Persönliche Erklärung: Antifaschistischen Widerstand leistet man auf der Straße

nazi-301527_1280

Der Landtag NRW hat die Immunität eines Kollegen aufgehoben, dem ein Verstoß im Zusammenhang mit der Blockade einer Nazi-Demonstration vorgeworfen wird. Ich bin gegen eine solche Aufhebung, und möchte mich mit meinem Kollegen solidarisch erklären. Ich habe dazu die nachfolgende Erklärung zum Abstimmverhalten abgegeben:


Daniel Schwerd: Persönliche Erklärung zum Abstimmverhalten,
Top 25 am 30. September 2015,
Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten

Sehr geehrter Herr Präsident/Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

Bei der Abstimmung zur Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten konnte ich der Abstimmempfehlung des Rechtsausschusses nicht folgen.

Wenn wir eines aus dem dunklen Kapitel der Nazi-Diktatur gelernt haben sollten, dann jenes: Es ist dringend notwendig, sich der braunen Brut frühzeitig und entschlossen entgegenzustellen! Wenn rechte Demagogen Arm in Arm mit Rechtsextremen und Rechtsterroristen kommen, muss sich jeder Demokrat ihnen entgegenstellen und sagen: Nicht in unserer Stadt! Nicht durch unsere Straße! Unsere Nachbarn bedrohst Du nicht!

Allenthalben fordert man mehr Zivilcourage – und dann schützt man braune Horden, die Hitlergrußzeigend durch unsere Straßen ziehen, während Gegendemonstranten mit Mitteln des Strafrechts verfolgt werden. Welch fatale Fehleinschätzung der Gefahren!

Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut, doch was ist mit der Meinungsfreiheit der Menschen im Land, die das Nazigift in ihrer Nachbarschaft nicht verbreitet sehen wollen? Zählt das automatisch weniger? Was ist mit der wehrhaften Demokratie, die sich den Antidemokraten in den Weg stellt, gilt das nicht mehr?

Verstehen Sie mich nicht falsch: Hier geht es nicht darum, einen Kollegen vor der Durchsetzung einer gerechten Strafe zu schützen – hier geht es darum, alle Menschen zu schützen, die sich Nazis in den Weg stellen – egal ob sie als Abgeordneter privilegiert sind oder nicht. Denn antifaschistischen Widerstand leistet man nicht mit Lichterketten oder Online-Petitionen – Widerstand leistet man aktiv auf der Straße.

Und nachher soll bitte keiner erzählen, er habe von nichts gewusst.

Danke für die Aufmerksamkeit.

Flüchtlingen in NRW ein festes Dach über den Kopf!

roof-228782_1280

„Ein Haus ist eine Arche, um der Flut zu entrinnen.“ – Katherine Mansfield

Die zahlreichen flüchtenden Menschen, die zur Zeit zu uns nach Nordrhein-Westfalen kommen, werden teils notdürftig in Turnhallen, teils in Zelten unter freiem Himmel untergebracht. Beides kann nur eine Notlösung sein, und der Winter naht. Unter den Flüchtlingen sind Kinder, Kranke und alte Leute, denen solche Provisorien nicht zugemutet werden dürfen.

Langfristig ist die dezentrale Unterbringung in Wohnungen „mitten im Leben“ die beste Lösung, damit geflohene Menschen möglichst schnell zur Ruhe finden, und sich in die Gesellschaft einfügen können. Aber auch eine kurzfristige Unterbringung muss in einer sicheren und angemessenen Wohnstätte sein.

Die Landesregierung NRW ist aufgefordert, alle eigenen Möglichkeiten zur menschenwürdigen Unterbringung auszuschöpfen. Dazu eignen sich grundsätzlich auch eigene Immobilien, sowie die des Bundes in NRW, mindestens jedenfalls, wenn sie derzeit ungenutzt sind. Dazu sind insbesondere auch leerstehende Kasernen des Bundes ins Auge zu fassen, die Baumärkten und Turnhallen sowie Zeltstädten vorzuziehen wären, zumindest soweit damit aus Kriegsgebieten geflohene Menschen nicht zusätzlich traumatisiert werden können.

