Hilfe des Internet aus, die für 2009 noch 54.800 Straftaten. Der Ausreißer 2008 kommt, so die Statistik, durch die zeitliche Verlagerung von Masseverfahren (also Großverfahren) zustande. Und die Aufklärungsquote? Die lag in 2008 und 2009 jeweils bei 77%. Wunder über Wunder! Die Quote ist trotz VDS nicht gestiegen. Sie ist sogar gefallen. Die Aufklärungsquote lässt sich also mit der Vorratsdatenspeicherung nicht steigern.

Die Situation hat sich jüngst deutlich geändert, mit Urteil vom 2. März 2010 hat das Bundesverfassungsgericht das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung aufgehoben. Alle Daten mussten daraufhin gelöscht werden, und die Speicherung von Vorratsdaten ist derzeit nicht mehr erlaubt.

Natürlich begann unmittelbar darauf das Heulen und Zähneklappern. CDU und Polizei warnten sofort vor Sicherheitslücken. Und auch der „rechtsfreie Raum“ wurde wieder bemüht, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Peter Altmaier sagte in einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ tatsächlich: „Wir können uns einen monatelangen rechtsfreien Raum nicht leisten“ – als ob das Bundesverfassungsgericht mit der Vorratsdatenspeicherung gleich die gesamte Gesetzgebung abgeschafft hätte.

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter Klaus Jansen sah die Kriminalisten nun nicht mehr handlungsfähig – man fragt sich, wie vor 2008 die Polizei gearbeitet hatte? Ist die Polizei nur in den Jahren 2008 und 2009 tätig gewesen? Mit den Zahlen der polizeilichen Statistik deckt es sich jedenfalls nicht.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Konrad Freiberg argumentierte, dass die Telefonverbindungsdaten bei den Ermittlungen gegen die terroristische „Sauerland-Gruppe“ eine wichtige Rolle gespielt hätten. Interessant an dieser Feststellung ist, dass die Festnahme dieser Gruppe im September 2007 stattfand, mithin noch vor Inkrafttreten der VDS. Man kann sein Argument also als eines gegen die Vorratsdatenspeicherung ansehen, auch wenn dies nicht seine Intention gewesen sein dürfte.

All diese Argumente sind offenbar vorgeschoben. Die Zahlen sprechen deutlich eine andere Sprache. Die anlasslose massenhafte Speicherung von Verbindungsdaten ist weder notwendig noch effektiv gewesen, die Kriminalität mit dem „Tatmittel Internet“ aufzuklären. Ein unwirksames Mittel, welches aber gleichzeitig unsere Privatsphäre verletzt, uns überwacht und Zensur befördert, müssen wir nicht hinnehmen.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum – in ihm gilt nämlich auch das Grundgesetz. Und das schützt die Privatsphäre genauso wie es Überwachung und Zensur verbietet. Dies gilt es zu schützen, wenn die konservativen Politiker einen neuen Anlauf nehmen werden, die Vorratsdatenspeicherung wieder zu etablieren.

P.S.:
Die Quelle der Zahlen finden Sie übrigens hier:
http://www.polizei-nrw.de/lka/Zahlen_und_Fakten/Kriminalstatistik/

Strassenwahlkampf in Köln

Die letzten drei Tage war Strassenwahlkampf angesagt. Wir haben einige Stapel Piratenflyer unter die Leute gebracht, dazu einen Schwung Piratenfeuerzeuge, Piratenluftballons, Piratenkugelschreiber und Piratenanstecker.

Für mich ist das der erste Strassenwahlkampf, daher eine ganz neue Erfahrung. Dabei waren es ganz überwiegend gute Erfahrungen – viele Leute sind sehr interessiert an der Piratenpartei und unseren Themen, und auch viele, die die Piraten noch nicht kennen, fühlen sich durch unsere Themen angesprochen. Zwar hat scheinbar eine Mehrheit der Passanten nur wenig Interesse an Politik, richtig schlechte Erlebnisse habe ich aber keine gemacht.

Gerade die Parteienverdrossenen kann man dabei doch so gut ansprechen, denn wir sind eine echte Alternative, da wir uns genau die Themen vorgenommen haben, die so sehr zur Verdrossenheit geführt haben: Gegen die Intransparenz in der Politik, gegen Lobbyismus und Vorteilsnahme, für Bürgerbeteiligung, Politik zum Mitmachen, Transparenz der öffentlichen Verwaltung, sozialer und fairer Politik für alle auch ohne Scheckbuch.

Wahl-O-Mat

Möglicherweise wählen Sie “Ihre” Partei schon seit vielen Jahren. Warum eigentlich? Sind Sie sicher, dass “Ihre” Partei überhaupt Ihrer Meinung ist? Vielleicht passt ja eine andere Partei besser zu Ihren Überzeugungen und Ihren Ansichten, und sie wissen das gar nicht…

Kennen Sie den Wahl-O-Mat? Der könnte Ihnen helfen.

