Brandstiftung aus „Angst vor Flüchtlingen“? Neben der physischen auch noch eine geistige Brandstiftung!

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„Leicht wird ein kleines Feuer ausgetreten, das – erst geduldet – Flüsse nicht mehr löschen.“ – William Shakespeare

Polizei und Staatsanwaltschaft haben nach der Brandstiftung in einer Flüchtlingsunterkunft in Altena am 03.10.2015, bei der sieben syrische Menschen vor den Flammen fliehen mussten, zwei mutmaßliche Täter im Alter von 23 und 25 Jahren ermittelt. Nachdem die Verdachtsmomente sich verdichtet hatten, wurden die beiden Beschuldigten am 08.10.2015 vorläufig festgenommen und vernommen, sie legten ein Geständnis ab. Das Tatmotiv sei in der „Verärgerung“ über den Einzug von Flüchtlingen in das Haus in direkter Nachbarschaft zu suchen, so berichtet es die Pressemitteilung der Polizei. Da weiterführende Haftgründe nach Meinung der Behörden nicht vorlagen, wurden die jungen Männer wieder entlassen.

In einem Bericht der Westdeutsche Allgemeinen Zeitung (WAZ) heißt es: „Die jungen Männer sollen aus „Angst vor Flüchtlingen“ gehandelt haben. Sie wollten nicht, dass die sieben Syrer – darunter eine schwangere Frau – in dem Haus an der Brandstraße wohnen.“ Ein rechtsradikaler Hintergrund läge nicht vor, hätte die Polizei mitgeteilt, so stand es in dem Artikel eine Zeit lang zu lesen, dieser Satz wurde später gelöscht.

Die beiden Männer bleiben nach ihrer Vernehmung auf freiem Fuß, weil rechtlich kein Haftgrund vorläge, so berichtet es die WAZ. Nach Abschluss der Ermittlungen und Anklage der Staatsanwaltschaft müsse das Duo mit einem Gerichtsverfahren wegen vorsätzlicher Brandstiftung rechnen.

In dieser von den Behörden verwendeten Sprache kann man verharmlosende Begrifflichkeiten wahrnehmen, dessen Folgen fatal sein könnten. Es stellt sich die Frage, ob hier neben der physischen auch noch eine geistige Brandstiftung begangen wird. Ich will, dass diese Verharmlosungen in offiziellen Mitteilungen der Landesbehörden aufhören: Fremdenfeindliche Taten müssen auch entsprechend bezeichnet werden!

Ich habe daher die Landesregierung in einer kleinen Anfrage die folgenden Fragen gestellt:

  1. Hält die Landesregierung es für eine typische Reaktion auf Angst, wenn jemand daraufhin mit einem Benzinkanister in das Haus desjenigen eindringt, vor dem er „Angst hat“, um es anzuzünden?
  2. Warum verwenden die zuständigen Behörden die verharmlosende Begrifflichkeit von „Angst vor Fremden“, bzw. von „Verärgerung“ und reden nicht, wie es zutreffend wäre, von „Hass auf Fremde“?
  3. Inwieweit handelt es sich bei einer Tat aus Fremdenfeindlichkeit nicht um eine Tat mit rechtsradikalem Hintergrund? Gehen Sie darauf ein wann eine eindeutig fremdenfeindliche Tat rechtsradikal ist und wann nicht.
  4. Welches sind die Gründe, warum die zuständigen Behörden eine Mord- oder Tötungsabsicht ausschließen, und offenbar nur wegen Brandstiftung anklagen?
  5. Welchen Einfluss hat ein derartig verharmlosender Umgang und verharmlosende Sprache der Behörden des Landes NRW auf eventuelle nachahmende Täter? Gehen Sie darauf ein, inwieweit sich Täter durch solch verharmlosenden Umgang zu weiteren Taten ermutigt fühlen könnten.

Die kleine Anfrage ist mit der Drucksachennummer 16/9965 veröffentlicht worden.

73497 Leser.

18 Gedanken zu „Brandstiftung aus „Angst vor Flüchtlingen“? Neben der physischen auch noch eine geistige Brandstiftung!

  • 10. Oktober 2015 um 04:40 Uhr
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    Ich denke, 4 deiner Fragen kann man ganz offensichtlich beantworten.

    1. Die Landesregierung kann und möchte das Verhalten ihrer Bürger nicht typisieren. Für eine Einordnung der Verhaltensweisen von Menschen die Angst haben gibt es Therapeuten und Psychologen, deren Analysen ggf. vor Gericht eingefordert werden.

    2. Für das Vertrauen der Bürger in die Behörden und Polizeien ist es ganz entscheidend, dass deren Berichte auf nachweisbaren Fakten beruhen. Während die „Angst vor Flüchtlingen“ Teil des Geständnisses war, konnte im Verhör vorerst eine allgemeine, über die konkrete Situation („Flüchtlingskrise“, Eröffnung des Heims) hinausgehende Ablehnung von Ausländern nicht festgestellt werden. Wir lehnen es ab, Details dieser Art nur aus Verdacht in unsere Pressemitteilungen zu schreiben.

    3. Im Unterschied zur Fremdenfeindlichkeit gehört zum Rechtsradikalismus ein geschlossen rechtsextremes Weltbild inklusive Herrenrasse-Fantasien. Dieses ist im Einzelfall und nur aufgrund eines Verhörs schwerer nachweisbar, weil hierzu – über die konkrete Tat und die Aufklärung derselben hinaus – Informationen zum Gedankengut der Täter ermittelt werden muss. Im Hinblick auf das Recht zu Schweigen kann diese Analyse der Persönlichkeit manchmal nicht erfolgen.

    4. Gute Frage.

    5. Die Landesregierung vermutet, dass die Motivation Fremdenfeindlicher oder Rechtsradikaler, so eine Tat zu begehen, vor allem von der Art und Höhe der Strafe abhängt, sowie vom erwartbaren „Ruhm“ in der Szene, aber weniger von der Wahl bestimmter Begriffe in Pressemitteilungen.
    Für ganz entscheidend hält die Landesregierung es aber, dass das Vertrauen der Bürger in die Polizei und Behörden bestehen bleibt. Mangelndes Vertrauen in die Neutralität und Rechtmäßigkeit der Handlungen von Behörden und Polizeien fördern nachweislich die Selbstjustiz. Das Vertrauen in die Polizei darf deswegen nicht durch Pressemitteilungen zerstört werden, deren Inhalte aus unbelegten Verdachtsmomenten bestehen (und seien sie noch so typisch und wahrscheinlich).

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