Auch in Gästewohnungen des Landes, seiner Behörden und landeseigener Betriebe können Flüchtlingsfamilien wohnen. Solche Wohnungen des Bundes in NRW sind dafür ebenfalls geeignet. Die Unterbringung von Flüchtlingen hat dabei sicher Vorrang vor der von solchen Gästen, die sich auch eine Hotelunterbringung leisten könnten.

Gleichzeitig stehen in NRW zahlreiche Gewerbeimmobilien, Büroetagen und –Gebäude leer. Die Leerstände ziehen sich oft schon seit Jahren hin, und eine Unterbringung unter einem festen Dach ist allemal besser als in einem zugigen Zelt. Wasseranschlüsse und Elektrizität sind vorhanden, sanitäre Einrichtungen lassen sich schneller hinzufügen.

Ich habe drei kleine Anfragen gestellt, die das Land auffordern, die beschriebenen Formen der Unterbringung zu prüfen und stärker zu nutzen. Diese findet ihr hier:

Damit ist diese kleine Serie von Anfragen sicher nicht abgeschlossen, da gibt es gewiss noch sehr viel mehr geeignete, tolle Ideen. Gerne nehme ich weitere Anregungen entgegen.

Neuauflage der HoGeSa-Demo in Köln: Sind anschließend alle wieder überrascht?

Update 29.09.2015

Der WDR berichtet, dass die Hogesa-Demonstration polizeilich verboten worden ist. Die Gegendemonstration ist davon nicht betroffen – wir müssen dennoch Zeichen setzen.

Artikel vom 17.09.2015

granite-356369_1280

„Du bist wirklich saudumm, darum geht’s dir gut.
Hass ist deine Attitüde, ständig kocht dein Blut.
Alles muss man dir erklären, weil du wirklich gar nichts weißt.
Höchstwahrscheinlich nicht einmal, was Attitüde heißt!“
Die Ärzte: „Schrei nach Liebe“

Zum Jahrestag der gewalttätigen Demonstration mit dem Namen „Hooligans gegen Salafisten“ in Köln ist erneut eine Demonstrationsanmeldung aus dem gleichen politischen Spektrum vorgenommen worden. Für den 25.10.2015 wird mit dem Motto „Der gleiche Ort – Die gleiche Demoroute – Die gleiche Uhrzeit – Köln 2.0“ zu einem Aufmarsch aufgerufen. In Nazi- und Hooligankreisen wird eifrig für eine Wiederholung der Randale des letzten Jahres geworben.

Vergangenes Jahr waren etwa 5000 Holigans und Nazis in der Kölner Innenstadt aufmarschiert und konnten nahezu ungestört randalieren, Menschen bedrohen, Polizeifahrzeuge umwerfen, den Hitlergruß zeigen und rassistische und menschenverachtende Parolen brüllen. Diese Form von Zusammenarbeit von Hooligans und Neonazis hatte eine neue Qualität erreicht. Die Polizei war sichtlich überfordert und unterbesetzt – eine angemessene Aufarbeitung durch Polizei und Landesregierung fand bislang nicht statt.

Die HoGeSa-Demonstration war das Signal für eine bundesweite Kette von Folge-Demonstrationen, aus denen sich Pegida und andere fremdenfeindliche Bewegungen entwickelten. Angriffe auf Flüchtlingsheime wurden zu täglichen Nachrichtenbildern.

Dieses fatale Signal darf sich nicht wiederholen. Die braunen Horden dürfen nicht nahezu ungehindert in den Straßen Kölns randalieren. Die Landesregierung muss rechtzeitig einschreiten und alle angemessenen, möglichen Maßnahmen ergreifen.