Zur Landtagswahl Nordrhein-Westfalen 2010 wurden allen antretenden Parteien insgesamt 38 Fragen gestellt. 25 Parteien haben geantwortet! Sie können nun diese 38 Fragen ebenfalls beantworten, und Ihre Ergebnisse mit den Antworten der konkurrierenden Parteien vergleichen lassen.

Hier finden Sie den Wahl-O-Mat: http://www.wahl-o-mat.de/

Der Wahl-O-Mat ist ein Produkt der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein Westfalen und des Landesjugendring Nordrhein-Westfalen mit Unterstützung des Instituut voor Publiek en Politiek (IPP) in Amsterdam. Beeinflussungen sollten daher ausgeschlossen sein.

Übrigens, den Test habe ich auch durchgeführt. Und auf Platz 1 für mich: die Piratenpartei.

Warum es Netzsperren gar nicht gibt

Ich bin nicht besonders glücklich über den Begriff „Netzsperren“ – denn diese sogenannten Netzsperren sind gar nichts, jedenfalls keine Sperren. Genauso falsch finde ich daher den an sich sinnvollen Slogan „Löschen statt Sperren“ – zutreffender wäre „Löschen statt Wegsehen”.

Der Begriff „Netzsperren“ suggeriert, dass mit den im sogenannten „Zensursula“-Gesetz niedergelegten Maßnahmen tatsächlich im Internet etwas gesperrt würde, also der Zugriff auf kinderpornographisches Material blockiert werden würde.

Tatsächlich ist die Sperrwirkung dieser Sperren aber nicht größer als die von rot-weiß gestreiftem Flatterband, dem sogenannten Absperrband: Aufgehalten wird dadurch nur derjenige, der sich aufhalten lassen will. Wer sich nicht aufhalten lassen möchte, auf den hat es keinen Einfluss.

Die Sperren setzen nämlich nicht am Material selbst, oder am speichernden Server an, sondern lediglich an der Namensauflösung im Internet, also dem Verzeichnis, in dem Webserver zu Internetadressen zugeordnet werden. Das Gesetz fordert von allen deutschen Zugangsprovidern, das von ihnen betreute Verzeichnis dahingehend zu ändern, dass Adressen mit kinderpornografischen Inhalten auf die bekannte Stopp-Seite umleiten.

Und da liegt der Hase im Pfeffer: Niemand zwingt den Internetnutzer dazu, die Namensauflösung seines Zugangsproviders zu nutzen – vielmehr ist es bereits durch eine simple Einstellung mit Bordmitteln bei Windows möglich, ein anderes Verzeichnis zu nutzen, etwa das eines ausländischen Dienstes. Zur Umgehung der Sperre ist also nicht einmal kriminelle Energie, oder eine Form von Expertenwissen erforderlich – mehr noch, es gibt keine Möglichkeit, das Umgehen zu verhindern. Und damit kann man also mit hundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass alle Kriminellen, die sich kinderpornografisches Material ansehen wollen, diese Änderung vornehmen werden.

Gegen wen wird also diese sogenannte Sperre wirksam? Wer wird auf diese Art gehindert, die abscheulichen Bilder und Videos zu sehen? Alleine diejenigen, die ohnehin nicht vorhatten, solches Material anzusehen. Damit sind diese Sperren und das damit verbundene Gesetz bestenfalls nutzlos.

Darüber hinaus offenbart sich darin die besondere Verlogenheit der Debatte: Das Gesetz unterstützt nämlich nur das Wegsehen. Das Gesetz schützt weder die Opfer, noch unternimmt es irgendeinen Schritt gegen die Täter. Es sorgt dafür, dass die Nicht-Kriminellen mit dem ekelhaften Material nicht belästigt werden können, und sonst gar nichts. Man könnte das ungefähr mit der Situation vergleichen, dass Polizei zum Tatort einer Vergewaltigung gerufen wird – die dann anrückt und Stellwände rund um Täter und Opfer aufstellt, auf das zufällig vorbeikommende Passanten nicht mit dem gewalttätigen Anblick belästigt werden.

Oder würden Sie eine Nachrichtensperre in Deutschland über Berichte zu Menschenrechtsverletzungen in China für eine wirksame Maßnahme halten, den dortigen Dissidenten zu helfen?