Es wäre unerträglich, wenn die Landesregierung erneut von Größe und Aggressivität der Demonstration überrascht wird. Daher habe ich eine kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet, in der ich ihr folgende Fragen stelle:

  1. Auf welche Teilnehmerzahlen der neuen HoGeSa-Demonstration in Köln richtet sich die Landesregierung ein?
  2. Welche konkreten Vorbereitungen ergreift die Landesregierung? Gehen Sie darauf ein, wie Sie konkret Ausschreitungen und volksverhetzende Parolen unterbinden wollen.
  3. Welche Anzeichen sieht die Landesregierung, dass es erneut zu Gewalt kommen wird?
  4. Welche Auflagen werden für die Demonstration erteilt bzw. vorgesehen?
  5. Welche Bedingungen müssen in diesem konkreten Fall eintreten bzw. erfüllt werden, damit diese Demonstration untersagt bzw. aufgelöst werden kann? Gehen Sie darauf ein, inwieweit solche Bedingungen bereits erfüllt sind bzw. bei der Demonstration vergangenes Jahr eingetreten waren.

Hoffen wir, dass die Polizei diesmal besser vorbereitet ist, und dass die Demonstration, sobald sie aus dem Ruder läuft, unterbunden wird. Vielleicht trägt ja meine kleine Anfrage etwas dazu bei.

Selbstverständlich wird es auch wieder Gegendemonstrationen geben! Das Bündnis „Köln gegen Rechts“ mobilisiert unter dem Titel „Kein Comeback von HoGeSa“. Kommt zahlreich!

„Operation Last Chance“: Die letzten lebenden NS-Täter zur Verantwortung ziehen

Jew_Killings_in_Ivangorod_(1942)Der deutschen Ostfront im zweiten Weltkrieg folgte eine etwa 3000 Mann starke Tötungsbrigade, die sogenannten Einsatzgruppen. Sie wurden aus Polizisten, SD, Gestapo und Waffen-SS zusammengesetzt. Aufgeteilt in vier Gruppen bezeichnet mit A, B, C und D waren sie seit Juni 1941 in Osteuropa im Einsatz. Sie sollte in den eroberten Gebieten Führungspersonal, Beamte, Intellektuelle, Kranke und Behinderte, mutmaßliche Partisanen, vor allen Dingen aber: Juden töten.

Man umstellte die Opfer – Männer, Frauen und Kinder – und brachte sie außerhalb der Ortschaften. Dort wurden die Menschen erschossen und in Panzergräben, Steinbrüchen, Kiesgruben oder Schluchten verscharrt. Mindestens eine Millionen Mal legten diese Einsatzgruppen das Gewehr an und erschossen einen Menschen. Das Unterkommando 4a der Einsatzgruppe C etwa tötete allein am 29. und 30. September 1941 in Zusammenarbeit mit Wehrmacht und Polizei in Kiew 33.771 Juden und verscharrten sie in der Schlucht von Babyn Jar. Später kamen mobile Gaswagen zum Einsatz, damit die Massentötungen die Einheiten nicht zu sehr seelisch belasten. Darin wurden die Opfer mit den Motorabgasen ermordet.

In den NS-Archiven liegen insgesamt 195 sog. Ereignismeldungen vor, insgesamt mehr als 4000 Seiten Papier. In ihnen ist, mit Datum, Ort und konkreten Umständen, der Mord an mindestens 535.000 Menschen dokumentiert.

Im sogenannten Einsatzgruppenprozess 1947 und 48 sollten diese Taten verfolgt werden. Insgesamt 24 Kommandeure standen vor Gericht – weil der Gerichtssaal über 24 Sitze für Angeklagte verfügte. Die meisten anderen Mitglieder der Einsatzgruppen blieben trotz der klaren Quellenlage unbehelligt. Das gleiche gilt für zahlreiche Täter in Konzentrationslagern, die sich später auf Befehlsnotstand beriefen.

Tradition des Wegschauens

386px-Oradour-sur-Glane_F-2Leider hat unser Land eine lange Tradition, solche Täter weder gerichtlich zu belangen, noch sie dorthin auszuliefern, wo ihnen der Prozess gemacht wurde. Auch innerhalb NRWs gibt es unrühmliche Beispiele wie den SS-General Heinz Lammerding, der die 2. SS-Panzer-Division „Das Reich“ gegen Partisanen kommandierte. Er wurde wegen des Massakers von Ordadour in Frankreich zum Tode verurteilt. Unbesorgt vor einer möglichen Auslieferung oder Verurteilung im Inland war Lammerding nach dem Krieg als Bauunternehmer im Düsseldorfer Norden tätig, und genoss anschließend seinen Lebensabend am Tegernsee.

2013 startete das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Deutschland die Kampagne „Operation Last Chance“, mit deren Hilfe die letzten noch lebenden Kriegsverbrecher in Deutschland aufgespürt werden sollen. Zunächst wurden in Berlin, Hamburg und Köln insgesamt 2.000 Plakate mit dem Motto „Spät, aber nicht zu spät!“ aufgehängt. Auf den schwarz-roten Plakaten war das Tor zum KZ Auschwitz abgebildet.

Am 1. Oktober 2014 übergab das Simon-Wiesenthal-Zentrum dem Bundes­innen­ministerium eine Liste mit den Namen von achtzig möglicherweise noch lebenden Mitgliedern der Einsatzgruppen. Der Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zuroff, wies darauf hin, dass es sich bei den auf der Liste aufgeführten Personen um die jüngsten Mitglieder der mobilen Einsatzgruppen handele, die zwischen 1920 und 1924 geboren wurden. Aufgrund dessen gehe man davon aus, dass einige davon möglicherweise noch am Leben und gesund genug seien, um angeklagt zu werden.

Liste liegt dem Bundesinnenministerium vor

Die Bundesregierung hat die Liste des Simon-Wiesenthal-Zentrums der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ in Ludwigsburg übermittelt. Aufgabe der Zentralen Stelle in Ludwigsburg ist es, das gesamte erreichbare ermittlungsrelevante Material über nationalsozialistische Verbrechen weltweit zu sammeln, zu sichten und auszuwerten. Hauptziel ist es dabei, nach Ort, Zeit und Täterkreis begrenzte Tatkomplexe herauszuarbeiten, um noch lebende und verfolgbare Beschuldigte festzustellen. Ist dies so weit wie möglich gelungen, schließt die Zentrale Stelle – die keine Anklagebehörde ist – ihre Vorermittlungen ab und leitet den Vorgang der zuständigen Staatsanwaltschaft zu.

Seit 1961 ist im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung nationalsozialistischer Massenverbrechen bei der Staatsanwaltschaft Dortmund die „Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von Nationalsozialistischen Massenverbrechen“ eingerichtet worden. Falls es zu Anklagen kommen sollte, findet der Prozess vor dem örtlich zuständigen Gericht statt.

Keine Maßnahmen der Regierung NRW

Der Justizminister des Landes NRW bekräftigte zwar auf meine Kleine Anfrage 2754 mit Schreiben vom 31. Oktober 2014, dass die Verfolgung nationalsozialistischer Massenverbrechen der Landesregierung ein zentrales Anliegen sei, antwortete aber auch, dem Justizministerium des Landes sowie der „Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von Nationalsozialistischen Massenverbrechen“ läge die Liste gegenwärtig nicht vor. Aktive Maßnahmen seitens der Strafverfolgungsbehörden des Landes, diese Liste zu erlangen nannte der Minister nicht.

Das ist mir deutlich zu wenig. Ich erwarte, dass sich die Justizbehörden des Landes NRW sich mit allen dafür in Frage kommenden Stellen im In- und Ausland in Verbindung setzen, diese Liste besorgen und sie auswerten. Die Landesregierung sollte sich dafür verantwortlich fühlen, die dazu notwendigen Daten zu beschaffen und weiterzuleiten. Daher habe ich einen entsprechenden Antrag geschrieben.

Da sich dieses Thema allerdings nicht für parteipolitische Spielchen eignet, habe ich mich um einen gemeinsamen Beschlusstext aller Fraktionen bemüht. Ich freue mich, dass sich alle Fraktionen diesem Antrag anschließen konnten, und wir im Parlament damit ein gemeinsames, starkes Zeichen setzen konnten, gerade auch angesichts wiederaufflackernder antisemitischer Taten in Deutschland und Europa.