Mehr noch, meiner Meinung nach hat das Gesetz sogar eine gegenteilige Wirkung: Es nimmt nämlich den Fahndungsdruck von Tätern und Konsumenten. Wenn der Polizei eine Maßnahme in die Hand gegeben wird, Webseiten auf eine sogenannte Sperrliste zu setzen, könnten ihre Bemühungen vermindert sein, die Täter zu fassen und das Material wirklich aus dem Internet zu entfernen – denn mit dem Eintrag in die Sperrliste hat man scheinbar alles Mögliche unternommen, und dem Gesetz Genüge getan. Tatsächlich aber bleibt alles erreichbar und sichtbar wir bisher, und die Kriminellen machen – geschützt durch den Zensursula-Vorhang – fröhlich weiter mit ihrem Tun, unbeachtet von Öffentlichkeit und Medien.

Mich macht der Gedanke krank! Wie kann man nur meinen, mit einem Deckmäntelchen sei das Problem aus der Welt zu schaffen? Die Vergewaltigung von Kindern ist sicher in allen Ländern mit Internetanschluss illegal. Polizei und Justiz müssen intensiv und auf internationaler Ebene miteinander arbeiten, damit die Produzenten und Konsumenten geschnappt werden, und das ekelerregende Material von den Servern gelöscht wird – nur so werden die Kinder geschützt. Hierzu gibt es Ansatzmöglichkeiten über Provider und Registrare, die genutzt werden könnten.

Fatal finde ich, dass wir als Piratenpartei immer wieder mit Kinderschändern in einen Topf geworfen werden, obwohl Sie bei der Piratenpartei vermutlich die einzige Kompetenz finden werden, Kinderpornographie im Internet wirklich und wirksam zu bekämpfen, und offenbar auch den einzigen Willen, das wirklich zu tun.

Wenn man das alles ins Kalkül zieht, drängt sich die Frage auf, warum das Gesetz dennoch – gegen den Rat eines jeden Experten – ursprünglich beschlossen wurde, und zwar mit Zustimmung aller großen Parteien (auch wenn es jetzt keiner mehr gewesen sein will). Dazu sind folgende Gründe denkbar: Womöglich waren die Politiker zu einfältig, das Problem zu verstehen – das würde ein Schlaglicht auf die Kompetenz der dafür verantwortlichen Spitzenpolitiker werfen.

Oder sie haben es sehr wohl verstanden, das Gesetz aber dennoch beschlossen – und das finde ich die weitaus unangenehmere Variante, wenn man nach den Gründen fragt, die dann in Lobbyismus, Parteiendünkel und Zensurbestrebungen liegen müssen. Aber damit möchte ich mich in einem anderen Blogpost beschäftigen.

Piraten-Fernsehspot zur Landtagswahl

Sehr gut gelungen finde ich den aktuellen Fernsehspot der Piratenpartei zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Neben den “klassischen” Piratenthemen Bürgerrechte und Bildung werden auch Verbraucherschutz, Wirtschaft und Umwelt angesprochen – und damit verdeutlicht, dass die Piraten mehr zu sagen haben.

Für diejenigen, die genau aufpassen: Wo findet Ihr mich?

Wahlausschuss hat getagt

Der Kreiswahlausschuss der Stadt Köln hat am 26. März getagt, und über die Zulassung der Direktkandidaten der Wahlkreise in Köln entschieden.

Nun ist es offiziell, in fünf der sieben Kölner Wahlkreise treten Piraten an! Neben Köln II (Lindenthal) mit meiner Wenigkeit treten wir Piraten in Köln I mit Christian Mahlig, in Köln III mit Michael Nolte, in Köln VI mit Simon Rabente und in Köln VII mit Stefan Fricke an. In Köln IV und V hat es leider nicht gereicht.

Auch auf Landesebene ist die Piratenpartei zwischenzeitlich vom Landeswahlleiter zugelassen worden. Wir werden auf dem Wahlzettel an Position 17 stehen – leider so weit hinten, da die Parteien, die bereits bei der letzten Wahl im Jahre 2005 dabei waren, zuerst kommen (sortiert nach ihrer Stimmenzahl), und ab der 16 dann die neuen Parteien, darunter eben wir an Position 17. Dafür wird sich das bei der nächsten Wahl dann ganz dramatisch nach vorne verändern :-)

Also bitte merken: Das Kreuzchen muss an die 17 – Klarmachen zum Ändern!

Wie denkt Ihr Volksvertreter?

Wie denkt Ihr Volksvertreter? Und, noch wichtiger: Denkt er so wie Sie?

Finden Sie es heraus! Abgeordnetenwatch hat die Kandidaten der Parteien zur NRW-Wahl befragt, und die Ergebnisse veröffentlicht. Sie können nun die Fragen ebenfalls beantworten, und im Anschluss mit den Antworten der Kandidaten in Ihrem Wahlkreis vergleichen.

Hier geht es zum Kandidaten-Check:
Kandidaten-Check bei Abgeordnetenwatch.de

Geschafft!