Gemeinsamen Antrag im Parlament erreicht

Die Holschuld des Justizministeriums aus meinem ursprünglichen Antrag wurde leider in der späteren Beratung zu einer Bringschuld aller anderen Stellen abgeschwächt – das finde ich sehr schade. Ich erwarte, dass das Justizministerium sich auch ohne eine expliziten Beschluss dafür verantwortlich fühlt, alle relevanten Informationen zur Verfolgung der letzten lebenden NS-Täter aktiv beim Bundesinnenministerium, bei den Bundesjustizbehörden und beim Simon-Wiesenthal-Center abzuholen. Der vereinbarten Berichterstattung durch die Landesregierung bis zum Ende des Jahres sehen wir gespannt entgegen.

antifapiratenIn einer aktuellen Umfrage der Bertelsmann-Stiftung sagen 81 Prozent der Deutschen, dass sie die Geschichte der Judenverfolgung gerne „hinter sich lassen“ würden. Und 58 Prozent der Befragten wollen einen regelrechten Schlussstrich unter dieses Kapitel der deutschen Geschichte ziehen.

Doch einen Schlussstrich unter diese Verbrechen darf es niemals geben! Die Mahnung an diese Verbrechen ist wichtig und muss weitergelten! Wer Geschichte vergisst, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen!


Dieser Artikel erschien zunächst bei den Ruhrbaronen und bei HaGalil.

Flüchtlinge willkommen? Ja, aber nicht vor meiner Haustür!

Bei Youtube hat Bjoern Tielebein einen Beitrag der Berliner Abendschau vom 28. September 1989 hochgeladen, der angesichts der Pegida-Proteste aktueller kaum sein könnte. Auch damals beschwerten sich Anwohner über den Bau eines Flüchtlingsheimes, welches den Ausblick aus ihren Fenstern störe. Auch damals beteuerte man, nichts gegen Flüchtlinge zu haben. Nur halt nicht gerade da.

Der einzige Unterschied: Damals waren es Flüchtlinge aus dem anderen Teil Deutschlands. Ich bin ganz froh, dass man „die Sorgen der Bevölkerung“ damals wohl nicht so „ernst genommen“ hat. Sonst gäbe es vielleicht gar keine Wiedervereinigung.

Würden sich die Pegida-Demonstranten in Dresden doch ebenfalls an die Zeit erinnern, wo Deutsche, auch aus ihrer Stadt, als Flüchtlinge Schutz und Hilfe gesucht haben:

Dankeschön, Bjoern Tielebein, für dieses Kleinod!

Stellungnahme zu antisemitischen Vorfällen im Zuge von „Antikriegsdemos“ in NRW

memorial-255507_640Im Zuge sogenannter „Anti-Kriegs-Demos“ ist es in unserem Land zu Hassausbrüchen und Todesdrohungen gegen Juden und Israel gekommen. In Essen ist gestern eine Demonstration gegen die „Bombardierung von Gaza“ derart aus dem Ruder gelaufen, dass Schutzmaßnahmen für die Synagoge der Stadt getroffen werden mussten, und eine zeitgleich stattfindende Pro-Israel-Demo Ziel eines wütenden Mobs war.

Im Zuge der Demonstration wurden antisemitische und Holocaust-leugnende Plakate gezeigt.

Auch in anderen Städten des Landes ist es zu solchen Hassausbrüchen gekommen. Juden in Düsseldorf erhielten Postkarten mit Drohungen und Beleidigungen.

Es ist entsetzlich, dass im Jahre 2014 wieder antisemitische Parolen in den Strassen Nordrhein-Westfalens gerufen werden können, dass Menschen jüdischem Glaubens verfolgt und bedroht werden, dass es Schutzmaßnahmen für jüdische Einrichtungen und Synagogen bedarf.

Es ist beschämend, dass diese Hassausbrüche ungehindert unter den Augen der Polizei stattfinden können, und dass die Polizei eine gleichzeitig stattfindende Pro-Israel-Demo nicht so schützen kann, dass diese friedlich zuende geführt werden kann.

Die aktuelle Auseinandersetzung im Nahen Osten darf nicht den Vorwand liefern, dass Antisemitismus in unserem Lande wieder salonfähig wird, und ungeahndet in unserem Land verbreitet werden darf. Es ist möglich, legitime Kritik am Krieg und an Israel zu äußern, ohne sich dabei rassistischer Formen zu bedienen, und ohne die Millionen Opfer der Shoa zu verhöhnen.

Wir haben eine besondere Verantwortung aus unserer Geschichte geerbt. Antisemitismus und Rassismus darf in unserem Land nie wieder eine Betätigungsform finden. Die Polizei muss in diesen Fällen umgehend eingreifen, und allen Formen von Hass- und Gewaltaufrufen gegen Juden entschieden entgegentreten.

Daniel Schwerd

Kleine Anfragen zu Spionagetechnologie auf Dächern und Stolpersteinen

mobile-95259_640Heute habe ich zwei kleine Anfragen eingereicht, auf deren Beantwortung ich sehr gespannt bin.

Spionageantennen

Ich möchte wissen, ob Konsulate und diplomatische Vertretungen in NRW seitens Behörden des Landes NRW auf Abhör- und Spionagetechnologie untersucht wurden. Gemeinsam mit Lukas Lamla habe ich eine kleine Anfrage formuliert, die das herausfinden soll.

Wir sind sehr gespannt auf die Antworten der Landesregierung. Es ist traurig, dass Staaten einander bespitzeln, die sich gegenseitig als befreundet betrachten. Die westlichen Demokratien haben die Kontrolle über ihre Geheimdienste offenbar längst verloren. Diese dringen in die intimsten Lebensbereiche der Menschen ein und befördern eine Weltsicht, die Angst und Misstrauen in den Mittelpunkt der Politik stellt. Wenn wir zumindest in unserem Bundesland damit beginnen können, die absurden Tätigkeiten der Geheimapparate zu stoppen, dann sollten wir das tun. Wir fordern die Landesregierung auf, mit Blick auf die Dringlichkeit die kleine Anfrage umgehend zu beantworten und bereits jetzt entsprechende Konsequenzen vorzubereiten.

Stolpersteine

Die zweite kleine Anfrage beschäftigt sich mit den „Stolpersteinen“. Ihr wisst es vermutlich, dabei handelt es sich um das Kunstprojekt, welches an das Schicksal der Menschen erinnern soll, die in den Zeiten des Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Dabei handelt es sich um Betonsteine im Format eines Pflastersteins, auf deren Oberseite sich eine individuell beschriftete Messingplatte befindet. Das Projekt wurde vom Künstler Gunter Demnig in Köln gestartet, mittlerweile finden sich über 40.000 Steine in ganz Deutschland und Europa.

Es kommt immer wieder zu Beschädigungen oder Diebstählen dieser Steine. Ich möchte wissen, wieviele solcher Beschädigungen es in den letzten Jahren in NRW gab, und was die Landesregierung zur Sicherung der Steine tun will.

Zur Beantwortung dieser kleinen Anfragen hat die Landesregierung vier Wochen Zeit. Die Antworten werde ich natürlich auch wieder veröffentlichen.

Beide kleinen Anfragen findet ihr in meinem Kleine-Anfragen-Archiv, in dem alle Anfragen und die dazu eingegangenen Antworten verlinkt sind:
http://www.daniel-schwerd.de/glaeserner-mdl/kleine-anfragen/

Da kann man leider nichts machen – oder doch? @netnrd telefoniert mit der Landesregierung.

phone-14131_640Am letzten Plenar-Donnerstag, dem 26. September 2013, protestierte der Frauenverband Courage e. V. vor dem Landtag in Düsseldorf. Rund 30 Frauen und Männer waren zum Landtag gezogen, um gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Verbands zu demonstrieren. Zu diesem Zweck wollten die Vertreterinnen des Verbands unserer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eine Liste mit Unterschriften gegen die Aberkennung sowie einige Dutzend Protesterklärungen übergeben.

Den Termin hatten die Damen der Landesregierung schon länger angekündigt; nur reagiert hatte bisher offenbar niemand. Jedenfalls erschien niemand, ganz besonders nicht Frau Kraft, um die Unterschriftensammlung entgegenzunehmen oder auch nur dem Anliegen des Vereins zu lauschen.