Es ist vollbracht – heute war “Annahmeschluss” für Unterstützerunterschriften. Ich habe 121 Unterschriften zum Amt gebracht, und von den anderen Sammlern sind auch noch einige dazu gekommen, das sollte reichen. Für die anderen Wahlkreise ist es etwas knapper geworden, so sind bei zwei Wahlkreisen nicht genug Unterschriften zusammen gekommen. Damit sind wir immerhin bei fünf von sieben Kölner Wahlkreisen vertreten.

Allen Unterstützern, Freunden, Verwandten und Bekannten vielen herzlichen Dank! Vielen Dank auch an die “Jäger und Sammler” da draussen, die in den anderen Wahlkreisen so unermüdlich gekämpft haben.

Am Freitag wird das Ergebnis offiziell verkündet, dann wissen wir, in welchen Wahlkreisen wir mit Direktkandidaten antreten dürfen.

Piraterie zu harmlos?

Der Begriff “Piraterie” ist offenbar zu positiv besetzt, findet die Präsidentin der International Actors Federation Agnete Haaland. Scheinbar denken die Menschen bei Piraterie eher an Johnny Depp als an die räuberischen Piraten vor Somalia. Für das illegale Kopieren von geschützten Werken wird daher nach einem neuen, drastischerem Begriff gesucht.

Dabei sei angemerkt, dass sich die Medienindustrie diesen Begriff selbst ausgedacht hat – in den Kampagnen, Urheberrechtsverletzungen als schwere Straftat darzustellen. Dabei ist selbst der zuvor gängige Begriff “Raubkopieren” schon ein Sprachmonster – den Opfern eines Raubes, also einem mit körperlicher Gewalt verbundenen Überfall, wird durch die Gleichsetzung dieser Tat mit dem Diebstahl eines geschützten Werkes Unrecht getan. Wer in den Lauf einer Waffe geblickt hat, dürfte für diese Art der Dramatisierung wenig Verständnis haben.

Durch diese Kampagnen hat die Industrie es geschafft, dass Urheberrechtsverletzungen ähnlich schwer mit Strafe bedroht werden wie ein tatsächlicher Raub. Tatsächlich ist es aus Strafgesichtspunkten sinnvoller, die gewünschte CD im Laden zu stehlen, als sie auf illegalem Weg zu kopieren – dies verdeutlicht bereits die in diesem Punkt herrschende Hysterie.

Es steht außer Frage, dass Urheberrechtsverstöße zurecht verboten sind, und ebenso berechtigt unter Strafe stehen. Doch tatsächlich werden solche Fälle nur sehr selten strafrechtlich, sondern in aller Regel zivilrechtlich abgewickelt – also als Schadenersatzverfahren zwischen dem Rechtsverletzer und dem Rechteinhaber.

Das tatsächliche Problem für die Industrie besteht in der hohen Anzahl von Kopien durch die massenhafte Verbreitung im Internet. Jedoch reagiert sie nicht mit entsprechenden Angeboten, die es den Nutzern erlauben würde, den de-facto-Standard des Filesharings auf legale Weise auszuüben – stattdessen versucht man, durch Medienkampagnen und Abmahnwellen Abschreckung zu verbreiten.

Genauso offensiv betreibt die Medienindustrie Lobbyismus und Politikerbeeinflussung – mündend in Gesetze, die die Rechte der Nutzer immer weiter einschränken. Und wo das nicht gelingt, wird dem Nutzer die Abwesenheit seiner Rechte suggeriert. Dies übrigens so erfolgreich, dass selbst der Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) – unwidersprochen! – in einem Interview vom November 2009 behauptet, es gäbe “kein Recht auf Privatkopie”. Damit liegt er nämlich falsch – dieses Recht gibt es sehr wohl, es findet sich in § 53 des Urheberrechtsgesetzes. Wir mögen zu seinen Gunsten annehmen, dass er das Gesetz tatsächlich nicht kennt, er wäre damit nicht alleine. Oder wussten Sie, dass Sie von Ihrer eigenen CD eine Kopie an einen Freund verschenken dürfen – ganz legal?

Im Übrigen zahlt man für dieses Recht sogenannte Urheberrechtsabgaben, zum Beispiel auf CD-Rohlinge (z.B. 19,7 Cent für eine CD-R/W oder 3,47 Euro für einen Blu Ray-Rohling), aber auch auf Drucker, Scanner, Brenner und PCs. Warum es nicht gelingen soll, mit dieser Art von Abgaben Downloads und Filesharing-Angebote zu legalisieren, erschließt sich mir nicht.

Aber zurück zu Frau Haaland, und ihrer Suche nach einem bösen Wort für die Internet-Piraten. Dummerweise gibt es bereits eine Bezeichnung für die unerlaubte Vervielfältigung geschützter Werke – sie lautet “Urheberrechtsverletzung”. Aber das klingt scheinbar nicht bösartig genug.