Der Hintergrund

Dem Frauenverband Courage e. V. wurde Ende 2012 vom Finanzamt Wuppertal mitgeteilt, dass ihm die Gemeinnützigkeit ab 2010 aberkannt werde, weil der Verein seit 2010 im NRW-Verfassungsschutzbericht erwähnt wird. Der Verdacht, der im Verfassungsschutzbericht geäußert wird, lautet: Der Verband sei eine Vorfeldorganisation der MLPD. Die Courage-Frauen selber betonen jedoch ihre politische Unabhängigkeit. Eine solche Aberkennung der Gemeinnützigkeit führt jedenfalls zu großen steuerlichen Nachteilen – der Verein wäre durch eine Aberkennung in seiner Existenz bedroht. Vor allem aber: Die beiläufige Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht ist aus juristischer Sicht keine ausreichende Grundlage zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Dies hat die Bundesregierung bereits mehrfach bestätigt. Die Landesregierung von NRW teilt diese Auffassung, wie eine Kleine Anfrage von Birgit Rydlewski und mir im Februar 2013 ergeben hat. Damit dem Verein die Gemeinnützigkeit aberkannt werden könnte, müsste der Verein in einem Verfassungsbericht schon eindeutig als extremistische Organisation eingestuft werden. Das wird er nicht – aus gutem Grund. Dennoch hat das Finanzamt Wuppertal darauf basierend Fakten geschaffen, und dagegen wehrt sich der Verband m.M.n. zurecht.

Zwei Vertreterinnen des Courage e. V. entschieden daraufhin, sich direkt im Landtag umzuschauen, Frau Ministerpräsidentin Kraft, oder alternativ unsere Emanzipations-Ministerin Steffens abzufangen und ihnen die Unterschriften quasi im Handstreich zu überreichen. Die Polizei am Eingang hatte allerdings etwas dagegen – wo kämen wir da hin, wenn der Souverän so mir nichts dir nichts sein Haus betreten könnte? Ich lud die beiden Damen spontan als meine Gäste in den Landtag ein, sehr zum Missfallen der beteiligten Polizei. Dabei wollten die beiden Frauen wirklich nur eines tun: Ihren berechtigten Protest über eine (meiner Meinung nach) rechtswidrige behördliche Maßnahme zum Ausdruck bringen und Protestunterschriften überreichen. Das wollte ich gerne unterstützen.

Da ich freilich nicht der richtige Empfänger für die Unterschriften war, fassten wir den Plan, einfach mal in der Staatskanzlei anzurufen und zu fragen, ob Frau Kraft nicht Zeit habe, die Unterschriften entgegenzunehmen. Immerhin war Plenartag – an solchen sind die Damen und Herren Minister (und -präsidentinnen) normalerweise im Haus.

Runde 1

Erster Anruf in der Telefonzentrale der Staatskanzlei: Ob man mich bitte mit dem Büro der Ministerpräsidentin verbinden könne? *Kurze Wartemelodie.* Und tatsächlich – das Vorzimmer von Frau Kraft ist am Apparat. (Das ging wirklich einfach – ich vermute mal stark, dass das damit zusammenhing, dass ich vom Landtag aus anrief.) Habe kurz unser Anliegen geschildert, am anderen Ende herrscht jedoch Ratlosigkeit: Man könne zu dem Fall nicht sagen, auch nichts zu den Unterschriften und überhaupt wäre es derzeit schwierig, mit Frau Kraft einen Termin zu machen. Aber Moment, man könne mich mit der persönlichen Referentin von Frau Kraft verbinden. *Diesmal längere Wartemelodie.* Dann die Referentin am Telefon: Ein wichtiges Thema! Man wisse nur, leider, gar nichts von einem geplanten Termin und zudem sei die Staatskanzlei auch nicht zuständig. Frau Kraft sei zudem gar nicht im Lande und ohnehin sei es mit Terminen in der Nach-Wahlkampfzeit sehr schwierig, das verstehe man doch sicherlich? In der Sache könne man im Moment gar keinen Termin machen. Ah, na dann, vielen Dank!

Runde 2

So leicht geben wir natürlich nicht auf. Also ein zweiter Anruf, diesmal beim Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen. Frau Ministerin Steffens war als Ersatzempfängerin der Unterschriften vorgesehen, und als Ministerin für Gleichstellung irgendwie auch zuständig. Schönen guten Tag sage ich, man wolle Frau Steffens einige Unterschriften überreichen und daher mit dem Büro der Ministerin verbunden werden, ob das wohl möglich sei? *Wartemelodie.* Dann aus dem Vorzimmer der Ministerin: Man habe von dem Fall gehört. Worum es denn genau gehe? Unterschriften? Oh je, das sehe schlecht aus. Vielleicht könne die persönliche Referentin helfen. *Lange Wartemelodie.* Persönliche Referentin: Oh, der Frauenverband Courage, man nehme das Thema sehr ernst! Frau Steffens sei jedoch, leider, nicht im Land und könne also keine Unterschriften entgegen nehmen. Vor allem sei das Familienministerium gar nicht zuständig! … Moment, man wolle kurz schauen, wo der Vorgang zur Zeit liege. … Ah ja, beim Finanzministerium! Man könne sogar einen Ansprechpartner nennen, der den Fall dort bearbeitet. Dort könnten wir es mal versuchen. Vielen Dank!

Runde 3

Immerhin: Wir haben einen Ansprechpartner Finanzministerium. Ich rufe dort an: Schönen guten Tag, Schwerd hier, ob wohl der Herr Soundso zu sprechen sei? Achso, er ist leider heute nicht da, gerade heute hat er Urlaub. Ob jemand anders helfen könne? Nein, der Herr soundso sei leider der einzige, der mit dem Fall befasst sei, man bedauere außerordentlich.

Runde 3.5

Wenn einem die Sachbearbeiter nicht weiterhelfen können, dann aber vielleicht der Herr Minister Walter-Borjans. Sein Ressort ist offenbar zuständig, also wäre er der richtige Ansprechpartner. Zudem habe ich ihn heute im Plenum gesehen, er ist also da. Also tätige ich einen weiterer Anruf, jetzt in der Telefonzentrale des Finanzministeriums. Das Ministerbüro bitte! *Wartemelodie.* Man wolle fragen ob der Minister Zeit habe, Unterschriften des Frauenverbands Courage entgegenzunehmen? … Schwierig? Ob man gar nichts machen könne? … Die Damen stünden hier im Büro, es wäre wirklich schade, wenn man sie einfach so wieder wegschicken müsste. … Und der persönliche Referent? Meldet sich gleich? Ja, vielen Dank.

Nun gut, da standen wir also im Büro, nach einigen mehr oder weniger ergebnislosen Telefonaten. Immerhin, wir konnten unser Anliegen bis in die Ministerbüros tragen. Aber die Unterschriften waren wir immer noch nicht los. Was sollten wir also machen? Wir warteten noch einige Minuten, ob der persönliche Referent des Finanzministers vielleicht tatsächlich zurückrufen würde. Nach 15 Minuten entschieden wir uns dann aber, unverrichteter Dinge abzuziehen. Ich musste schließlich auch wieder in den Plenarsaal. Auf dem Weg nach unten klingelt dann mein Handy. Diesmal ist _mein_ persönlicher Mitarbeiter am Telefon:

Runde 4

Große Freude: Der persönliche Referent des Finanzministers hat gerade angerufen! Der Minister sei zwar leider nicht mehr im Haus und habe auch keine Zeit, um die Unterschriften entgegenzunehmen, ihm sei das Thema aber sehr wichtig. Darum würden der Minister anbieten wollen, dass sein persönlicher Referent die Unterschriften in seinem Namen entgegennimmt. Wir vereinbaren, uns direkt vor dem Landtag zu treffen.

Wow, zu dem Zeitpunkt hatte ich schon nicht mehr dran geglaubt. Aber tatsächlich taucht der Referent nach wenigen Minuten auf, ist sehr freundlich, nimmt sich einige Minuten Zeit für die Vertreterinnen des Frauenverbandes Courage und bekommt die Unterschriften übergeben. Man wirbt gegenseitig um Verständnis, und alle zufrieden. Die ganze Aktion ist in weniger als 5 Minuten vorbei.

Warum nicht gleich so?